Die WKO-Wahlen haben begonnen. Von 23. bis 26. Februar können Unternehmer wieder ihre Vertretung in der Wirtschaftskammer wählen. Das Ergebnis ist relativ vorhersehbar - anders als bei anderen Wahlen in Österreich wirkt ein Umsturz relativ unmöglich. Bei den letzten Wahlen 2010 erhielt der ÖVP-Wirtschaftsbund fast 71 % - vor Platz 2, dem sozialdemokratischen Wirtschaftsverband, mit 11,5 %. Fünf Jahre also quasi Alleinherrschaft der schwarzen Wirtschafter - und dieser Tage bemängelt deren Chef Christoph Leitl einen "Reformstau".

Verantwortlich dafür ist er aber eher selbst. Das kritisiert auch Volker Plass, Sprecher der Grünen Wirtschaft. Seit nunmehr 28 Jahren kommt der Wirtschaftsminister Österreichs aus dem ÖVP-Wirtschaftsbund. Und auch das Finanzministerium ist seit Längerem in schwarzer Hand - mal mehr, mal weniger qualifiziert. Zudem haben die ÖVP-Abgeordneten im Nationalrat schon lange eine Sperrminorität. Plass schließt: "Das bedeutet: Für alle schlechten Gesetze, für alle hohen Steuern, Abgaben und Milliarden-Schulden sowie für alle bürokratischen Schikanen trägt der ÖVP-Wirtschaftsbund die unmittelbare Verantwortung oder war zumindest indirekt mitbeteiligt."

Außerdem ist ein bürokratisches Monster wie die Wirtschaftskammer schwer zu reformieren. So gibt es zehn einzelne Kammern - eine pro Bundesland und eine bundesweite. Diese sind jeweils (!) in sieben Sparten unterteilt - Banken, Gewerbe, Handel, Industrie, Information, Tourismus und Verkehr. Unternehmen dürfen je nachdem, in wie vielen Sparten oder Standorten sie vertreten sind, mehr Geld für die Wirtschaftskammer zahlen. Dafür werden sie belohnt mit Regulierungen, die teils sehr wenig Sinn ergeben - das klassische Beispiel ist die Nägeldesignerin, die Fingernägel lackieren darf, aber keine Fußnägel. Zudem stellt die Wirtschaftskammer in manchen Branchen Konkurrenz dar für die, die sie eigentlich unterstützen soll - beispielsweise bei Coachings.

Das alles schreit nach Reformen und Deregulierung. Aber wir sind in Österreich - wir wissen es besser. Darum wird auch kein großer Reformpathos bei den WKO-Wahlen versprüht - lediglich Kritik an Einzelthemen innerhalb eines aufgeblähten Apparats. Die Neos wollen bis 2019 das System der Zwangsmitgliedschaft und Beiträge abschaffen und zu "freiwilligen Beiträgen" umfunktionieren - das wäre insofern sinnvoll, als die WKO dann wirklich unterstützen müsste, um Geld zu bekommen. Das fordern die Neos übrigens auch an der ÖH - aber das Thema kommt noch. Die "Grüne Wirtschaft" fordert eine Entrümpelung der Gewerbeordnung. Und der ÖVP-Wirtschaftsbund? Der fordert Reformen. Obwohl er quasi das System definiert, verwaltet und nahezu bewusst dafür sorgt, dass alles so bleibt, wie es ist.

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Herbert Erregger

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Bernhard Juranek

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