Österreich hat es wieder in die Schlagzeilen der US-Medien geschafft. Nachdem die New York Times über die jüngste Walfahrt der FPÖ-Spitze nach Moskau berichtet hat, titelt das Online-Magazin „Salon“ nun: „Ja, es gibt eine weltweite faschistische Bewegung. Trump und Putin spielen dabei in Österreich eine Rolle.“

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Autor Matthew Rozsa schreibt: „Die Haltung der Freiheitlichen zu Russland verdient besondere Beachtung, nicht nur was sie für die Zukunft Russlands und Österreichs allein bedeutet, sondern wegen der Zukunft aller liberalen demokratischen Nationen.“ Vielleicht zu viel der Ehre? Dabei bezieht sich Rozsa auf die Doktrin des russischen faschistischen Intellektuellen Alexander Dugin. Dieser ist offenbar ein besonderer Freund der FPÖ, von ihr mehrfach nach Österreich eingeladen. Dessen ungeachtet propagierte er 2015 in einem Interview die Auflösung Österreichs, Ungarns, Rumäniens, Serbiens und der Slowakei in einem von Russland dominierten Bund. In seinen Büchern vertritt Dugin die Ansicht, dass Russland von Liberalismus, von Demokratie und Pluralismus gesäubert werden und als einzige Supermacht die alte Sowjetunion wieder errichtet werden müsse; andere Nationen sollen indirekt mittels sympathisierender extrem rechter Politiker kontrolliert werden.

Diese Vorstellungen eines Möchtegern-Rasputins, dem großer Einfluss auf Russlands Präsidenten Wladimir Putin nachgesagt wird, sind eine Sache, würde sich nicht in letzter Zeit immer stärker das Muster einer wohlüberlegten Strategie zeigen, die auf die Destabilisierung der USA und der EU hinauslauft. In diesem Muster spielt auch die blaue Truppe im Selfie-Wahn am Roten Platz die Rolle der nützlichen Idioten. Es war auffallend, wie oft Heinz Christian Strache in der ZIB 2 am Montag den Moskau-Besuch mit dem Begriff „geopolitisch“ zu verteidigen versuchte. Eines von Dugins Büchern trägt den Titel „Foundation of Geopolitics“. Es war aber auch auffallend ärgerlich, wie Strache den Vertrag seiner FPÖ mit der Partei Putins gleichzusetzen versuchte mit den offiziellen Kontakten auf Regierungsebene im Kreml. Für wie dumm hält er seine Fans eigentlich? Das war ein bewusster Versuch, die Österreicher hinters Licht zu führen. Es ist doch anzunehmen, dass Strache den Unterschied zwischen einem offiziellen Kontakt auf Regierungsebene, einem Handelsvertrag und einem Pakt zwischen zwei politischen Parteien kennt. Zu welchem Zweck will die FPÖ mit Putins „Einiges Russland“ kooperieren?

Laut Dugin muss Russland „strategische Allianzen zum Sturz der momentanen Ordnung“ eingehen. Und hier taucht das oben erwähnte Muster auf: Der kommende US-Präsident Donald Trump wählt einen ausgewiesenen Putin-Verehrer, Michael Flynn, zum obersten Sicherheitsberater; einen Putin-Freund, Rex Tillerson, zum US-Außenminister, während alle Geheimdienste der USA von der Einmischung Russlands in die letzte Präsidentenwahl ausgehen. Eine Erkenntnis, die noch vor Jahren in den USA für Ermittlungen wegen Hochverrats genügt hätte. Inzwischen geben sich 37 Prozent der rechten Republikaner als Putin-Bewunderer aus.

Was geht hier vor sich? Viktor Orban hat Ungarn schon vor einiger Zeit auf einen Pro-Russland-Kurs gebracht, Bulgarien im November mit Rumen Radew einen russlandfreundlichen Präsidenten gewählt (Mitgliedstaaten der EU beide, wohlgemerkt); Serbien erhofft sich ebenfalls mehr von Russland als von der EU; und eben hat Russland mit einer neuen Initiative für Syrien zusammen mit der Türkei und dem Iran den USA endgültig das Verhandlungsheft aus der Hand geschlagen. Amerika spielt ebenso wenig eine Rolle wie die EU.

Moskau kann ab sofort auf eine Heerschar nützlicher Idioten setzen. Dort spielen die FPÖ und Heinz Christian Strache eine eher putzige Statistenrolle. Wirklich wichtig werden sie nicht sein, in Kooperation mit Frankreichs Marie Le Pen und anderen europäischen radikal rechten Gruppen können aber auch sie Gewicht erlangen. Die Finanzierung der Front National mit russischem Kreditgeld wird nicht einmal bestritten. Auch nicht von Strache.

Vor rund einem Jahr soll sich ein Vertreter der FPÖ bei dem Mitglied einer anderen Oppositionspartei ziemlich offen erkundigt haben, wie viele Informationen man dort denn über die Verbindungen der FPÖ mit Russland habe? Eher besorgt, wie dieser Oppositionsmann erzählte.

Eine Sache ist, dass Russland unter den neuen „geopolitischen“ Bedingungen seinen Einfluss ausdehnen will; eine andere, dass sich im Westen so viele Erfüllungsgehilfen tummeln. Das heißt, nicht Putin ist der Feind, sondern wir sind unsere ärgsten Feinde – so rasch bereit, die demokratischen Grundwerte für autoritäre Veränderungen aufzugeben. Wer werden niemanden anderen verantwortlich machen können als uns selbst.

Bis dahin können wir uns aber über die blauen Möchte-Gern-Geopolitiker am Roten Platz amüsieren. Wie man sich im Kreml über die innere Erosion des Westen amüsieren kann.

Frohe Weihnachten!

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