Wenn gut gemeint zur Bedrohung der eigenen Existenz werden kann

Nun ist es also passiert. Wie einer österreichischen Tageszeitung entnommenwerden kann, macht gerade ein Mensch unliebsame Bekanntschaft mit der Justiz, weil er 5 Personen dabei half, ihr Ziel, nämlich die deutsche Grenze, zu erreichen.

Es wurde damit das schlagend, was vor wenigen Wochen in der öffentlichen Diskussion für viel Aufsehen gesorgt hat: während die einen davon berichteten, dass es nahezu Pflicht der Menschlichkeit sei, im zivilen Ungehorsam den Flüchtlingen auch im Privat-PKW etwa auf der Heimreise vom Urlaub dabei zu helfen, ihr Ziel zu erreichen, warnten andere davor, dass dies als Rechtsbruch angesehen werden kann mit drastischen Folgen. Mit Konsequenzen, welche sogar geeignet sind, eine gesamte Existenz ins Wanken zu bringen. Und das, ohne nachhaltig geholfen zu haben. Die Wogen gingen damals hoch, als das theoretisch erörtert wurde. Viele mussten es sich gefallen lassen, für den bloßen Hinweis auf eine mögliche Unvereinbarkeit mit unserer Rechtsordnung öffentlich als menschenfeindlich hingestellt zu werden. Ganz egal, was sonst gesagt wurde – die bloße Erinnerung, dies mit zu bedenken, war bereits Frevel. Es wurden zum Teil sogar richtiggehende Shitstorms initiiert.

Unstrittig ist wohl, dass jenen Menschen geholfen werden muss, die sich und ihre Kinder in Sicherheit bringen wollen vor einem unendlichen Leid, welches die Kriegswirren in ihrer Heimat anrichten. Für uns heute zum Glück nur aus Geschichtsbüchern, Erzählungen unserer Vorfahren und den medialen Berichten erahnbar. Wegschauen hilft dabei nicht. Doch auch das Anpacken braucht Überlegtheit, um den Schaden nicht nur noch zu maximieren. Es ist dabei jedem einzelnen möglich, hier einen Beitrag zu leisten: zahlreiche Organisationen haben sich in enger Abstimmung mit der Bundesregierung und damit innerhalb des Rahmens unserer Rechtsordnung darauf spezialisiert, Hilfe zu organisieren und zu koordinieren. Unterstützung ist da sehr willkommen und man kann dann davon ausgehen, wirklich Gutes geleistet zu haben – ohne jede Gefahr, das Engagement bezahlen zu müssen mit Sanktionen des Gesetzgebers. Einfach nur mit dem Risiko, allfällige Berührungsängste zu diesen Menschen abzubauen, wenn sie in einer sehr höflichen, zurückhaltenden Art „Danke“ sagen für Kleinigkeiten, die in unserem Leben selbstverständlich erscheinen.

Unsere Rechtsordnung hat einige Bestimmungen vorzuweisen, bei welchen man diskutieren kann über deren Härte in der praktischen Anwendung. Unbestritten. Das ist ja auch der Grund, weshalb unsere Demokratie davon lebt, dass derlei Bestimmungen auch abgeändert werden können, wenn die gesellschaftliche Entwicklung dies wünscht. Instrumente der aktiven Demokratie geben dazu Gelegenheit, entsprechende Novellierungen anzustoßen. Doch solange eine Rechtsvorschrift in Geltung steht, solange hat sie Beachtung zu finden: anderenfalls würde Selbstjustiz Tür und Tor geöffnet werden und man müsste ständig Angst davor haben, dass man von jemandem irrtümlich einer Straftat bezichtigt wird, welche auch gleich sanktioniert wird. Es macht Sinn für den gesellschaftlichen Frieden, wenn es da Monopol des Staates ist, für die Einhaltung der Rechtsordnung im Bereich der öffentlichen Ordnung, Ruhe und Sicherheit zu sorgen. Alternative wären Szenen des Wilden Westens in unserem Alltag.

Im konkreten Fall bleiben zwei Dinge zu wünschen: einerseits, dass hier erkannt wird in der öffentlichen Diskussion, dass das blinde Zuschlagen gegen alles, was dem eigenen Weltbild auf den ersten Blick zuwiderzulaufen scheint, der Sache in den seltensten Fällen dienlich ist. Zuhören und ergründen, wo Gemeinsamkeiten in den Standpunkten liegen könnten, hilft oft wesentlich mehr und vermeidet Kollateralschäden. Andererseits wird die Justiz im konkreten Fall hoffentlich erkennen, dass zwischen den Maßnahmen einer Bundesregierung, mit denen Grenzen geöffnet wurden, und dem Einzelengagement kein Unterschied gemacht werden sollte. Notfalls wird es vielleicht sogar an der Bundesregierung liegen, neben ausreichender Information der Öffentlichkeit über Grenzen einer legalen und zu begrüßenden Hilfsbereitschaft eine Amnestie zu erwirken, sollte eine Verurteilung erfolgen.

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