Ja, der Iran ist problematisch in vielerlei Hinsicht. Tendenzen mit antisemitischen Tönen, Terrorunterstützung. Konfliktpartei im sunnitisch-schiitischen Konflikt.

Dennoch gibt es auch positive Aspekte am Iran: der Iran ist ein Land mit einer für ein islamisches Land erstaunlich niedrigen Geburtenrate, erstaunlich niedrigen Bevölkerungswachstumrate, und daher ein Land, das keine Flüchtlingswellen aus dem Kernland erzeugt.

So gesehen ist aus malthusianischer Sicht der Iran trotz allen Fehlern ein Vorbild und könnte sogar ein Role Model für die islamische Welt werden.

Und noch mehr: der Iran könnte malthusianische Militärinterventionen des Nordens, z.B. in Afrika unterstützen, oder zumindest nicht verurteilen und nicht bekämpfen.

Castlereagh und Talleyrand, die beiden intellektuellen Aussenpolitik-Schwergewichte der autoritären Regime ihrer Zeit, nämlich 1815, der Zeit des Wiener Kongresses, sagten damals: "Es gibt keine permanenten Feinde und keine permanenten Freunde, es gibt nur permanente Interessen."

Und, wie mehr oder weniger antisemitisch der Iran auch sein mag, die EU und der Iran haben gemeinsame Interessen: die EU will nicht mit sunnitischen Flüchtlingswellen, die aus der sunnitischen Bevölkerungsexplosion resultieren, überschwemmt werden; und der Iran will nicht, als isolierter schiitischer Staat, von den bevölkerungsexplosiven sunnitischen Nachbarn in einen bevölkerungspolitischen Untergang geburtendschihadiert werden.

Daher bin ich in gewisser Weise optimistisch: zumindest ein Stillhalteabkommen mit dem Iran in Malthus-Interventionssachen erscheint bzgl. vieler Staaten verhandelbar.

Ich als SS-Enkel und Opfer des sunnitischen Dschihad hätte so gesehen nur geringe Probleme, mit Vertretern eines schiitischen Regimes, das rhetorisch - wenn man den Übersetzungen glauben kann - in die Nähe von Israel-Vernichtung kommt, zu verhandeln, in Fragen Stillhalten bei Malthus-Interventionen.

Laut Berichten soll der iranische Ajatollah Rafsandjani gesagt haben: "Die Zerstörung Israels ist eine theoretische Möglichkeit, über die man kontemplieren kann".

Diese Aussage ist bei weitem nicht eindeutig genug, um den Iran zu verurteilen. Sie hat eher eine gewisse herunterspielen wollende und deeskalierende mutmaßliche Absicht.

Nun kann man sagen: in einer normalen Demokratie hätte Rafsandjani wohl gesagt: "Dieses Zerstörung-Israel-Zeug bringt überhaupt nichts und zerstört nur die Beziehung zum Ausland. Wir sind völlig isoliert und können wirklich nicht mehr Feinde gebrauchen."

Aber der Iran ist nun einmal so, wie er ist. Jeder, der Nazi-Vorfahren oder nazi-nahe Vorfahren hat, weiß, dass indirekte und verdeckte Kommunikation in solchen Regimen sehr häufig ist, und dass man unterscheiden muß zwischen phänotypischem, aber nicht genotypischen Antisemitismus und wirklichem genotypischen Antisemitismus.

Mit anderen Worten: wo der Antisemitismus hegemonial / herrschend ist (und im Iran ist er das durch die Gründerfigur Khomeini), sind auch Nicht-Antisemiten gezwungen, sich geringfügig anti-semitisch oder in Antisemitismusnähe auszudrücken.

Natürlich neigen insbesondere manche jüdische Organisationen oder einige wenige jüdische Persönlichkeiten dazu, jede iranische Aussage mit Antisemitismusnähe sofort zu einem eindeutigen Antisemitismus zu verdrehen, aber auf diese Verdrehungen sollten wir nicht hineinfallen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Akbar_H%C4%81schemi_Rafsandsch%C4%81ni

(Akbar Hashemi Rafsandjani; Bild-Copyright: mutmaßlich Khamenei.ir bzw. wikipedia)

Auch in Erinnerung rufen möchte ich das Schicksal und das Leben zweier weiterer iranischer Islam-Gelehrter: Ajatollah Hosein Ali Montazeri, der vom Wegbegleiter Khomeinis zum Gegner wurde und Ajatollah Husain Borudscherdi, eine prä-khomeinistische religiöse Autorität Persiens, der eine eher quietistische Interpretation der Schia vertrat.

https://de.wikipedia.org/wiki/Husain_Borudscherdi

https://de.wikipedia.org/wiki/Hossein_Ali_Montazeri

(Ajatollah Borudscherdi, Bild-Copyright: wikipedia)

https://de.wikipedia.org/wiki/Charles-Maurice_de_Talleyrand-P%C3%A9rigord

Charles-Maurice de Talleyrand-Perigord, 1754 bis 1834, französischer Aussenminister unter den verschiedensten Systemen, Frankreichs Vertreter beim Wiener Kongress von 1815.

Gemälde von Francois Gerard, 1808

https://de.wikipedia.org/wiki/Robert_Stewart,_2._Marquess_of_Londonderry

Viscount Castlereagh, britischer Vertreter beim Wiener Kongress von 1815, Gemälde von Thomas Lawrence, 1810.

Autoritäre Systeme sind in mancherlei Hinsicht besser: der Wiener Kongress von 1815 ist ein Beispiel, dass autoritäre Systeme schnell und ohne Rachegefühle von Krieg auf Frieden umschalten können, während der sogenannte Versailles-Frieden der demokratischen Staaten von 1918/1919, der brutal-harte, demokratisch-rachsüchtige Bedingungen gegen die Verliererstaaten des Ersten Weltkriegs vorsah, den Aufstieg der Nazis entscheidend begünstigte.

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