die frühstückssemmel - eine allegorie über die liebe

ich gestehe!

ich war in den letzten wochen untreu!

zweimal um genau zu sein.

ja, es ist passiert.

ich habe meine monogamie der letzten zeit durchbrochen.

ich bin meiner frühstückssemmel untreu geworden.

das erste mal mit einer mohnschnecke.

das hätte man ja vielleicht noch als ausrutscher durchgehen lassen können. das war ja auch keine beziehung, sondern eine einmalige affaire.

nichts ernstes sozusagen.

ganz bedeutungslos.

und ein rein körperlicher vorgang.

und einmal ist keinmal sozusagen.

aber:

es ist nicht bei einem mal geblieben.

ich hab meine frühstückssemmel vorgestern schon wieder hintergangen.

nein!

nicht schon wieder mit der mohnschnecke.

die war ja nur das kurze auflodern rein körperlicher gelüste.

vorgestern, wars ein salzstangerl!

ich mein, kann das sein, dass mein kleinhirn beim anblick der verschiedensten verführungen sich so einfach hinreissen läßt und alle hemmungen über bord schmeißt ohne daran zu denken, was ich meiner geliebten semmel damit antu?

morgen ist es dann womöglich ein kürbiskernweckerl oder gar ein krapfen, die mich meine getreue frühstückssemmel vergessen lassen.

ist mein geist so schwach, nur weil mein körper so willig ist? oder ist mein körper so schwach, weil mein geist so willig ist?

und was kommt als nächstes?

ham and eggs, ein kleines gulasch, ein salzgurkerl?

nutella!

ist einmal der erste schritt zur hemmungslosigkeit getan fallen alle schranken.

und dann muss es immer mehr sein. immer mehr!

wo ist da ein ende?

gibt es da ein ende?

womöglich ein bitteres?

dabei war es eine absolut harmonische beziehung zwischen mir und der frühstückssemmel. alles hat sie mitgemacht.

sie hat sich von mir mit magarine beschmieren lassen.

alles nur für mich.

als unterlage hat sie mir gedient für schinken und emmentaler, hüttenkäse, salami, extrawurst und sogar die exotische mortadella hat sie ohne murren hingenommen.

was will ich eingentlich mehr als eine derartig bedingungslose hingabe?

ich bin mir sicher, meine semmel hätt sich sogar unter die mohnrolle gelegt.

oder unters salzstangerl.

selbst eine salzgurke tät mein semmerl tolerieren.

nur damit sie bei mir bleiben kann.

andere wären froh, wenn sie so ein semmerl hätten.

treu, hingebungsvoll, allzeit bereit, willfährig,

und mein semmerl ist auch da, wenn ich von mohnrollen, briochekipferln und konsorten wieder genug hab.

und läßt dann wieder alles mit sich machen.

nur ich, ich weiß das nicht zu schätzen.

ich mach hemmungslos mit anderen rum.

wie mag sich wohl ein derart missbrauchtes frühstückssemmerl fühlen?

direkt ein schlechtes gewissen hab ich wegen meiner frühstückspromiskuität.

in ruhigen momenten denk ich mir, dass ich ihr unrecht tu.

und dann krieg ich auch angst, dass sie nicht mehr da ist und mir dann nur noch brot bleibt. hartes brot.

apropos hartes brot.

vielleicht ist ja das der grund für meinen seitensprung.

da hab ich mir doch unlängst, an einem samstag beim biss in die frühstückssemmel glatt einen zahn ausgebrochen.

beim biss in eine frische semmel!

nicht etwa beim biss in einen harten apfel oder ein altes scherzel.

nein – eine semmel.

richtig hinterlistig!

vielleicht kann die semmel selbst da ja aber auch gar nix dafür.

der zahn war wahrscheinlich – sogar sicher - ohnehin schon hinüber und wär mir dann vielleicht beim zähneputzen rausgefallen.

hätt ich dann meine zahnbürste betrogen?

und womit?

aber, es ist halt beim biss in die semmel passiert.

war dieser fehltritt der semmel, der ja eigentlich keiner war, weil sie ja, wie ich ganz vernunftsgemäß weiß, nix dafür konnte, nur ein vorwand von mir?

hab ich nur auf eine gelegenheit gewartet, um meine alltägliche, über die jahre zur routine gewordene beziehung zur frühstückssemmel zu unterbrechen?

von beenden kann ja noch keine rede sein.

es handelt sich ja nur um eine zeitweilige trennung.

um abstand zu gewinnen.

und da hat sich dann eben die mohnschnecke angeboten.

und das salzstangerl.

dabei kann doch so eine abwechslung durchaus zur wertschätzung und neuerlichen hingabe an die langjährige gewohnte begleiterin durch den morgen führen.

möchte ich mit dem salzstangerl den rest meines lebens verbringen?

eindeutig nein!

aber zum semmerl komm ich gern wieder zurück.

bei den verschiedensten gelegenheiten.

und nicht nur am morgen.

ich liebe mein semmerl doch!

und dass ich meine gelüste des manchen anderweitig befriedige, muss mein semmerl doch verstehen.

ich komm ja immer wieder zurück.

so gesehen bin ich doch treu!

weil was heißt schon treu?

wo fangt das an und hört das auf?

reicht es zur untreue schon, wenn ich das nusskipferl in der vitrine begehrlich betrachte und dann doch zuhaus mein semmerl hab?

oder ist es nicht doch die wahre treue, wenn ich mir auswärts – sag ma im hotel oder so – ein donut einzieh und dann brav wieder heim geh zu meinem semmerl?

weil das hat ja alles nix zu bedeuten.

die ganzen topfengolatschen, zimtschnecken und was weiß ich noch, sind ja nur kurze ausrutscher. nix ernstes. nix dauerhaftes.

das hat nix mit liebe zu tun.

das dient doch rein der triebbefriedigung.

da kann ich auch gar nix dafür.

das sind die gene.

so wurde ich geboren.

das ist ein naturgesetz.

so sind wir männer halt!

und morgen zum frühstück hol ich mir auch wieder ein frisches semmerl.

versprochen.

wenn mich nicht grad ein vanillecroissant verführerisch anlacht.

und im übrigen:

bleibt´s gsund und losst´s eich nix gfoin.

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Silvia Jelincic

Silvia Jelincic bewertete diesen Eintrag 19.08.2016 22:30:27

Margaretha G

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sisterect

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