Die Geschichte Israels, geschrieben von einem nicht-revisionistischen Zionisten

Es ist beinahe unmöglich, die Geschichte Israels vollständig auf 144 Seiten unterzubringen. Noam Zadoff gelingt dies. Als nicht-revisionistischer Zionist sollte er im deutschen Sprachraum Europas ausreichend Anhänger und Leser finden. Der Autor verrät sich, wenn er Tel Aviv als Hautstadt Israels bezeichnet (S. 79). Trotzdem empfehle ich auch glühenden Zionisten, dieses Büchlein zu studieren: Es finden sich ausreichend Stellen, die bisher unbekannt/ wenig bekannt geblieben sind. Zudem hat der Autor eine angenehm flotte Schreibweise.

Geschichte Israels: Von der Staatsgründung bis zur Gegenwart

von Noam Zadoff

C.H.Beck September 2020

ISBN-13 : 978-3406757556

144 Seiten 10€

Schon zu Anfang des Buches erkennt der Leser, dass Zadoff den US-Präsidenten Trump nicht mag. Der Grund: Er verlegt die US-Botschaft von Tel Aviv in die israelische Hauptstadt Jerusalem! Diese wichtige Feststellung zu Anfang des Buches ordnet den Autor als Nicht-Revisionisten ein, die in Israel unter „Linken“ laufen, was jedoch nichts mit dem sozialistischen EU-Ideal zu tun hat. Revisionisten gehören in Israel dem gehobenen Mittelstand an, was in der EU wohl kaum (ebenfalls?) zutrifft. Interessant ist es zudem, dass der Autor den Umstand, dass es in der Judäischen Wüste des öfteren stark regnet und somit seit Menschengedenken Ertrinken häufiger als Verdursten ist, dem Klimawandel zuschiebt.

Auf Grund von Pogromen 1881/1882 verlassen 2,5 Millionen Juden ihre russische Heimat – nur 1% wandert in das damalige türkische Palästina ein. Der Zionismus – die Einwanderung der Juden nach Palästina/Israel – ist eine Erfindung der Judenhasser. Ohne den europäischen Antisemitismus hätte es den Zionismus niemals gegeben. Somit ist es nur gerecht, wenn von Juden vertriebene (fliehende) arabische Palästinenser und weitere Araber in Deutschland willkommen geheißen werden. Denn wenn ein Mann (Jude) aus einem brennenden Haus springt und dabei einen Passanten (Araber) verletzt oder gar tötet, wer ist dann am Schicksal des toten Arabers schuld? Die richtige Antwort lautet: derjenige, der das Haus des Juden angezündet an, folglich Deutschland.

Der Unabhängigkeitskrieg von 1948 ist für Juden eine Befreiung, für die unorganisierten Araber bis heute eine Katastrophe. Die Zahl der Toten dieses Krieges unterliegen einigen Narrativen. Nach dem Angriff auf das arabische Dorf Deir Jassin, fliehen viele Araber Richtung Westbank. Israel benutzt dieses Narrativ, damit noch mehr Araber fliehen. Über die Zahl der Toten in Deir Jassin gibt es bis heute keine gesicherten Erkenntnisse.

Wer in Israel Geborene ist, heißt „Sabra“. Sabra ist eine Kaktusfeige, die in Israel häufig vorkommt: außen stachlig und innen süß! Damit hebt sich der Sabra vom Exiljuden ab.

Viele irakische und weitere arabische Juden, die nach und wegen dem für Israel siegreichen Unabhängigkeitskrieg in ihrer Heimat verfolgt werden, fliehen nach Israel. Man kann daher auf beiden Seiten statt von Vertreibung, von einem ungeregelten Bevölkerungsaustausch sprechen. Afro-Israelis aus Äthiopien fühlen sich benachteiligt.

Israel verfügt bis heute über keine Verfassung, jedoch über 12 Grundgesetze. Schuld daran sind die widersprüchlichen Vorstellungen der Bewohner Israels. Das „Rückkehrgesetz“, das Recht für Juden in Israel die Staatsbürgerschaft zu bekommen, erhalten auch deren Nachkommen, selbst wenn sie selber keine Juden sind. Hier übernimmt Israel EU-Gepflogenheiten.

Die Rolle der KZ-Überlebenden wird erst spät festgelegt. 2012 wird die erste Miss Holocaust Surviver gekürt. Erst langsam setzt sich in Israel die Bezeichnung der Grenzen vor dem siegreichen 6-Tage-Krieg 1967 als „Auschwitz-Grenze“ durch, welche noch heute die Wunschgrenze der EU und Deutschlands ist.

Sadat ist der erste arabische Staatschef, der mit Israel einen gut haltenden Frieden schließt. Der Autor bezeichnet Sadats Mörder als „Aktivisten“. Das soll die Freude am Lesen nicht eintrüben.

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Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 02.11.2020 08:01:57

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