1984 als Blaupause – Die Regierung und die Gedankenverbrecher

Wenn der Ochse in den Palast geht, wird nicht der Ochse zum König, sondern der Palast zum Stall.

Diese Weisheit wird gerade beispielhaft von der derzeitigen Regierung personifiziert.

Sie hat offensichtlich den dystopischen Klassiker „1984“ von George Orwell als Utopie verstanden: Unter Beteiligung studierter Juristen soll ein Gesetz erarbeitet werden, das Gedankenverbrechen unter Strafe stellt.

Im Roman ist jeder Gedanke verboten, der nicht dem vom Regime aufgezwungenen Narrativ entspricht, derartige Handlungen sowieso. Wer dies doch tut und dabei erwischt wird, macht sich des Gedankenverbrechens schuldig und wird entweder gehirngewaschen oder (falls Gehirnwäsche nicht funktioniert) vaporisiert (also ermordet) und aus allen irgendwie verfügbaren Unterlagen eliminiert – er hat quasi nie existiert. Auch nur der geringste Verdacht auf einen anderen Gedanken reicht hierbei aus.

Wie im Roman soll es bald auch in Deutschland unter Strafe stehen, bestimmte Dinge auch nur zu denken. Natürlich geht es dabei nur um „rechtes“ Gedankengut. „Rechts“ ist eben schlecht und „links“ ist gut. Positiv kann hervorgehoben werden, dass vom Vaporisieren zunächst abgesehen wird, aber man weiß ja nie, was im „Kampf gegen Rechts“ noch so alles nötig ist.

Die derzeitigen Pläne der Regierung zeigen exemplarisch den Mangel an Demokratieverständnis, der offenbar einer ganzen Politiker-Generation innewohnt. Sie ignorieren schlicht die Grundsätze des freiheitlich-demokratischen und liberalen Rechtsstaates. Machtkritik ist ein wesentlicher Pfeiler aufgeklärter Demokratien, doch im „Kampf gegen Rechts“ fallen unsere Volksvertreter in den Absolutismus vergangener Jahrhunderte.

Immer auffälliger lässt sich der Anspruch beobachten, die Kritik der Bürger müsste angemessen sein; Sarkasmus, Polemik oder gar Hohn und Spott wären ein Ausdruck des Mangels an Respekt gegenüber den gewählten Abgeordneten und den von ihnen besetzten Institutionen. Die zur Repräsentanz Gewählten wollen sich gegenüber dem Souverän (anderes Wort für Volk) nicht erklären, der Bürger soll lieber abnicken (anderes Wort für hinnehmen) - denn die Gewählten wissen ja, was sie tun.

Diese Haltung ist von einem hohen Maß an Arroganz geprägt, ist der gemeine Abgeordnete doch Empfänger von etwas mehr als 10 000 € pro Monat, die er vom Bürger dafür erhält, dass er für diesen weitreichende Entscheidungen trifft bis hinein in den eigenen Lebensbereich.

Volksvertreter als gewählte Repräsentanten in einer Demokratie sind vom Volk legitimiert, dieses zu vertreten. Dabei mit Kritik, Häme und Spott überzogen zu werden, gehört zum Berufsrisiko – so wie sich ein Koch gelegentlich die Finger verbrennt. Und genau diese Machtkritik ist wesentlicher Bestandteil der im Grundgesetz verankerten Meinungsfreiheit: keine Macht ohne Machtkritik! Dies gilt nicht nur für Personen, es gilt ebenso für die Ämter und Institutionen, die sie bekleiden und repräsentieren.

Die Art der Meinungsäußerung ist dabei genauso wenig von Belang wie der Inhalt der geäußerten Meinung. Meinungsfreiheit unterscheidet nicht, ob eine Meinung gut ist oder schlecht, richtig oder falsch, angemessen oder unangemessen, legitim oder illegitim; und auch nicht, ob Ironie, Polemik, Satire, Sarkasmus oder gar Zynismus überzogen sind oder nicht – das alles liegt alleine im Auge des Betrachters! Also reine Geschmackssache, und darüber macht Streit keinen Sinn.

Diese Meinungsfreiheit ist weit gefasst, aber nicht unendlich: sie findet ihre Schranken in den allgemeinen Gesetzen (das definiert Artikel 5 Satz (2) GG): Beleidigung, Verleumdung, üble Nachrede etc. sind keine Meinungen, sondern Straftaten. Dies legt allerdings weder der Betroffene selbst fest noch eine wie auch immer definierte Gruppe, die Gefühle oder Empfindungen schützen will; dies legt die im Rechtsstaat zuständige Institution auf Basis von Recht und Gesetz fest, also ein Gericht, und sonst niemand.

Jemand sollte den Mitgliedern von Regierung und Parlament das erklären und sie erinnern, was das Wort Volksvertreter eigentlich bedeutet und welche Verpflichtungen sie wem gegenüber haben.

Volksvertreter, die Respekt vom Volk verlangen, dies sogar per Gesetz erzwingen, vertreten nicht das Volk – sie vertreten sich am Volk.

11
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

Angus

Angus bewertete diesen Eintrag 21.02.2024 14:34:09

Zaungast_01

Zaungast_01 bewertete diesen Eintrag 21.02.2024 04:26:42

Tourix

Tourix bewertete diesen Eintrag 20.02.2024 12:18:10

DeepThought

DeepThought bewertete diesen Eintrag 20.02.2024 11:57:23

SusiK

SusiK bewertete diesen Eintrag 20.02.2024 07:17:03

Hochwald

Hochwald bewertete diesen Eintrag 19.02.2024 22:53:43

Sepp Adam

Sepp Adam bewertete diesen Eintrag 19.02.2024 13:32:08

Petra vom Frankenwald

Petra vom Frankenwald bewertete diesen Eintrag 18.02.2024 20:27:24

Nonplusultra

Nonplusultra bewertete diesen Eintrag 18.02.2024 19:44:45

Aron Sperber

Aron Sperber bewertete diesen Eintrag 18.02.2024 16:29:45

Jeff

Jeff bewertete diesen Eintrag 18.02.2024 16:15:01

11 Kommentare

Mehr von Deldenker