Der Ursprung jeder Ideologie ist Ahnungslosigkeit

Ideologie ist die Lehre einer Idee aber warum brauchen wir sie und wo kommt sie her?

Professor M. Oakeshott theoretisierte, dass Ideologien dann entstehen, wenn recht kluge, rationale Menschen einen zwischenmenschlichen Zusammenhang nicht verstehen, vorwiegend weil sie keine persönlichen Erfahrung in dem Feld haben, aber diese Sache verstehen wollen.

Was kluge, rationale Menschen dann tun, ist eine Theorie zu entwerfen und wenn sie eine haben diese versuchen zu lösen um ein ideales Resultat herauskommt.

Ein bewusst vereinfachtes Beispiel kann so aussehe: „keiner mag Krieg, aber es gibt Krieg“ daraus folgt, dass „Jemand Krieg will“ und die Lösung ist „Diese Leute alle umzubringen“ was dann „alle Kriege verhindert“

Das Beispiel hat offensichtliche Schwächen, echte Ideologie ist deutlich belastbarer, hat aber immer das gleiche Problem: die Grundannahmen sind fast immer falsch.

Um Dinge zu verstehen kann man grundsätzlich zwei Wege gehen: man abstrahiert sie oder man tut das Ding. Verständnis, das aus dem Tun entsteht, ist fast immer solider aber extrem schwer zu vermitteln.

Fragt man einen Tischler in welchem Winkel er welches Messer, aus welchem Metall mit welcher Schubgeschwindigkeit und Andruckkraft über das Holz führt wird man wenige Zahlen als Antwort erhalten.

Der Tischlermeister wird stattdessen vorschlagen es zu probieren und er würde die Handlungen so lange korrigieren bis man „es richtig macht“. Er weiß, intellektuell betrachtet, nicht wirklich rational was er tut, aber die Resultate sprechen halt doch für sich.

Der Intellektuelle will aber nicht in die Lehre gehen. Er will es in Zahlen und Theoremen haben, weil das die Art ist, wie er die Welt versteht und nimmt daher die Sache selbst in die Hand und formuliert es als Theorie, testet, verfeinert und wenn das Ding halbwegs belastbar aussieht, formuliert er eine Doktrin die dann an andere Menschen, die ebenso einen intellektuellen Ansatz verfolgen, vermittelbar ist.

Das ist dann die Geburtsstunde der Ideologie, also einem Weg, den man zu befolgen hat, wenn man ein spezifisches Problem zu einer spezifischen Lösung bringen möchte. Das jedenfalls verspricht der kluge, rationale Intellektuelle.

Kaum eine Ideologie schafft es aber ihr Ziel zu erreichen und der Grund dafür ist, folgt man der oakeshottschen Logik, ist geradezu peinlich offensichtlich: die Architekten der Ideologie sind immer Menschen, die sich dadurch auszeichnen, dass sie das Kernproblem ihrer eigenen Ideologie nie so wirklich verstanden haben.

Das Axiom „keiner mag Krieg, aber es gibt Krieg“ etwa klingt plausibel ist aber, wenn man über die Natur des Krieges nachdenkt, nicht korrekt, weil es nicht darum geht, ob wir Konflikte mögen, sondern wann Menschen bereit sind für etwas zu sterben und zu töten.

Wenn aber die Grundannahme falsch ist, dann ist notwendigerweise alles das auf diesem Fundament gebaut ist auch falsch. „Die Kriegstreibern ausrotten“ funktioniert nicht, weil praktisch jeder von uns so weit gebracht werden kann für etwas zu sterben oder zu töten.

Und das ist das Problem praktisch aller Ideologien: oftmals sind die identifizierten Probleme einfach nur Konsequenzen der Natur des Menschen oder des Zusammenlebens ebendieser.

Ideologie wir daher immer Intellektuelle anziehen, welche die gelernten Meister mit großen Worte einschüchtern. Tatsächlich sind es aber die Meister, die die Dinge vielleicht nicht intellektuell verstehen, sondern „halt machen“ oftmals die besseren Lehrmeister.

Was uns zur Frage führt ob die Welt nicht besser wäre, wenn wir im Kleinen das Richtige tun, anstatt die große Ideologie zu suchen die die großen Probleme löst.

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Miki

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Claudia56

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