Es ist ärgerlich! Ziemlich ärgerlich sogar. Das neue Programm der alten Koalition.

Jetzt lass ich einmal die ganz offensichtlich der FPÖ geschuldeten Grauslichkeiten im Bereich Asylpolitik und Überwachung außen vor.

Da sind sich ja ohnehin auch neutrale Beobachter einig darüber, dass das ein weiterer Rechtsrutsch ist. Dass die Herren Sobotka und Doskozil jenseits von Gut und Böse sind, ist schon einige Zeit aktenkundig. Und auch der Kurz kriegt sein Burkaverbot. Erstaunlich ist dabei nur, dass sich die SPÖ, bzw. jene Teile, die sich noch für Sozialisten halten, am Nasenring durch die Arena führen lassen und alles, wofür die Altvorderen je gekämpft haben, so einfach über Bord schmeißen. Dass sich die Identitären mit ihren Forderungen in diesem Papier wiederfinden, spricht für sich.

Ärgerlich ist, dass auch durchaus ernstzunehmende Kommentatoren (zb @boyfromcountry) das Papier wirtschaftspolitisch als Fortschritt bewerten.

Gleich in Punkt 1.1 findet sich ein schwerer Fehler.

Unter der Prämisse neue Arbeitsplätze um jeden Preis zu fördern, wird einer Wettbewerbsverzerrung sondergleichen Vorschub geleistet. Unternehmen, die verantwortungsbeusst handeln unter Umständen die Beschäftigungszahl auch in schwierigen Zeiten hoch gehalten haben, sehen sich nun Unternehmen gegenüber, die Hire-and-Fire-Politik betreiben und Personal bei geringsten Umsatzrückgängen abgebaut haben. Diese sind nun in der Lage, neue Beschäftigte zu geringen Kosten aufzunehmen und damit durch Lohndumping Wettbewerbsvorteile zu generieren.

Diese Regelung ist besonders für die vielzitierten KMUs und EPUs ein gravierender Nachteil. Wie überhaupt das Programm ganz und gar auf grosse Unternehmen zugeschnitten ist. Auch der Punkt 1.6 zielt in diese Richtung. Welcher Greißler, Wirt, Installateur, Tischler oder Schuster wird schon in den Genuss einer erhöhten Forschungsprämie kommen?

Gleichzeitig kürzt die SVA die freiwillige Krankenversicherung für Selbständige massiv bei den Leistungen trotz gleichbleibender Beitragshöhe. Bei diesem Punkt muss man sich einmal die Struktur der österreichischen Unternehmen ansehen: Von insgesamt 317.369 Betrieben haben nur 888 mehr als 249 Mitarbeiter. Das sind 0,02 (NullKomaNullZwei) Prozent!

Das ist deshalb interessant, weil im Punkt 1.7 ausschliesslich Unternehmen mit Mitarbeitern ab 250 Personen gefördert werden.

Überhaupt wird der Druck auf Arbeitskräfte erhöht.

Arbeitszeitflexibilisierung, Einschränkungen beim Arbeitnehmerschutz, die Lockerung des Kündigungsschutze für Arbeitnehmer ab 50 oder die Verschärfung der Zumutbarkeitsregelung für Arbeitslose sprechen eine deutliche Sprache.

Ein akzeptabler Mindestlohn wird dafür wieder auf die lange Bank geschoben.

Ein besonders Schmankerl ist auch der Punkt 1.18

20.000 Arbeitsplätze für über 50jährige Langzeitarbeitslose bedeuten nichts anderes als staatlich geförderte Zwangsarbeit, getarnt als gemeinnützige Tätigkeiten. Es darf darauf gewettet werden, dass es keinen KV und natürlich auch keinen Mindestlohn für diese Tätigkeiten geben wird.

Und der Wettbewerbsdruck auf Unternehmen, die bisher diese erforderlichen Tätigkeiten durchgeführt haben – meist KMUs oder EPUs – steigt auch in diesem Fall.

Bleibt noch zu bemerken, dass en passant auch der freie Hochschulzugang gekappt wird. Alles im Namen der Wirtschaft.

A scho wuascht!

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Spinnchen

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Silvia Jelincic

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Markus Andel

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