Ein Rückblick im Gedenken an die Zwillinge

14 Jahre sind vergangen, seit New York unerwartet und überraschend in Ausnahmezustand geriet. Rund 3000 Menschen starben, als sie wie jeden anderen Dienstagmorgen zur Arbeit gingen oder sich in ein Flugzeug setzten und die Welt wurde live Augenzeuge davon.

Die USA waren im Mark erschüttert, man erinnere sich an die Bilder George W. Bushs, der gerade in einer Grundschule mit Kindern ein Buch las und zunächst einmal nicht wusste, was zu tun sei. Die Situation war einfach zu absurd und unglaubwürdig. Amerika würde angegriffen? Von wem? Seit dem Ende des Kalten Krieges rund zehn Jahre davor gab es keinen ernstzunehmenden Gegner mehr auf der Landkarte und doch passierte es. Die al-Qaida war bis zu diesem Zeitpunkt nur eine Randnotiz in der Welt und in den Augen der amerikanischen Führung gewesen. Einige kleinere Anschläge, nichts, was wahrlich erschütternd wäre und Vergeltungsschläge durch Bill Clinton. Business as usual. Und dann kam der 11. September 2001.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, auch ich habe live mitangesehen wie das zweite Flugzeug in den Südturm flog. Der Moment, in dem allen klar wurde, der erste Crash war kein unglücklicher Zufall, sondern Absicht und wer weiß, was noch kommen würde. Später am Tag kamen dann auch die - im Vergleich harmlos ablaufende - Abstürze auf das Pentagon und in einer Wiese in Pennsylvania. Die USA reagierten wie Wildes Fleisch, militärische Rundumschläge auf alles potenziell Gefährliche und wurden übervorsichtig und paranoid. Der USA PATRIOT Act wurde verabschiedet, womit man sich in den USA auch weitreichend von Bürgerrechten verabschiedete. Freiheit im Namen der Sicherheit zu opfern, ist derzeit auch in Europa ein brandaktuelles Thema und man kann dafür auch diesen Tag als Grund anführen.

Die NATO rief das erste Mal in ihrer Existenz den Bündnisfall aus und der Krieg gegen den Terror begann. Die folgenden überbordenen Vergeltungskriege gegen Afghanistan und den Irak, haben dem Ansehen der USA und vor allem George Bushs im Endeffekt mehr geschadet, als der 11. September an Mitgefühl für das Land entstehen ließ. Die Gegner, die gefangen genommen wurden, landeten im eigens dafür geschaffenen Internierungslager in Guantanamo oder im Irak in Abu Ghraib, was der amerikanischen Führung nun sämtliche Restsympathien entzog. Der Flächenbrand, der durch die Interventionen im Nahen und Mittleren Osten begann, war ein fruchtbarer Nährboden für die kleinen zersplitterten islamistischen Gruppierungen, die durch das Wegfallen von etablierten Staatsgefügen wuchsen und gediehen – und somit erst Abominationen wie den IS möglich machten. Auch der Arabische Frühling wird in Kontext gesetzt mit dem Sturz Saddam Husseins und der Ankündigung Bushs die Demokratisierung in der Region zu unterstützen. Es ist natürlich nur eine hypothetische Frage, aber ob Ägypten, Tunesien, Libyen ihre Diktatoren losgeworden wären, wäre der Irak noch stabil unter seinem Diktator gewesen, ist fraglich. So wie es nun passierte, pflanzten sich Flächenbrand und Nährboden nach Nordafrika fort. Irgendwann wurde auch Syrien davon erfasst, doch der dortige Staatschef ließ sich nicht so leicht seines Amtes entheben wie seine Kollegen. Daraus wurde der Bürgerkrieg, dem Europa heute einen großen Teil seiner Flüchtlinge verdankt. Es sei natürlich auch gesagt, dass es Europa heute womöglich leichter hätte, wenn es nicht die Jahre über mehr oder weniger Däumchen drehend mit „Schauma mal“-Einstellung dagesessen wäre, aber das gehört zu anderen Themen.

Es ist unter Historikern umstritten, inwiefern die Angriffe auf New York eine geschichtliche Zäsur darstellen. Der Krieg gegen den Terror ist weder gewonnen, noch ansatzweise vorbei. Obama schlägt sich mit den von Bush angeleierten Kriegen herum, zog sich zurück so gut es ging, musste dann aber doch wieder in die Krisengebiete zurückkehren und wird die Probleme im Jänner 2017 an seinen Nachfolger weiterreichen. Die arabischen Staaten, jetzt zwar demokratisiert, stehen schlechter da als zu Zeiten unter den jeweiligen Diktatoren und wurden de facto aufgeteilt unter diverse Rebellenkräfte und islamistische Organisationen. Dennoch kann man nicht sagen, der 11. September war der alleinige Auslöser und vorher war alles Wonne und Waschtrog. Es war wohl mehr der Tropfen, der das Fass endgültig zum Überlaufen brachte im ewigen Hin und Her der Aktionen und Reaktionen. Außerdem ist mit 14 Jahren vermutlich auch bisher wohl zu wenig Zeit verstrichen, um die bleibenden Auswirkungen in historischen Kontext zu stellen. In der Folgezeit entstanden jedenfalls genug wilde Verschwörungstheorien, Spiel- wie Dokumentationsfilme, Bücher, Berichte und dieser Tag, seine Opfer und seine gesellschaftlichen und politischen Folgen haben sich in „9/11“ akkumuliert und sind ins kollektive Bewusstsein eingegangen.

Remember the 11th of September

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:13

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