Kein Weg nach Bremen - oder: Vielleicht sollte ich mir doch eine Straßenkarte kaufen??

Ich habe Freunde in Norddeutschland und besuche die einmal pro Jahr. Ich fahre die Strecke stets mit dem eigenen PKW, und zwar immer allein. Im Durchschnitt dauert so eine Fahrt um die 10 - 12 Stunden, je nach Geschwindigkeit und Pausen.

Wie ich es allerdings einmal zuwege brachte, dafür sage und schreibe 18 Stunden zu brauchen, will ich jetzt erzählen.

Vor meiner ersten Fahrt quer durch Deutschland habe ich mir auf dem PC eine Wegbeschreibung ausgedruckt - und mich auf der Fahrt dann von Stadt zu Stadt orientiert. Eine Karte habe ich deshalb nicht gebraucht, ich war ja bestens vorbereitet und wusste den Weg auch so.

Zweimal habe ich direkt in Bremen bei Freunden gewohnt und auch anhand meiner Wegbeschreibung fast blind dorthin gefunden.

Im dritten Jahr meiner Fahrt habe ich dann allerdings bei einer anderen Freundin genächtigt, irgendwo auf dem platten Land, in einem Örtchen namens HUSTEDT.

Als Österreicherin bin ich es gewöhnt, dass sich die Zahl der Autobahnen in sehr überschaubaren Grenzen hält und es in eine Richtung jeweils nur EINE Autobahn gibt - wir verfügen über eine West-, eine Ost-, und eine Südautobahn. - Grob gesagt - die kleineren Autobahnen fallen nicht weiter ins Gewicht.

Anders jedoch in Deutschland - da gibt es zig verschiedene Autobahnen und etliche Autobahnkreuze, wo die verschiedensten Ab- und Zufahrten aufeinander treffen, da macht es schon Sinn, sich die Autobahn, die man nehmen muss, genau zu merken, und zwar auch ihre BEZEICHNUNG, die Straßen tragen alle Nummernbezeichnungen.

Ich hatte mir jedoch niemals die Mühe gemacht, mir die genaue Bezeichnungen der Straßen, die ich zu nehmen hatte, zu notieren - wozu auch, ich hab mich nach den Städten orientiert, in deren Richtung ich jeweils musste. Und die waren an den Kreuzen jeweils gut angeschrieben.

Hab ich gedacht.

Ich fuhr also frohgemut vor mich hin, dachte an nichts Böses und wähnte mich auch auf dem vollkommen richtigen Weg - bis ich dann in - Hamburg (!!) im Elbtunnel draufkam, dass ich jetzt wohl nicht nur in der falschen Richtung unterwegs war, sondern mich ziemlich sicher auch in der falschen Stadt befand.

Nun, bei der nächsten Gelegenheit umgedreht und die Autobahn auf selbem Wege retour. Was gar nicht so einfach war - in einer fremden Stadt, völlig ohne Ortskenntnisse von einer Autobahn runter und in der Gegenrichtung wieder aufzufahren. Etliche Ampeln und störende andere Verkehrsteilnehmer sonder Zahl sind da nicht gerade förderlich. Trotz Exotenstatus mit einem Wiener Kennzeichen.

Irgendwie hab ich es aber trotzdem geschafft - nach ein paar Extrarunden landete ich wie durch ein Wunder wieder auf der Autobahn, und sogar auf der richtigen, um die Stadt auf demselben Wege wieder zu verlassen, auf dem ich hineingekommen war.

Bei der nächsten Raststätte hielt ich dann an, um mir eine Straßenkarte zuzulegen - nicht, dass ich an meinem Orientierungssinn gezweifelt hätte, aber man kann ja nie wissen...

Nach dem Studium derselben war ich dann um das Wissen reicher, dass Hamburg und Bremen nicht an der selben Autobahn liegen...

Die nächste Schwierigkeit bestand darin, die richtige Ausfahrt zu finden, um das letzte Stück des Weges zur angepeilten Ortschaft zu finden. Ich hielt mich genau an die Vorgaben, wo ich abfahren musste - und bald war die betreffende Ausfahrt auch angeschrieben. Auf einem Hinweisschild. Auf dem nächsten dann nicht mehr. So bin ich auch nicht abgefahren - man ist ja nicht blöd.

Ca. 15km später kam ich dann drauf, dass das wohl doch die richtige Ausfahrt gewesen wäre, denn es kam einfach keine weitere mehr - ich verließ also die Autobahn bei nächster Gelegenheit, um routiniert in der entgegengesetzten Richtung wieder aufzufahren. Darin hatte ich ja jetzt schon eine gewisse Übung.

Inzwischen neigte sich der Tag dem Abend zu, es wurde dämmrig.

Bald hatte ich dann doch die richtige Abfahrt gefunden und konsultierte nun meine genaue Wegbeschreibung, die mir meine Freundin geschickt hatte.

Nur - ich kam niemals dorthin, wo ich lt. ihrer Angaben hätte sein sollen. Irgendwie kam und kam das richtige Ortsschild nicht.

Leichter Regen setzte ein, mein Benzintank zeigte schon nahende Anzeichen von baldiger Leere an, und auch mein Handy-Akku war leer.

Ich kurvte am platten Land ziellos umher. Und weit und breit keine Tankstelle in Sicht.

In der Dunkelheit waren die Verkehrsschilder kaum mehr zu erkennen, aber das hätte sowieso nichts an meiner Situation geändert, ich fuhr nämlich ständig im Kreis. Immer wieder kam ich an die selben Straßenkreuzungen, passierte die selben Häuser, kurvte durch die selben Ortschaften, ohne jedoch die richtige Abzweigung zu finden. Immer wieder las ich den Zettel, um den Fehler zu finden, doch ich kam einfach nicht drauf, wo ich jedesmal so falsch lag. Inzwischen war ich einenhalb Stunden im Kreis gekurvt, war hundemüde und dementsprechend machten sich auch Anzeichen beginnender Verzweiflung bemerkbar. Ich stellte mir bereits vor, wie ich irgendwo mitten in der Botanik liegenbleiben würde und die Nacht dort im Auto verbringen müsste.

Als ich zum wiederholten Mal an der selben Kreuzung ankam, war ich darüber so fassungslos, dass ich aprupt mitten auf der Straße stehenblieb - ich wusste einfach nicht mehr weiter.

Glücklicherweise kam direkt hinter mir ein PKW, der gerade noch abbremsen konnte. Der Lenker hat wohl anhand meines doch etwas exotischen Wiener Kennzeichens und meinem etwas unorthodoxen Stehenbleiben scharfsichtig erkannt, dass da etwas im Busch war.

Er kam also zu mir, um mich zu fragen, was denn los sei.

Als ich ihm meinen Zielort nannte, den ich nicht und nicht finden konnte, meinte er nur trocken, ich solle ihm einfach nachfahren, er lotse mich an mein Ziel.

Nun - was soll ich groß sagen?

Nach ca. 2min Fahrt hatten wir den Ort erreicht.

Es war 23.30 Uhr, und meine Freunde waren heilfroh, mich noch an diesem Abend bei guter Gesundheit empfangen zu können.

Wir haben die Sache übrigens noch klären können - meine Freundin hatte auf ein kleines Detail bei ihrer Wegbeschreibung vergessen, eine Abzweigung, an der ich die ganze Zeit vorbeigefahren war.

Ich bin dann während meines mehrtägigen Aufenthalts kein einziges Mal mehr selbst gefahren, sondern wurde herumkutschiert.

Aber noch auf der Heimfahrt steckte mir die Müdigkeit in den Knochen.

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Spinnchen

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Silvia Jelincic

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Margaretha G

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