SPÖ und FPÖ - eigentlich ein Klassiker

Es ist das Ende von Allem. Mindestens. Zumindest für viele Kommentatoren und politisch Interessierte in diesem Land. Die Rede ist von der ideologischen Links-Rechts-Kombination, die Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl und der freiheitliche Landesparteichef Johann Tschürtz der restlichen Republik verpasst haben.

Zusammenarbeit von SPÖ und FPÖ. Wie unappetitlich. Wie unerwartet. Wie unpassend.

Das kann man so sehen. Und von Tabubruch und dergleichen schreiben. Man könnte aber auch ein paar Jahrzehnte in der Zeit zurückgehen und sehen: Rot und Blau, das hat schon oft gepasst, wenn es um den Erhalt von Macht gegangen ist. Und worum sonst sollte es derzeit im Burgenland gehen?

Die große Ära Bruno Kreiskys etwa. Ob es sie ohne Hilfe der FPÖ in diesem Ausmaß gegeben hätte? 1970 beendete die SPÖ die vier Jahre dauernde Alleinregierung der ÖVP. Für die absolute Mehrheit aber hatte es nicht gereicht. Kreisky entschloss sich zum spannendesten politischen Experiment – der Minderheitsregierung. Mit den Stimmen der damals sehr kleinen FPÖ wurden die wichtigsten Gesetze beschlossen, unter anderem auch das Budget. Als Gegenleistung erhielt die FPÖ ein kleinparteienfreundliches Wahlrecht, das ihr Überleben erleichterte.

Die Zusammenarbeit beschränkte sich nur vordergründig auf die paar Monate von 1970 bis zur raschen Neuwahl 1971. Wie Anton Pelinka in seinem Buch "Die Kleine Koalition, SPÖ-FPÖ 1983-1986" aufzeigt, hielt sich Kreisky die blaue Mehrheits-Option über mindestens 15 Jahren im Hintergrund aufrecht. Dass er sie nur einmal gebraucht hat, war eher Zufall. Die FPÖ, so Pelinka, wäre stets bereitgestanden. Neben dem für sie besseren Wahlrecht gab es im Gegenzug auch andere Gesetzesänderungen, von denen die Blauen profitierten. Pelinka nennt etwa die Parteienfinanzierung.

Chef dieser FPÖ war damals Friedrich Peter. Den muss man heute nicht mehr kennen. Daher zur Erklärung: Peter - er starb vor zehn Jahren - war im Zweiten Weltkrieg freiwilliges Mitglied der Waffen-SS und zu Kriegsende im Rang eines Obersturmführers (Details hier). Mit Verlaub: Im Vergleich dazu sind der drei Bier bestellende Paintball-Spieler Heinz Christian Strache und sein Schriftführer Herbert Kickl fast schon harmlos. Betonung auf "fast".

Nur fürs Protokoll führe ich auch die Kleine Koalition von SPÖ und FPÖ auf Bundesebene von 1983 bis 1986 unter dem Burgenländer (!) Fred Sinowatz an. Diverse landesverfassungsbedingte Zusammenarbeiten in Konzentrationsregierungen lasse ich unerwähnt, sie sind anders zu sehen.

Fazit: die FPÖ ist der Problembär unter Österreichs Parteien. Das war immer so. Aber wenn Bruno Kreisky zur Zusammenarbeit mit einem SS-Mann bereit war – was sollte Hans Niessl an Johann Tschürtz abschrecken?

Schön muss man das trotzdem nicht finden. Man kann darob auch zutiefst empört sein. Ich habe dafür wirklich jedes Verständnis.

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Stefan Schett

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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