“Hebed eu am Bȁnkli, hebed eu am Bȁnkli, d’ SBB, die macht es Rȁnkli”

Natürlich stammt die Tram (wir sagten: das Tram) vom grossen Bruder, der Eisenbahn, ab. Oder waren sie erst beide schmal? Ich war noch Zeuge der Herstellung eines Trams in Arlesheim. Da stand ein alter Schuppen, daneben, auf ein Abstellgleis, wurde abends ein gelber VW-Bus hingestellt. Nun brauchte man nur noch die Nacht über warten – und fertig war die Tram! Diese Geschichte einer sagenhaften Verwandlung hörten meine Kinder mit unglȁubigem Staunen. Leider ist der Schuppen inzwischen einem modernen Shopping-Bahnhof gewichen und die Trams müssen aus Kanada importiert werden....

Am Tram lernte ich lesen: links und rechts oben war Platz für Reklametafeln. Ich buchstabierte: S-U-Z-E. Das war mein erstes Wort.

Gesegnet die Stadt, die Strassenbahnen hat! Und manche, wie Hamburg, verfluchen inzwischen ihre Abschaffung. Wie oft bin ich mit der “3” nach Schnelsen gefahren! In Belgrad traf ich die Wagen der 3 dann wieder, dort fuhren Trams in allen Farben und man konnte, auch an den Hinweisschildern – “Bitte nicht mit dem Wagenführer sprechen!” - noch gut feststellen, in welchem Land sie eingekauft worden waren. Zürich: blau, Basel-Stadt: grün, Basel-Land: gelb, Stuttgart: gelb, Wien: rot? Hamburg: rot, St. Gallen: grün, usw. In den alten Zeiten fuhr noch eine Tram von Wien nach Bratislava! In İstanbul sind alle Strassenbahnlinien auf eine 1km lange Strecke zwischen Taksim und Tünnel geschrumpft *lanet olsun*. Na klar, immer öfter werden die Trams unter der Erde zu Metrolinien, da unten ist ja noch Platz, und oben können dafür Bȁume gepflanzt werden *rȁusper*. Und viele Bürgermeister bevorzugten den Bus, da dieser nicht durch Schienen gefesselt war. Der Trolleybus ist ein Mittelding: unten frei, oben gebunden....

Die Tram dagegen roch unvergleichlich nach Ozon. In den alten Tagen gabs noch Schaffner, die zogen zum Abfahren an einer durch den ganzen Wagen gespannten Schnur, dann klingelte es beim Fahrer.

Er trug auch einen Münzautomaten aus Aluminium am Gürtel und gab einem mit schneller Bewegung des Daumens Kleingeld zurück. Hinten (am Triebwagen oder am Anhȁnger) war eine Plattform, man konnte so auch wȁhrend der Fahrt auf- und abspringen. Aussendran hingen die Trittbrettfahrer.

“Der Wagen fuhr vorbei an den aufgerissenen Abzugsgrȁben und den Erdhügeln der von den Mietskasernen aufgerissenen Strasse, schlingerte um die Ecke, kam dann wieder auf den Fahrdamm mit den Schienen der Tram...” (James Joyce, Ulysses, Kap.6, S.103)

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Zaungast_01

Zaungast_01 bewertete diesen Eintrag 20.04.2024 03:00:20

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