Die Leiden des jungen Fräuleins/ 7

(wirklich nerviger) Momentkiller

Es waren nun zwei Wochen vergangen, seitdem Eduardo und ich kein Paar mehr waren. Obwohl eigentlich ich diejenige war die Schluss gemacht hatte, ging mir das Ganze trotzdem sehr nahe. Es ist immer schwer eine Beziehung (egal welcher Art) mit einem Menschen zu beenden. Entweder man sagt zu wenig oder (wie in meinem speziellen Fall) zu viel und dann ist die Person auf einmal weg. Für immer. Nachdem ich eine Woche nur über ihn und unsere Geschichte geredet hatte und mir meine traurige "Break-up-Playlist" (welche fast nur aus französischen Herzschmerz Lieder besteht da die Franzosen ja wirklich was davon verstehen) auf und ab gehört hatte, entschied ich mich nach vorne zu schauen. Die Welt dreht sich doch schließlich weiter. Ich ließ mich also an einem Abend von meinen besten Freunden ausführen, (während sie mir motivierend einreden mussten, dass ich keine Lachnummer bin und meine Beziehung mit Eduardo einer von vielen merkwürdigen Fällen sei welche jeden Tag irgendwo auf unserem Planeten vorkommen) fing einfach an meine Sorgen mit Humor zu nehmen und sie in Weißwein zu ertränken. Ich genoss die abwechslungsreiche Gesellschaft und konnte seit einiger Zeit wieder durchatmen. Natürlich hielt dieser Zustand nicht lange an (sonst wäre es ja nicht MEIN Leben.) Somit wurde diese Entspannungsphase ruckartig durch meinen (wirklich nervigen) Spezialklingelton unterbrochen. Diesen Spezialklingelton habe ich logischerweise für (wirklich nervige) Personen eingestellt, die außerdem auch noch die Gabe besitzen immer in den falschen Momenten anzurufen. Zu diesen (wirklich nervigen) Individuen zählen u.a.:

Erstens: Meine Oma. Ohne gemein zu wirken, ich liebe meine Oma über alles aber die Frau hat weder Zeitgefühl noch Feingefühl. Da kann man ihr auch noch so oft den Stundenplan aufsagen, aufschreiben, ausdrucken, an die Küchenwand kleben und trotzdem ruft sie genau nicht in der Pause an. ''Was machst du denn Liebes? Wann kommst du mich besuchen? Du hast bestimmt Hunger! Komm doch am besten gleich vorbei!" Standardsätze in ihrem Wortschatz. "Oma ich bin auf der FH, kann jetzt nicht! Ich komm dich schon wieder besuchen. Nein, ich hab keinen Hunger (und ich sterbe auch nicht daran). Ich war doch erst gestern bei dir, hab heute was vor. Hab dich lieb." Naja, und so geht das dann fast jeden Tag. Ich bringe es nicht übers Herz ihr so oft abzusagen, deswegen versuche ich eine passende Mitte zwischen Nicht Abheben und Absagen zu finden damit es dann in einem für mich normalen Bereich bleibt wenn ich sie dann wirklich besuche. Natürlich muss ich immer beachten, dass wenn sie mehr als zweimal anruft und ich nicht abhebe sie höchst wahrscheinlich einen Suchtrupp startet und ich dann am Abend in den Nachrichten lande.

Zweitens: Mein Chef. Mein Chef ist an sich ein wirklich lieber Mensch, jedoch hat er es nicht so mit der Koordination von Terminen oder mit dem Unterscheiden von Wochentagen. Dazu muss ich erklären, dass ich in einem Restaurant als Schankmädchen (dies ist ein offizieller Begriff und eine seriöse Anstellung) jobbe. Es passiert daher leider immer wieder, dass er mich mitten am Tag/Abend/Nacht (und in seltenen aber doch vorkommenden Fällen auch früh am Morgen) anruft und mich anfleht einzuspringen (als eines von nur drei professionellen Schankmädchen bin ich nämlich ein unersetzbares Glied der Servicebesetzung des Restaurants). "Hallo? Louisa? Louisa kannst du heute einspringen? Die... die....dieses andere Fräulein ist krank und....bitte....BITTE!"  Unser Problem ist also (neben der Kommunikation) auch, dass er sich meinen Namen nicht merken kann. (bei drei Schankmädchen, den ganzen Kellnern, Lehrlingen, Köchen und unserer Tellerwäscherin Louisa kann das ja wirklich verwirrend sein). Deswegen versuche ich (ausgenommen natürlich es ist wirklich ein offizieller Arbeitstag von mir) seinen Anrufen auszuweichen oder ich rede mich auf mein Studium aus (da ich jetzt schon übermäßig viele Überstunden habe).

Drittens: Meine einst gute Freundin Anastasia. Wir waren früher ziemlich eng befreunden, doch (wie das Leben halt so spielt) haben wir uns auseinander gelebt und es blieben nur (mehr oder weniger) regelmäßige Anrufe. Der hauptsächliche Auslöser war wohl, dass ich einmal mit ihr nachts in der Stadt unterwegs war und ich mich an fast nichts mehr erinnern kann. Der Abend ist regelrecht verschwommen. Die Nacht war lang und ich weiß nicht einmal mehr wie ich damals nach Hause gekommen bin.  Dadurch vermeide ich es bei ihr unüberlegt abzuheben oder sie anzurufen. Fast alle  Anrufe gehen zumal von ihr aus da sie seitdem sie ihr Studium abgebrochen hatte und nur teilzeit arbeitet (nebenbei sich noch bei ihren mehr als reichen Eltern durch schnorrt) seeeehr viel Freizeit hat und diese auch nutzen möchte. Somit führe ich des Öfteren panisch aufgeregte Telefongespräche mit ihr. "Oh mein Gottttttttttttt, heute steigt ne Party von diesem sexy Veranstalter und dieser DJ wird dort sein. Weißt eh der mit den breiten Schultern und dem Engelsgesicht. DA MÜSSEN WIR HIN AHHHHH!", (fast alle Gespräche mit ihr beinhalten mit einem "AHHHH";). "Anastasia ich kann heute nicht. Hab morgen eine wichtige Prüfung.", sie ruft wirklich meistens vor diversen Klausuren an, als hätte sie einen inneren Wecker. "Ist doch egal! Wer braucht ne Ausbildung?! Du heiratest einfach diesen Veranstalter und dann musst du nie arbeiten. Der hat fix ur viel Kohle. Ich schnapp mir aber den DJ, der gehört mir!", ihre faszinierenden Pläne für die Zukunft machen mich manchmal echt fast sprachlos. "Na, ich glaube ich bleibe zuhause. Ist mir zu riskant...ha ha dir aber wünsche dir trotzdem viel Spaß! Will dann alle Details hören!" Um Himmels Willen keine Details! "Okay, du weißt nicht was du verpasst! Ich melde mich wieder!" Ganz bestimmt tut sie das.

An diesem Abend war es mein Chef. Meine Freunde betrachteten gemeinsam mit mir mein Handy. "Hebst du ab?", wurde ich gefragt. "Ich weiß nicht. Er will bestimmt, dass ich für jemanden einspringe und es ist schon fast halb 9." (in einem Restaurant existiert keine Zeit. Sie ist einfach nicht präsent. Es gibt nur "vor und nach der Mittagspause";), ich überlegte. Das Klingeln hörte auf. Es vergingen ein paar Augenblicke. "Anscheinend braucht er dich doch nicht so dringend", meine Freunde lächelten mich an. Plötzlich, wieder dieser Klingelton. "Okay, er ruft mich wirklich selten zweimal an, ich geh mal ran." sagte ich und drückte auf den grünen Button. "HALLO?!", seine Stimme klang fordernd und schon war der Stress wieder da. "Hallo? Ja ich bins, wie kann ich helfen?", ich atmete tief ein. "Oh, Hallo Rosie. Es ist gerade eine Gruppe Koreaner ins Restaurant gekommen. Mit einer Gruppe meine ich eine Scharr. Sie fotografieren die Speisen von den Gästen. BITTE ICH BRAUCHE DICH!!!!", oh nein (Rosie war eines der anderen Schankmädchen aber zumindest war er diesmal auf dem richtigen Weg). "Ja ich verstehe, aber ist die Schank den nicht besetzt heute?", währenddessen winkte ich unseren Kellner her. "Ach so, ja ja sie war besetzt aber die Bernadette musste wegen einem familiären Notfall nach Hause. BITTE!", wer bitte ist Bernadette?! "Ja okay, bin schon am Weg.", ich legte auf.  "Sorry Leute ich muss aushelfen. Danke für den Abend, auch wenn er kurz gehalten war.", ich verabschiedete sich von meinen enttäuschten Freunden und eilte los. Zum Glück erwischte ich noch rechtzeitig die U-Bahn und schon stellte ich mich auf einen Bereich meines Lebens ein, welchen ich sonst immer auszublenden versuche.......

........Fortsetzung folgt.

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