Wer sich so die Aussagen verschiedenster Koalitionspolitiker*innen der letzten Tage durchliest, erlangt den Eindruck, dass die FPÖ schon längst in der Regierung sitzt.

Die SPÖ-Landeshauptleute Hans Niessl und Franz Voves fordern im Wahlkampf Strafen bei „Integrationsunwilligkeit“, ÖVP-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel fordert das Militär gegen Demonstrant*innen und VP-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner will das krankende Asylsystem mit noch schärferen Maßnahmen weiter „reformieren“. Die Freiheitlichen jubeln ob dieser xenophoben bzw. „law-and-order“-Ansätze. Das reiht sich ein in eine Reihe anderer Vorgänge, die weder christlich-sozial noch sozialdemokratisch sind. Man erinnere sich nur an die diversen recht unverschleiert politisch motivierten Prozesse gegen Fluchthelfer*innen, Tierschützer*innen oder Demonstrant*innen. Oder die mangelnde Bereitschaft vieler Landeshauptleute, die Asylquoten zu erfüllen. Oder die skurrile #stolzdrauf-Kampagne.

Die ÖVP hat sich in jüngerer Zeit schon einmal mit den Rechtsaußen ins Bett gelegt, die SPÖ in den 80ern und will das, schenkt man dem mächtigen Landesfürsten Michael Häupl Glauben, nicht mehr tun. Auch Verteidigungsminister Gerald Klug widersprach sowohl Stenzel, als auch Mikl-Leitner. Doch es gilt, die Zeichen zu deuten. Die zwei ehemaligen Großparteien wollen im FPÖ-Klientel fischen. Da werden Positionen übernommen, die zwar den eigenen Grundsätzen mehr oder weniger widersprechen. Es signalisiert aber jenen Wähler*innen, die zwischen den sozialen Ansagen der FPÖ und SPÖ sowie konservativen Positionen der Freiheitlichen und der ÖVP wanken, dass sie eh auch schwarz oder rot wählen könnten. Es ist in etwa das Spiel, das Angela Merkel in Deutschland betreibt, wobei sie sich deutlich nach rechts abgrenzt. Sie übernimmt, was populär ist; fast unabhängig davon, aus welcher ideologischen Ecke es stammt. Und im Fall des Falles sichert die CSU nach rechts außen ab.

Aus diesen Überlegungen versuchen die Parteien Kapital zu schlagen. Es ist politisches Kleingeld, signalisiert aber eben, dass man für alle da ist. Und es zeigt auch, wie offen einige Vertreter*innen der ehemaligen Großparteien für rechte Positionen sind. Ich halte das für einen Trugschluss. Ist es in der heutigen Zeit wirklich intelligent, die Kernwähler*innenschaft vor den Kopf zu stoßen? Oder, wie im Falle der SPÖ, den eigenen Parteinachwuchs? Das einzige, worauf ÖVP und SPÖ im Grunde vertrauen können ist, dass von Grün und NEOS nicht so eine Gefahr ausgeht, wie es etwa in Griechenland durch die Syriza für die Nea Dimokratia oder PASOK der Fall war. Schließlich müssten auch Grün und NEOS ihren Wähler*innen gegenüber Rechenschaft ablegen, warum möglicherweise mit diesen Positionen, die offiziell nicht vertreten werden, Und letztlich: Wieso sollte ich als Wähler*in, wenn ich die eingangs erwähnten Positionen vertrete, quasi den Schmiedl wählen, wenn ich auch den Schmied wählen kann.

Wenn sich die Rechtsaußen-Rhetorik der Regierungsparteien dann letztlich in der täglichen Arbeit niederschlägt, würde die FPÖ mitregieren, ohne dass sie tatsächlich in der Regierung ist. Und wenn nicht weiter aufgepasst wird, sitzt sie irgendwann tatsächlich wieder dort.

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Stefan Schett

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