Das angebliche "Ergebnis" der SPÖ-Mitgliederbefragung rund um Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur lautet:

Doskozil 33.7%

Babler 31.5%

Rendi-Wagner 31.4%

Option "Keine/r der obigen drei Kandidierenden" 3.5%

(Dass die Summe dieser 4 Optionen 100.1% beträgt, erklärt sich durch Rundungsfehler)

Die Abstände zwischen den drei Kandidierenden sind extrem knapp.

Und das wesentliche ist aber:

obwohl drei Kandidierende waren, wurde NICHT ein Präferenzwahlsystem bzw. Reihungswahlrecht bzw. Rangfolgewahlsystem zur Auszählung und Bewertung verwendet, sondern ein herkömmliches Wahlsystem, das gedacht ist für Fälle, in denen nur 2 Kandidierende existieren oder für ein System aus 2 Großparteikandidaten und bis zu mehreren Kleinparteikandidaten, so wie Österreich das lange Zeit hatte.

Wenn das demokratisch-korrektere Reihungswahlrecht a la Schulze, Borda oder Condorcet oder ein ähnliches verwendet worden wäre, dann wäre vermutlich Rendi-Wagner Siegerin geworden, weil sie eine Mitteposition hatte zwischen Doskozil und Babler, speziell in der Zuwanderungsfrage, bzw. Asylfrage.

So gesehen stellt sich die Frage, ob man diese angebliche "Abstimmung" bzw. "Befragung" nicht für ungültig erklären muss.

Man hätte den Abstimmenden bzw. Befragten daher die Möglichkeit bieten müssen, alle ihre Präferenzen auszudrücken, zum Beispiel

"Am liebsten ist mir Doskozil, am zweitliebsten Rendi-Wagner, am drittliebsten Babler"

oder

"Von 10 Punkten vergebe ich 6 an Babler, 3 an Rendi-Wagner und 1 an Doskozil"

oder

"ich stimme Kand. A zu 95% zu, Kand. B zu 60% und Kand. C zu 30%"

Dass man nur den Lieblingskandidaten/-in abfragte, aber alle weiteren Präferenzen unterschlug, wirft ein sehr schlechtes Licht auf diese "Befragung".

"Condorcet-Sieger" zu sein, bedeutet, alle Stichwahlen, alle Zweierduelle zu gewinnen. Und ebendieser Condorcet-Sieger unterscheidet sich in vielen Fällen vom "Gewinner" , wenn nur der/die Meistbefürwortete abgefragt wird, aber alle weiteren Präferenzen, darunter auch der/die Meistabgelehnte, nicht.

Und man kann eben annehmen, dass sich bei Abfragen und Auswerten aller Präferenzen ein anderes oder ein völlig anderes Ergebnis ergeben hätte als so. Und vor Allem ein klareres und eindeutigeres Ergebnis.

Männer neigen eher dazu, sich in Extrempositionen zu positionieren, während Frauen eher Positionen in Sachfragen beziehen, die man als konsensuell betrachten kann.

Ein Wahlsystem wie das verwendete, das nur den Lieblingskandidaten, bzw. den meistbefürworteten Kandidaten, abfragt, aber den meistabgelehnten Kandidaten nicht, neigt daher vermutlich dazu, Männer zu bevorzugen, hingegen Frauen zu benachteiligen.

Dass das verwendete Wahlsystem Frauen vermutlich benachteiligte, wäre besonders krass insofern, als die SPÖ von der Wählendenbasis her eher eine Frauenpartei ist, mit einem Frauenanteil von ca. 55%, und das schon seit langem.

Die Mängel dieser Abstimmung bzw. Befragung werfen auch ein schlechtes Licht auf die beiden Wahlkommissions-Leiter, nämlich laut Medienberichten Kopietz und Grubesa, wobei Grubesa vielleicht die geringere Verantwortung trifft, weil sie erst am Ende des Befragungsprozesses die Leitung der Wahlkommission übernahm.

Der Begriff der "Gültigkeit" in der Überschrift bezieht sich nicht auf eine juristische (gesetzliche) oder statutarische Gültigkeit, sondern auf die statistisch-meinungsforscherische Validität/Gültigkeit. Eine Methode oder ein Instrument ist so gesehen valide/gültig, wenn sie/es das misst, was sie/es messen soll - wenn das gemessen wird, wovon behauptet wird, dass es gemessen würde.

Hier ein theoretisches Rechenmodell mit 3 Wählendengruppen A, B und C: Gruppe A macht 33.68% der Befragungsteilnehmenden aus, und hätte am liebsten Doskozil, am zweitliebsten Rendi-Wagner und am drittliebsten Babler. Gruppe B (31.35%) hätte am liebsten Rendi, am zweitliebsten Babler und am drittliebsten Doskozil. Gruppe C (31.51%) hätte am liebsten Babler, am zweitliebsten Rendi, am drittliebsten Doskozil. Dann ergibt sich bei Auswertung der Erstpräferenzen 33.68% Doskozil, 31.35% Rendi, 31.51% Babler. Aber Rendi würde alle Stichwahlen und Zweierduelle gewinnen, das gegen Doskozil 63:34, das gegen Babler 65:32, und wäre damit Condorcet-Siegerin. Und zwar weil sie am öftesten zweitgereiht ist, aber nie letztgereiht. Bei einer Borda-Wertung 2:1:0 erhielte Doskozil 67.36 Punkte, Rendi 127.89 Punkte und Babler 94.37 Punkte, womit Rendi Borda-Siegerin wäre. Rendi wird nicht nur Condorcet-Siegerin und Borda-Siegerin, sondern Beides mit Riesenvorsprung!

Das ist nur ein Rechenmodell, das zeigen soll, dass es so sein könnte im Hintergrund und in den Zweitpräferenzen und Drittpräferenzen.

(Wo in diesem Text das Wort "Kandidat", "Gewinner", "Sieger", "Leiter" oder "Kanzlerkandidatur" aus Gründen der besseren Lesbarkeit ungegendert verwendet wurde, sind auch Frauen mitgemeint; der Begriff des "Wahlsystems" wird auch für Abstimmungen, Befragungen, etc. verwendet, bei denen man zwischen mehreren Optionen wählen kann)

In der Frauenfeindlichkeit ähnelt das hier verwendete Wahlsystem dem Wahlsystem bei der Bundespräsidentenwahl 2016, bei der auf ganz ähnliche Weise eine zentristische Frau (damals Irmgard Griss) benachteiligt wurde, die bei einem Reihungswahlsystem vermutlich gewonnen hätte.

Ich habe dieses Wahlsystem damals kritisiert, und die BP-Wahlen 2016 und 2022 aus eben diesem Grund boykottiert. Es fehlte übrigens in der Befragung z.B. die Option: "Ich lehne das Wahlsystem ab, und möchte stattdessen z.B. ein Reihungswahlsystem".

Auch Irmgard Griss wurde nach einfachem Wahlsystem (Nicht-Reihungswahlrecht) angeblich "Dritte", nachdem zahlreiche verfälschende Umfragen erschienen waren, die ihr einen Riesenrückstand zu Van der Bellen attestiert hatten (ca. 10%), während der angeblich "wirkliche" durch die zugunsten von Van der Bellen und zuungunsten von Griss verfälschenden Umfragen entstandene Rückstand nur 2 oder 3% betrug.

Durch diese irreführenden Umfragen wurden die taktischen Wähler und takischen Wählerinnen in die Irre geführt und glaubten fälschlicherweise, nur Van der Bellen könne Hofer (FPÖ) verhindern, aber Griss nicht.

Diese Bundespräsidentenwahl 2016 war daher vermutlich illegal gemäß §263 StrafGesetzbuch, "Täuschung bei einer Wahl oder Volksabstimmung":

"§ 263. (1)Wer durch Täuschung über Tatsachen bewirkt oder zu bewirken versucht, daß ein anderer bei der Stimmabgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder gegen seinen Willen eine ungültige Stimme abgibt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

(2)Ebenso ist zu bestrafen, wer durch Täuschung über einen die Durchführung der Wahl oder Volksabstimmung betreffenden Umstand bewirkt oder zu bewirken versucht, daß ein anderer die Stimmabgabe unterläßt."

Diesen Paragraphen anzuwenden, hätte bedeutet, zahlreiche Medien und Umfrageinstitute zu strafen, und es ist sehr fraglich, ob man soviele Medien und Umfrageinstitute bestrafen kann, ohne dass es gröbere Probleme, wie z.B. Aufstände gibt.

Nebenbemerkung: Österreich wäre eigentlich überfällig in Sachen weibliche Regierungschefin. Großbritannien hatte drei, Deutschland eine, zahlreiche skandinavische Länder eine oder mehrere, sogar Italien hat eine, zum Schrecken der Linken eine postfaschistische, auch die Schweiz hatte eine Finanzministerin und eine Bundespräsidentin. Eine Frau als Regierungschefin wäre auch wichtig in Hinblick auf die patriarchalen Religionen, insbesondere den Islam.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

19 Kommentare

Mehr von Dieter Knoflach