Vor ziemlich genau 24 Stunden schrieb ich ein EMail an die Wiener Zeitung mit zwei Attachments, die Repliken auf Wiener Zeitungs-Artikel enthielten, die ich hier in kursiver Schrift bringe:

´Neue weltinnenpolitische Konventionen und Organisationen

Betrifft: „Schützenhilfe für Kickl“, Wiener Zeitung, 8.2.2019, Karl Ettinger

Der Verfassungs- und Verwaltungsrechtlicher Bernd Raschauer hat Änderungen bei der Menschenrechtskonvention angedacht, was vielfach vielleicht voreilig als „Schützenhilfe für Kickl“ eingestuft wurde. In Wirklichkeit ist es vielleicht sogar „Schützenhilfe“ für eine Gegenposition zu Kickl oder „Schützenhilfe“ für Trump, der von Europa die Rücknahme von IS-Leuten forderte.

Die New Yorker Erklärung der Menschenrechte, die Europäische Menschenrechtskonvention und die Genfer Flüchtlingskonvention stammen aus der Zeit um 1950, die von vier Paradigmen geprägt war: dem Kalten Krieg mit seiner starken Betonung der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten, der Säkularisierungsthese, dem Glauben an die schwindende Kraft der Religionen, dem Prä-Ökologie-Paradigma und einer vergleichsweise niedrigen Weltbevölkerung von 2.5 Milliarden. Weil nach der Teilung der Welt in West und Ost, wie in der Jalta-Konferenz von 1945 vereinbart, im Kalten Krieg eine militärische Intervention im anderen Block sowieso unmöglich war, wurde die Interventionsfrage zu wenig berücksichtigt und die Flüchtlingsaufnahme zu stark betont. Weil Religionen auch als sterbend oder als Kriegsinstrument gegen die atheistische Sowjetunion betrachtet wurden, wurde zu wenig Augenmerk gelegt auf die Frage der Menschenrechtskonformität von Religionen.

Siebzig Jahre später gelten diese Paradigmen nicht mehr oder eingeschränkt: der Kalte Krieg ist vorbei, Warschauer Pakt und Sowjetunion sind 1990 zusammengebrochen, im gleichen Jahr war der Kuwaitkrieg, die erste Intervention im Konsens der Vetomächte, die Säkularisierungsannahme hat sich als falsch herausgestellt, insbesondere seit der Khomeini-Revolution im Iran 1980 kam es zu einer Reislamisierung großer Teile der Welt, was auch die von ca. 60 Staaten unterzeichnete Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam von 1990 zur Folge hatte, die ein rivalisierendes, unilaterales Gegenmodell zur New Yorker Erklärung der Menschenrechte darstellt.

Daher (und auch wegen der neuen Frage der Klimaflüchtlinge, die 1950 keine Rolle spielten und der Tatsache, dass sich die Weltbevölkerung mehr als verdreifacht hat) ist es plausibel, Menschenrechts- und Flüchtlingskonventionen für clausula-rebus-sic-stantibus-obsolet zu erklären: eine Vereinbarung gilt nur solange, solange die Grundannahmen, auf denen sie fußt, gelten.

Änderungen an den Konventionen bedeuten nicht automatisch leichtere Abschiebemöglichkeiten für alle Staaten, sondern können auch leichtere Abschiebemöglichkeiten nur für diejenigen Staaten bedeuten, die sich an Militärinterventionen beteiligen, z.B. an der militärischen Sicherung einer Kurdenzone im Nordirak, in die auch möglicherweise der Dornbirn-Täter hätte abgeschoben werden können, ohne gleich einer Todesgefahr durch türkische „Sicherheitskräfte“ ausgesetzt zu sein, sozusagen als „gelinderes Mittel“ im Sinne des §77 Fremdenpolizeigesetz. Im Gegenzug könnten erhöhte Flüchtlingsaufnahmepflichten für diejenigen Staaten vorgesehen werden, die sich nicht an Militärinterventionen beteiligen, die der neuen Weltinnenpolitik entsprechen.

Eine Einschränkung der absoluten Religionsfreiheit auf die Freiheit zu menschenrechtskonformen Religionen könnte bei einer Konventionsreparatur aufgenommen werden.

70 Jahre lang scheiterten Versuche, das Vetorecht der Großen Fünf (USA, GB, Frankreich, Russland, China) abzuschaffen oder einzuschränken. Dieses lähmt die UNO, weil fast nie ein Konsens zustande kommt und ist als neokolonialistisches Instrument geeignet, weil Regierungen/Staaten von einer Vetomacht abhängig werden können, die mittels Veto Schutz vor Strafverfolgung bieten kann. Eine neue Weltorganisation könnte diesen Mangel beheben, und sollte vielleicht die Einschränkung haben, dass Einmischung in innere Angelegenheit Russlands und Chinas verboten ist, um diese beiden Länder zum Verzicht auf Veto/UNO zu bewegen.

Dieter Knoflach, realpolitischer Sozialdemokrat (RSD ist eine wahlbündnisorientierte Partei), bloggt auch auf www.fischundfleisch.com´

´Quotientenwahlrecht statt Quotenwahlrecht

Betrifft: „Frauenquote statt Demokratie“, Christian Ortner, Wiener Zeitung, 15.2.2019

Man kann – was weder Ortner noch die brandenburgische Rot-Rot-Grün-Koalition erwähnt - die Grundidee der Frauengleichberechtigung unterstützen, aber dennoch die Reissverschluss-Frauenquote ablehnen, z.B. indem man Quotientenwahlsysteme befürwortet, die die möglichst hohe Gleichheit zwischen Frauenanteil bei Wählern oder Mitgliedern einer Partei und Frauenanteil bei z.B. Abgeordneten derselben Partei anstreben.

Das rot-grüne Framing soll wohl suggerieren, dass die 50-50-Quote die einzige Möglichkeit ist, was nebenbei den für diese Parteien „schönen“ Wahlkampfeffekt hat, dass diese Parteien diese Quote entweder schon erfüllen (andere wie AfD, FPÖ, CDU hingegen nicht) oder nahe dran sind.

Aber gemessen am Frauenanteil bei den Wählern könnte eine 50%-Mandatarinnenanteil bei SP und Grünen zu niedrig sein.

In Deutschland gibt es das Instrument der repräsentativen Wahlstatistik, die allerdings derzeit für Quotientenwahlsysteme die Fehler hat, dass sie erst ein dreiviertel Jahr nach der Wahl publiziert wird und dass sie gering anfällig für Stichprobenfehler ist. In Österreich gab es am Anfang der Ersten Republik farblich unterschiedliche Wahlkuverts und Auszählungen für Mann und Frau, was eine gute Voraussetzung für Quotientenwahlsysteme wäre. Der etwaig auftretenden Problematik, dass dadurch in sehr kleinen Wahlsprengeln das anonyme Wahlrecht verloren gehen könnte, könnte man durch Zusammenlegung der kleinsten Wahlsprengel begegnen.

Abgesehen von der technischen Machbarkeit kann auch das Geschlechterbild eine Rolle für die Entscheidung spielen, ob man Quote oder Quotient bevorzugt: glaubt man, ob es eher „männliche“ und eher „weibliche“ Themen gibt, aus denen sich über viele Jahrzehnte unterschiedlichen Frauenwähleranteile der verschiedenen Parteien ableiten, oder nicht.

Wenn man einmal vom Merkel-Effekt absieht (die CDU wurde in der Ära Merkel auf Wählerebene von einer Eher-Männerpartei zu einer Eher-Frauenpartei; im Gegensatz dazu steht, dass der CDU-Männeranteil bei Abgeordneten in derselben Zeit stieg), dann haben Geschlechteranteile eine hohe Tendenz dazu, annähernd gleichzubleiben.

Als Demokratiemangel kann oder muss man – anders als Ortner - auch sehen, dass Quotientenwahlsysteme als dritte Möglichkeit in der Debatte seit Jahrzehnten fehlen, dass die Debatte oder Scheindebatte immer nur um die Frage „Quote oder nicht ?“ geht, was einer quasi-totalitären Fidel-Castro´schen Dichotomie „Socialismo o muerte ?“ entspricht, die dritte Möglichkeiten unterschlägt.

Ortner fordert die absolute Nominierungsfreiheit, aber übersieht, dass das Hand in Hand geht mit dem, was Hans Kelsen Repräsentationsfiktion nannte: viele deutsche CDU-Wählerinnen waren praktisch gegen ihren Willen gezwungen, im Wahlkreis mit der Erststimme einen Mann zu wählen, obwohl sie lieber eine Frau gewählt hätten, weil die CDU oft (und die CSU immer) eben einen Mann im Wahlkreis aufstellte.

Als weiterer Demokratiemangel kann in Österreich das Fehlen einer Partei betrachtet werden, die eher von Unterschichtmännern gewählt wird, weil links das Quotendogma herrscht.

Gerade die ablehnende Haltung gegenüber einer Vergewaltigungsmindeststrafe von zwei Jahren (vielleicht sogar bei fehlenden Mindeststrafen für Totwürgedominas) wäre aktuelles Thema für eine solche Partei, ähnlich wie Militärfragen, die auch eher ein Männerthema sind, auch in der Wissenschaft. An der technischen Universität dominieren Männer, an der „normalen“ Uni Frauen, bei Studierenden- und Absolventenanteil. Hier fordert auch niemand 50:50-Quoten für die einzelnen Disziplinen, auch wenn gesamt gesehen eine solche ziemlich genau erfüllt sein dürfte. Und ähnlich sollte es – könnte man argumentieren – auch in den Parlamenten aussehen. Selbst dann bleibt immer noch die Frage der Exekutivmitglieder bzw. der Vorstände.

Dieter Knoflach, realpolitischer Sozialdemokrat (RSD ist ein wahlbündnisorientierte Partei) und bloggt auf www.fischundfleisch.at´

Ich erhielt auf meine Frage, ob Interesse besteht und ich die Beiträge kürzen oder bearbeiten soll, keine Antwort, weder eine Absage noch eine Zusage noch eine Empfangsbestätigung.

Aber dann passierte folgendes: die fix scheinende US-Technologiekonzernbesteuerung durch die EU wurde überraschenderweise abgeblasen (ich hatte in meinen Beiträgen, z.B. zum Macron-Brief auf das US-Handelsbilanzdefizit der USA und den EU-Überschuss hingewiesen).

Und Sarah Wagenknecht ist zurückgetreten.

Besteht ein Zusammenhang ? Vielleicht, vielleicht auch nicht ...

Auf jeden Fall sollte eine Partei immer ein Medium haben, in dem sie selbst publiziert ....

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