Streit um Rolle des Klimawandels für Krieg in und Flüchtlingswellen aus Syrien

Die verschiedenen Analytiker und -innen sind sich in einem einig: zwischen 2006 und 2011 gab es in Syrien eine Dürre, die zu starken Verlusten für diejenigen geführt hatten, die vorher einen Großteil dieses Einkommens in der Landwirtschaft verdient hatten.

Darüber, welche Rolle der globale Klimawandel für diese syrische Dürre spielte, sind die Meinungen ebenso geteilt wie darüber, welche Rolle diese Dürre für Krieg und Flüchtlingswellen spielten.

Während die Einen (insbesondere Grün-Affine) im Klimawandel die Hauptursache oder Alleinursache für Syrienkrieg und Syrienflüchtlingswellen sehen, vertreten Viele andere Positionen: die Dürre alleine hätte nicht zu Krieg und Flüchtlingswellen geführt, aber die Kombination von Regierungsuntätigkeit und Dürre war ein zentraler Faktor. Zusätzlich könnte natürlich der schiitisch-sunnitische Konflikt in Syrien eine Rolle gespielt haben, auch für die Regierungsuntätigkeit. Die Dürre wurde möglicherweise von der alawitisch-schiitsch-nahen Regierung als Möglichkeit gesehen, eine große Zahl von Sunniten sterben zu lassen und so die Mehrheitsverhältnisse im Land zu ihren Gunsten zu verändern. So gesehen ähnelt die Politik der syrischen Regierung der Politik Stalins im Holodomor der Stalin-Regierung in den 1930er-Jahren (damals liess Stalin eine große Zahl der als zuwenig systemtreu betrachteten Westukrainer verhungern, die auch katholisch waren und keine Orthodoxen und die vergleichen konnten, weil sie in der österreichisch-ungarischen Monarchie Erfahrungen mit anderen Systemen gemacht hatten).

Allerdings waren die betroffenen Syrer auch nicht besonders erfreut darüber, von der Regierung zum Tod durch Verhungern verurteilt zu werden, was zu Rebellion und gewalttätigem Widerstand führte.

Allerdings war der Westen, also Europa und die USA nicht bereit, militärisch zu helfen. US-Präsident Obama hatte im Wahlkampf versprochen, nicht zu intervenieren, also auch nicht, um ein genozidales/völkermörderisches Regime zu stürzen und um einen Völkermord zu beenden bzw. zu verhindern. Das war vielleicht ein Grund dafür, warum Obama "Assad has crossed a red line" sagte, dem aber dann nichts folgen liess. Es stellt sich auch die Frage, ob Obamas Nichtinterventionsversprechen eine Ursache für den Syrienkrieg war.

Somit stellt sich die Frage, ob Obama wie auch die gesamte westliche Politik durch Aufstachelung zum gewaltsamen Widerstand ("Assad muss weg!" ) eine Mitschuld trägt an der Intensivierung des Konfliktes, der dann durch das militärische Eingreifen Russlands und des Iran zugunsten des Assad-Regimes und zuungunsten der syrischen Sunniten entschieden wurde, die dann praktisch zur Flucht keine Alternative mehr hatten.

Ein zusätzlicher Faktor war das hohe Bevölkerungswachstum gewesen, das Syrien für eine lange Zeit geprägt hatte, und dieses sehr hohe Bevölkerungswachstum machte Syrien auch sehr verwundbar dafür, dass eine Dürre sehr gefährliche und sehr gewalttätige Folgen haben könnte.

Und für das hohe Bevölkerungswachstum dürfte auch eine Art von Geburtendschihad der verschiedenen Muslimenfraktionen gegeneinander ausschlaggebend gewesen sein: sowohl die Schiiten als auch die Sunniten schienen gehofft zu haben, durch hohe Geburtenraten die Kontrolle über den Staat bekommen zu können, bzw. die Übermacht der Anderen zu vermeiden, ein Phänomen, das es in vielen Staaten bzw. Gruppen gab, z.B. auch bei den bosnischen Muslimen, z.B. auch zwischen den Muslimen im Norden Nigerias und den Christen im Süden Nigerias, wobei trotz auch hoher Geburtenraten die Christen in Nigeria den Kürzeren ziehen dürften und auch deswegen (neben dem Boko-Haram-Terror) flüchten.

So gesehen waren die Ursachen von Syrienkrieg und Syrienflüchtlingswelle sehr multifaktoriell.

https://germanwatch.org/de/16007

CC / MagHoxpox https://de.wikipedia.org/wiki/Syrien#/media/Datei:Syria-demography.svg

Bevölkerung Syriens in Millionen.

Wäre Österreichs Bevölkerung in derselben Zeit (1950-2010) genauso stark gewachsen wie die syrische, nämlich um 514%, so hätte die Bevölkerung Österreichs 2010 42.4 Millionen betragen und nicht 8.6 Millionen.

Es ist klar, dass ein so extremes Wachstum zu zahlreichen Problemen führt, zu Arbeitslosigkeit, zu Ernährungsproblemen, zu Konflikten, dazu, dass die mangelhafte Infrastruktur im Wachstum mit dem Bevölkerungswachstum nicht mithalten kann.

Im Vergleich zur Islamischen Welt hat es China sehr gut geschafft, das dort früher ebenso rasante Bevölkerungswachstum durch die durchaus teilweise-totalitäre Ein-Kind-Politik der 1980er-Jahre schnell herunterzubringen von ca. 6 Kindern pro Frau/Paar auf 1.4 Kinder pro Frau/Paar.

PixabayLicense / Tama66 https://pixabay.com/photos/earth-drought-ground-dehydrated-3355931/

Dürre in Syrien 2006-2011: ein Faktor für Syrienkrieg und Syrienflüchtlingswelle, aber bei weitem nicht der Einzige.

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