Groß war die Euphorie, als vor ca 2 Jahren die ersten Crowdfunding-Plattformen im österreichischen Markt ihre Tätigkeit aufnahmen. Gute unternehmerische Ideen sollten leichter zu Kapital kommen können -  losgelöst von der Allmacht des Risikomanagers der Hausbank sollte die "Crowd" über die Marktfähigkeit der präsentierten Ideen ihr Urteil fällen, und danach erfolgsversprechenden Ideen das notwendige Kapital zur Verfügung stellen.

2015 sieht die Realität im österreichischen Kontext dann jetzt doch ein wenig anders aus:

Auf fünf Crowdfunding-Plattformen die schon länger am Markt präsent sind, hat man als potentieller Investor aktuell gerade mal die Auswahl zwischen 20 verschiedenen Projekten in verschiedensten Regionen und Industrien, mit doch zum Teil beträchtlich unterschiedlichen Risikoprofilen.

Das Investitionsvolumen auf den österreichischen Crowdfunding-Plattforrmen lag laut einer Studie von Ernst & Young und der Universität Cambridge 2014 bei gerade mal € 3,6 Mio - damit lag Österreich im Europa-Vergleich auf einem der letzten Plätze

Seit den initialen Freudenstürmen hat sich aber auch hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen für alternative Finanzierungsformen keine Veränderungen zum Positiven gegeben. Nach wie vor gibt es keine auf die Bedürfnisse der Startup-Unternehmen im Innovationsbereich zugeschnittenen Finanzierungsformen, welche die Aufnahme von alternativen Finanzierungen erleichtern würde. Im Gegenteil: In bestimmten Fällen mussten Alt-Investoren sogar auf Druck der Regulationsbehörden in für Sie nachteiligere Rechtskonstrukte wechseln.

Hat man in den letzten Monaten an Informationsveranstaltungen von Crowdfunding-Plattformen teilgenommen, so wurden doch zum Teil auch befremdlich anmutende Projekte angeboten:

Beteiligungen an Hotel/Apartmenthaus-Errichtungsprojekten wurden da als "fast so sicher wie Immobilienerwerb" beworben - Formulierungen die auf Grund der fehlenden grundbücherlichen Sicherstellungen den potentiellen Investoren einfach falsche Realitäten suggerieren.

Für den Interessenten ergab sich aus den Ausführungen der Plattform-Manager zum Teil der Eindruck, das diese die zur Finanzierung eingereichten Projekte  aufbereiten und rechtlich, bzw. betriebswirtschaftlich prüfen. Ob ihre Rolle lediglich die eines Intermediärs ist, oder ob es doch im Hintergrund auch zu Eigeninvestments der Plattformbetreiber an ihren Kunden kommt, wurde nicht offengelegt - dies wäre aber für die "Crowd" doch sehr interessant zu wissen.

Für die im österreichischen Markt tätigen Startup-Unternehmen wird die weitere Entwicklung der Crowdfunding-Plattformen in Österreich eine prioritäre Frage ihres unternehmerischen Überlebens sein.

Ist es nicht möglich, den Anteil der alternativen Finanzierungen an innovativen Unternehmensprojekten in Österreich zu erhöhen, so wird mittel- bis langfristig jeder smarte Unternehmer sich die Frage stellen müssen, ob ein Unternehmensstandort in London, Berlin oder im Silicon Valley nicht vielleicht doch von Anfang an die bessere Wahl wäre.

Ein wesentlicher Knackpunkt in der Entwicklung wird hier auch die Performance der bereits finanzierten Projekte sein. Sowohl für die Unternehmen, als auch ihre Investoren wird es absolut relevant sein, wie die tatsächliche Performance dieser Projekte am Markt sein wird. Wie gut waren die durch die Plattformbetreiber durchgeführten Vorabprüfungen der Geschäftsideen wirklich? Werden gemachte Versprechungen eingehalten? Was passiert in Fällen, in denen Investments underperformen? Wie gehen die Plattformen und ihre "Crowd" aber auch mit dem Bedarf an Nach- bzw. Folgefinanzierungen um, welcher sich für Startup-Unternehmen realistischerweise ergeben kann? Vor dem Hintergrund eines im österreichen Markt doch gänzlichen fehlenden Instruments einer Börse für Kleinunternehmen, stellt sich aber auch die Frage des "Exits" für alle Investoren: Wie realistisch ist für ein Kleinunternehmen die Rückzahlung der aufgenommenen "Crowdfundings"?

Vor dem Ausblick eines europaweiten Anstiegs der alternativen Finanzierungen auf ein Volumen von über € 7 Milliarden für 2015, kann die Finanzierungsform "Crowdfunding" für innovative Startup-Unternehmen sicher noch immer als Hoffnungsträger gesehen werden Allerdings, zeigt sich in den Entwicklungszahlen der letzten Jahren und auch der Zukunftsprognosen, dass es eben speziell auch in Europa regional sehr stark schwankende Volumina und Chancen gibt.

Als Resultat wird daher eine höhere Mobilität für Gründer hinsichtlich ihres Unterrnehmensstandortes eine wohl kaum zu negierende Größenordnung werden. Denn nur in Märkten, in denen neben der initialen Crowdfunding-Möglichkeit auch Chancen zu alternativen Erweiterungsfinanzierungen gegeben sind, werden Unternehmen realisitisch betrachtet wachsen können.

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