Hemdenkauf und mögliche Nebenwirkungen

Unlängst ergab sich in Wien ein netter Stadtbummel mit meinen Eltern. Kamen beide spontan in die Hauptstadt und haben mich natürlich angerufen, ob ich gerade Zeit habe. Wir gingen auf ein Eis. Im Zuge dessen fielen die Worte "Papa muss dann noch zu seiner Hemdenfrau gehen". Kannte mich im ersten Moment natürlich nicht aus, doch letztendlich wollte er sich einfach nur ein neues Hemd kaufen. Ich hätte dann im Geschäft vielleicht auch geschaut, ob mir das eine oder andere Exemplar möglicherweise gefällt. Aber es war nicht meine Absicht, justament hier und jetzt ein neues Hemd zu erwerben. Ich ging also einfach mit - ohne jegliche Erwartungen.

Das Eis zusammengegessen und den Kaffe ausgetrunken - ab ins Hemdengeschäft. War recht klein und einigermaßen gut versteckt. Da mein Vater schon mehrmals dort eingekauft hat, bestand natürlich nicht die Gefahr, dass wir es übersehen. Links und rechts waren Hemden etc. schön in Regale geschlichtet. Sah eigentlich alles ganz nett aus. Doch die grauhaarige Verkäuferin hatte eine Art, die mir überhaupt nicht ins Konzept passte. Sie sprach ein geschwollenes "schön aufgesetztes" Hochdeutsch, sodass mir glatt schlecht wurde. Ich wollte schon folgenden Satz aussprechen "so wia Sie daherredn, brauch i jez glei a 16er Blech u a Eitrige - vatrog i bessa ois Ihrn Singsang". Glaubt mir, das heißt etwas, wenn ich das sage. Ottakringer ist nämlich absolut nicht mein Bier. ;)

Jedenfalls bekam ich von ihrem "Vortrag" irgendwie Kopfweh. Da hatte man so richtig den Eindruck, dass das Schickimicki-Hochdeutsch sei. Ich muss ja so "schön" reden, da ich mich so "schön" fühle. Diese Bauern können da nicht mithalten - was glauben die eigentlich? Nur in Wien spricht man "schön".

Im Raum stand jedenfalls noch ein Fauteuil. Meine Mutter setzte sich in diesen - bin ja klarerweise ein Kavalier... Ich stand daneben und versuchte die Quasseltante von einer Verkäuferin einfach zu ignorieren. Die Lust, überhaupt nach einem potentiellen Hemd zu suchen, war sofort verschwunden. Doch auf einmal bekam ich zwei akustische Watschen, sodass ich abrupt "munter" wurde.

"Junger Mann, Sie können sich gerne dort drüben hinsetzen, das hält Sie schon aus." Die ersten beiden Worte kann sie sich sparen - finde so eine Anrede unnötig. Nicht weil ich schon so "alt" bin - es hört sich doch einfach nur bescheuert an. Da soll sie lieber den Mund halten oder die ersten beiden Worte weglassen. Demnach finde ich es auch etwas komisch, wenn man mit "Junior" angeredet wird. Als Kind mochte ich das schon nicht - heute hat sich diesbezüglich nichts geändert. Das "Sie" störte mich ebenfalls. Auf meiner Stirn steht nicht "Sie müssen mich SIEZEN". Bevor jetzt irgendjemand kommentiert "die wollte doch nur höflich sein": Für mich hat das nichts mit Höflichkeit zu tun. Das aufgesetzte "Freundlich sein" nervt mich viel mehr. Es gibt Verkäuferinnen, wo man merkt, dass die auch beim Anbringen ihrer Ware (also im Job) authentisch bleiben und sich nicht verstellen. Im obigen Fall war es meiner Meinung nach so, dass das nur die typische "Ich will mein Zeug verkaufen-Freundlichkeit" war. Wer darauf einsteigt, der hat meinen Segen. Bei mir hot die Oide damit jednfois ka Leiwal grissn. :-p

Sie hätte mich besser gar nicht beachten sollen - wäre "zuvorkommender" gewesen. ;) Nun aber zum eigentlichen Höhepunkt (bitte nicht pervers denken - sonst muss ich speiben... :-p ;) ) dieses Blogs. Wisst ihr, was ich auf den ersten Satz vom vorigen Absatz geantwortet habe? "Danke oba i ghea net zu de Sesselkleba". :-D Sie war dann ganz zerknirscht und ich musste mich puncto Lachen echt zusammenreißen. Meine Mutter schaute mich schief an, doch ich dachte mir dabei nichts. Das hochdeutsche Geschnattere der Verkäuferin ging mir so auf die Nerven - freute mich richtig, dass mir das mit den Sesselklebern wirklich ganz spontan einfiel. Musste also im Nachhinein nicht überlegen, was ich sagen hätte können/sollen. Habe es einfach gemacht und mir nichts gesch***** - also Klartext gesprochen.

Weiters hat sie meiner Mutter noch ihre halbe Lebensgeschichte erzählt, während mein Vater Hemden probierte. Endlich hatte er eines gefunden. Als wir das Geschäft verließen, war ich mindestens so erleichert wie nach einem 20 km-Lauf. Dieser Vergleich mag vielleicht extrem erscheinen, aber ich wollte einfach nur mehr weg. Der Wiener Verkehrsalltag mit den gratis Hupkonzerten tat meinen Ohren wirklich gut - alles besser als die aufgesetzte Schriftsprache.

Schlussendlich meinte meine Mutter, dass ich ja keinen Grund gehabt hätte, so zu reagieren. Ich hätte der Verkäuferin die Chance gegeben, dass sie bei mir einen guten Eindruck hinterlässt. Ging also grundsätzlich völlig offen auf sie zu. Doch die Art und Weise, wie sie mich ansprach, hat jegliche potentielle Sympathie sofort verfliegen lassen. Sie hätte einfach "Bua, du kaunst di durt drübn hihuckn, waunst mogst" sagen sollen - wäre mir 1000 mal lieber gewesen. Wie schon im Du-Sie-Blog gesagt: Respekt geht auch ohne SIE.

Kurzes OT: Frage an die Mädels. Wie geht es euch, wenn zu euch eine ältere Person sagt "Junge Dame, ...."? Im folgenden Video wird unter anderem erwähnt, dass "Junge Dame" das "Bi*** älterer Leute" ist. :-o Hättet ihr die Situation mit der Aggro-Oma einfach über euch ergehen lassen? Respekt vor dem Alter ist ja schön und gut. Heißt aber noch lange nicht, dass man deshalb auf die Jugend hindreschen und ihr gegenüber nach Lust und Laune austeilen darf. Wir sind alle nur Menschen...

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Ich mag doch keine Fische vergeben
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Silvia Jelincic

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