Hofers Erzählungen II: Der Anfechtungs-Schmäh.

„Alles andere wäre unverantwortlich“. Das erklärte Norbert Hofer im „Kurier“ vom 3.Juli auf die Frage, ob er die Stichwahl angefochten hätte, auch wenn er „vorne gelegen wäre“ Das glaubt ihm zwar niemand, aber er sagt immerhin mehr als FPÖ-Chef Heinz Christian Strache. Dieser ließ bis zur Stunde eine vor Tagen schriftlich eingereichte Frage „Hätte die FPÖ die Stichwahl auch angefochten, wenn Hofer gesiegt hätte“ unbeantwortet.

Eigenartig! Die FPÖ hätte die Wahl auch bei einem Hofer-Sieg anfechten müssen, denn die Regelverstöße, die jetzt zur Aufhebung geführt haben, hat es ja unbestritten gegeben und die vorzeitige Bekanntgabe von Teilergebnissen war ja allgemein bekannt. Es ging der FPÖ laut Strache nur um Demokratie und Rechtsstaat – da hätte es doch keine Rolle gespielt, wer gesiegt hat. Bei einem Hofer-Sieg wäre es aber mit der Liebe zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sicher nicht so weit her gewesen. Das mit einem ehrlichen „Nein“ einzugestehen, hätte die FPÖ (so wie jede andere politische Partei) wohl überfordert.

Theoretisch aber, so meinen Experten, ist es möglich, dass der Sieger einer Wahl diese vor dem Höchstgericht anficht. Das sei denkbar, aber eben noch nie der Fall gewesen. Jetzt aber zu behaupten, man hätte auch einen Hofer-Sieg überprüfen lassen, sei „etwas kühn“. Ein vornehmer Ausdruck für scheinheilig oder verlogen wahrscheinlich.

So wie die Sachlage nach der Aufhebung und Anordnung einer Wiederwahl nun einmal ist, lässt sich aber eine nunmehr gängige Verschwörungstheorie nicht so leicht aus der Welt schaffen. Sie wurde erst am Montag in der ZIB 1 durch eine Aussage des Verfassungsrechtlers Theo Öhlinger beflügelt: Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Rekrutierung von Wahlbeisitzern meinte er: Das würde Wahlanfechtungen geradezu „stimulieren“. „Es könnte dann Personen geben, die das (Regelverstösse, Anm.) ganz bewusst machen, um eine Wahlanfechtung zu erreichen.“ Es würde nämlich genügen, einfach zu behaupten, es seien Formfehler gemacht worden.

Die Verschwörungstheorie, die jetzt im Umlauf ist, zielt genau darauf ab, nachdem an den Formfehlern ja eine erstaunliche Anzahl von FPÖ-Wahlbeisitzern beteiligt waren und offenbar die meisten und schwersten Fehler in Kärnten (65 % haben Hofer gewählt), der Steiermark und Tirol passiert sind – sicher keine Gegenden links der Mitte, um das so zu formulieren. Und als Draufgabe: Hofer wusste schon am Abend des 22. Mai, dass bei den Wahlkarten immer eigenartig ausgezählt werde.

Also geht die Theorie so: Jene FPÖ-Beisitzer, die nicht zu Sitzungen erschienen sind, aber Protokolle unterschrieben haben, die sie dann eidesstattlich für nichtig erklärt haben, oder die regelwidrige Auszählungs- und „Schlitz“-Vorgänge nicht sofort gemeldet haben, hätten dies bewusst gemacht – oder wären von der Bundespartei auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht worden. Letzteres allerdings wäre eine parteiinterne Perfedie der Sonderklasse, weil es nun zu strafrechtlichen Erhebungen wegen Amtsmissbrauchs gegen diese Personen kommen kann. Ob es wird, ist noch nicht geklärt. Das hieße, die FPÖ liefere ihre eigenen Leute ans Messer. Nach Schätzungen von – mit der Wahlanfechtung befassten – Experten dürfte ein Drittel der involvierten Wahlhelfer freiheitlich sein.

Die Namen der Wahlleiter in den 14 vom Höchstgericht beanstandeten Bezirken sind bekannt. Einer ist mit Parteizugehörigkeit ausgewiesen. Eine Rundfrage bei den restlichen 13 sollte diese klären: Fünf haben geantwortet und eine Mitgliedschaft oder Nähe zur FPÖ verneint. Für die vier Tiroler Wahlleiter hat die Öffentlichkeitsabteilung der Landesregierung „in Summe“ geantwortet und die Auskunft verweigert.

Allein, dass diese Theorie von den absichtlichen Regelverstößen nicht umgehend als absurd verworfen wird, ist bezeichnend. Jene, die sie glauben, haben wohl Hofers „Sie werden sich noch wundern, was alles möglich ist“ im Ohr.

Ergänzung: Ein Gespräch mit Heinz Christian Strache im Parlament am Rande der Verabschiedung Heinz Fischers. Frage: "Hätte die FPÖ die Wahl auch angefochten wenn Hofer gewonnen hätte".

Straches Antwort: "Das wäre dann Sache der Grünen gewesen..."

Frage: "Aber wenn es der FPÖ nur um Demokratie und Rechtsstaat und nicht um Hofer gegangen ist, dann hätte man doch auf alle Fälle ..."

Langes hin und her.

Frage: "Es ist doch ganz einfach. Ja oder Nein. Hätte man bei Hofer-Sieg angefochten oder nicht."

Strache: "Ja"

Frage: "Das glauben Sie doch selbst nicht, oder?"

Weiteres Hin und Her.

Frage: "Wird die FPÖ Wahlhelfern Rechtsbeistand leisten, sollte es zu strafrechtlichen Erhebungen kommen?"

Strache: "Wird es nicht"

Frage: "Wird sie oder nicht?"

Strache: "Ja"

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