Drei schwerwiegende Worte in einer Beziehung und einige Möglichkeiten des Umganges mit ihnen

Für alle Romantikerinnen und Romantiker, die hier erwartet haben, eine Hymne auf die Worte "Ich liebe Dich" vorzufinden, aus welcher man Anleihe für den nächsten Liebesbrief nehmen könnte (bei der Gelegenheit: wann haben sie den letzten Liebesbrief geschrieben? Wäre es nicht einmal wieder an der Zeit?), eine Warnung: bitte schnell weiterblättern. Es geht eher um das Ende einer Beziehung.

Es ist aus. Diesen drei Worten geht meist ein quälendes Eskalationsszenario voraus. Denn, auch wenn es der Person, die dies aus dem Mund ihres vertraut geglaubten Gegenübers vernehmen muss, kaum in den Sinn kommt: es geht dem Aussprechen dieses endgültigen Entschlusses nahezu immer ein Prozess voraus, in welchem der nunmehr scheinbar die Rolle des Täters einnehmende Mensch mit sich gekämpft hat. Und dann scheint es schließlich keine Alternative zu geben, scheint der Druck auf sich selbst unüberwindbar zu werden. Und die nun folgende Lawine wird losgetreten. Eine Lawine, unter welcher alles begraben wird, wenn nun nicht behutsam vorgegangen wird. Alles. Für den Fall, dass auch Kinder im Spiel sind, schlimmstenfalls sogar diese mit ihren Bedürfnissen und Rechten.

Peter und Helene sind gerade an diesem Punkt angekommen. Schon die letzten Monate hatte sie gekämpft mit sich. All die Dinge, die sie am Beginn ihrer Beziehung mit Peter noch so toll und verwegen gefunden hatte, die ihn so unwiederstehlich gemacht hatten in ihren Augen, waren nun mehr und mehr zum Gegenteil verkehrt: sie konnte seinen ständigen Tatendrang einfach nicht mehr ertragen. Und diese ständigen Versuche körperlicher Annäherung widerten sie nur noch an. Was aber auch dazu führte, dass sie immer argwöhnischer wurde, wenn er in seinem Freundeskreis, dem, wie sie nun erkannte, verdammt viele toll aussehende Frauen angehörten, von diesen immer mit Küsschen begrüßt wurde. Da müsse doch mehr dahinter sein. Er solle sich doch endlich schleichen. Dieser Gedanke war in den letzten Wochen so unerträglich laut geworden in ihrem Kopf, dass sie es einfach nicht mehr ertragen konnte. Wegen jeder Kleinigkeit war in den letzten Wochen lautstarker Streit ausgebrochen. Nach welchem sie sich dann auch immer mieser gefühlt hat. Auch ihre Freundinnen hatten ihr schon bestätigt, dass das einfach nicht gut gehen könne zwischen ihr und Peter. Und sie brauche sich da keine Sorgen machen - Julia hatte da sogar sofort Tipps aus ihrer Scheidung parat und die Visitenkarte einer tollen Rechtsanwältin. "Es ist aus", eröffnet sie Peter daher. Dieser hatte zwar ebenfalls bereits erkannt, dass da irgendwas nicht so rennt, wie es sollte, aber bis zuletzt hatte er die Hoffnung, das gebe sich schon von alleine wieder. Frei nach dem Motto: Was von alleine kommt, das geht auch wieder von alleine. Denn er hatte ja überhaupt keine Schuld daran, dass man für den Eintritt in die eheliche Wohnung in letzter Zeit eine Machete brauchte - so dick war die Luft.

Wie kann man nun umgehen mit dieser Situation? Ist es noch zu vermeiden, dass hier Szenen, die aus so manchen Hollywoodstreifen a la "Rosenkrieg" abstrakt gesehen sehr vertraut scheinen, vermieden werden?

Das weit verbreitete weitere Szenario ist viel zu vielen von uns nicht nur aus Krimis und Filmen bekannt, sondern auch aus dem eigenen sozialen Umfeld - und vielleicht sogar in einer Hauptrolle aus der eigenen Vergangenheit. Es beginnt ein Tauziehen um die bestmögliche Basis für den Neustart, in welchen am besten gleich das gesamte gemeinsame Hab und Gut mitgenommen wird, an das man sich so gewöhnt hat. Wieso sollte man auch eine Einbuße in der Lebensqualität mitnehmen. Aber es geht auch darum, in der Gesellschaft als der Teil der zerbrochenen Beziehung zu gelten, welchen keinerlei Schuld daran trifft, dass es so weit gekommen ist. Diese mittlerweile ausgerufene Mutter aller Schlachten somit quasi Notwehr ist. Dass da der eine oder die andere aus dem Freundeskreis gar nicht so sehr beisteht und Ratschläge gibt, um wirklich zu helfen, sondern vielmehr um selbst erfahrene Kränkungen mit vollkommen außenstehenden ehemaligen Lebensabschnittsmenschen in diese Trennung zu projizieren zwecks Erlangung der Chance auf eigene Genugtuung, das kann und will dabei gar nicht so leicht erkannt werden. Im Gegenteil gilt es, den einmal ausgerufenen Schlachtgesang zum bitteren Ende zu singen - wie steht man denn sonst im Bekanntenkreis da. Ebenso geht es darum, dass der Mensch, mit dem man doch eigentlich mal vor hatte, zumindest eine sehr lange Zeit glücklich zu sein, büßt: büßt dafür, dass es so weit kommen musste. Dass all diese Träume zerplatzt sind wie eine Seifenblase. Realitäten so hinzubiegen, dass auch vor Gericht ein Sieg möglich wird, erscheint da viel zu oft als probates Mittel: immerhin gibt es ja das Angebot des Staates, es der anderen Seite so richtig reinzuwürgen. Viele Rechtsanwälte kennen dazu Wege. Besonders dramatisch, wenn Kinder mit im Spiel sind: diese haben bereits die letzten Monate leiden müssen am schiefen Haussegen - Kinder bekommen weit mehr mit, als man ihnen zutraut. Nun aber laufen sie Gefahr, vollkommen übersehen zu werden in ihren Bedürfnissen und Rechten und gleichsam zu einem Möbelstück degradiert zu werden, um welches gekämpft wird. Obsorge wird da rasch von den Eltern mit Besitz verwechselt. Ein Drama, welches sich noch viele Jahre verlängern lässt.

Ja, dazu gibt es eine Alternative. Zum Glück. Es sind sogar mehrere Alternativen.

Eine der Möglichkeiten ist es, statt des Kriegspfads einen Weg zurück zum Frieden zu finden. Im Optimalfall: zum gemeinsamen Frieden. Sind noch nicht zuviele Dämme gebrochen - insbesondere sollte Gewalt, welche kaum verzeihlich sein kann, körperlich keinesfalls und psychisch nur in noch für die Betroffenen erträglichen Grenzen vorgefallen sein - so ist selbst das eine Option. Hilfreich dabei, um das zu überprüfen ist eine Checkliste, in welcher man für sich aufschreibt, was man sich alles wünscht, dass es durch ein Beziehungsende besser wird; hat man dies abgeschlossen, so kann man nun sehr gut überlegen, was von diesen Punkten nicht möglich ist, es auch mit seinem aktuellen (Noch)Partner beziehungsweise seiner aktuellen (Noch)Partnerin wieder erlebbar zu machen. Zu bedenken ist dabei nämlich etwas, das in viel zu vielen Trennungen übersehen wird: Trennungsschmerz zu verarbeiten bedeutet harte Arbeit, auch wenn das manchmal vollkommen unvorstellbar erscheint und die Aussicht auf die Zeit nach der Trennung nur als ungetrübter Hoffnungsschimmer erscheint. Diese harte Arbeit könnte man doch ebenso gut in die Beziehung investieren, um sie zu reparieren; um die auch eigenen Nachlässigkeiten in der Beziehungsarbeit - welche einem ja sehr wahrscheinlich irgendwann ohnehin auch wieder mal mit einem anderen Menschen bevorsteht - aufzuarbeiten. Und das mit einem Menschen, mit dem einem mal ein loderndes Feuer der Liebe verbunden hat - etwas, das, wenn es mal bestanden hat, auch relativ leicht wieder entfacht werden kann solange es die Glut noch gibt. Hilfreich kann bei der Auslotung dieser Möglichkeiten der Gang in die Familientherapie sein.

Eine der anderen Möglichkeiten ist die Mediation. Diese Alternative, einen Weg des gemeinsamen Umgang mit den bevorstehenden Herausforderungen in Eigenverantwortung zu entwickeln und festzulegen unter Anleitung eines Profis, wird von immer mehr Familienexpertinnen und Familienexperten ans Herz gelegt. Auch der Gesetzgeber hat bereits in diese Richtung einen zaghaften Vorstoß unternommen: für den Fall einer einvernehmlichen Scheidung mit betroffenen minderjährigen Kindern kann angeordnet werden, dass zumindest eine Information über Mediation in Anspruch genommen wird. Der große Vorteil hier ist nämlich: die beiden, also in unserem Beispiel Peter und Helene, bekommen dabei Hilfestellung, der Reihe nach wieder herauszufinden aus den bereits betriebenen Eskalationen und zurückzufinden zu gegenseitigem Respekt. Dies ist dann die Basis, auf welcher Lösungen insbesondere zu dem Teil gefunden werden können, welcher durch die Scheidung nicht gelöst werden kann: ihre Beziehung zueinander als Eltern, auf welche die Kinder ein Recht haben.

Am schönsten wäre natürlich, wenn unsere Gesellschaft es eines Tages schafft, rechtzeitige Hilfestellung aus sich heraus, ganz ohne Profis, zu leisten wenn einmal Eskalation in einer Partnerschaft droht: gewaltfreie Hilfestellung durch Zuhören statt Öl ins Feuer zu gießen. Denn: alles, was man von einer Seite geschildert bekommt, hat immer noch zumindest eine weitere Seite. Bestärken wir eine einseitige Wahrnehmung von Wahrheit, so verzerren wir das System - was niemals ohne Auswirkung bleiben kann und wird, wobei wir diese dann aber gar nicht mehr in der Hand haben.

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Bernhard Juranek

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