Memoiren einer Geschäftsreisenden - Hotel Bosnia, Sarajevo

Lange Zeit war ich geschäftlich mit dem Balkan betraut, vornehmlich Ex-Jugoslawien. Sobald es nach den diversen Kriegen in den verschiedenen Teilrepubliken bzw. neu entstandenen Staaten möglich war, bin ich hingereist. Wie zu erwarten, gab es nur in ganz seltenen Fällen schöne Hotels in den Städten, die ich besuchte.

So auch in Sarajevo. Keines wirklich aufregend. Und das "beste" noch dazu ausgebucht. Also haben mir meine Geschäftspartner ein Zimmer im Hotel Bosnia gebucht. Heute ein ordentliches Hotel, in dem man es sicher aushalten kann. Damals eine abgewohnte Kommunistenburg. Damit hatte ich schon gerechnet, aber dass ich auf solche Hindernisse stossen sollte ……

Bei der Ankunft wurde ich freundlich begrüsst, und der Rezeptionist begleitete mich zu meinem Zimmer. Es war Juli und verdammt heiß. Klimaanlage war keine zu erwarten, aber das Fenster würde ich gleich öffnen! Aber wo war das Fenster? Keines da! Nur eine Art Dachluke in der Decke. Das war mir dann doch zu viel bzw. zu wenig. Dieses Zimmer lehnte ich ab. Es musste unbedingt eines mit Fenster her, so viel Luxus verlangte ich auch in einer vom Krieg gebeutelten Stadt.

Der Rezeptionist holte rasch einen anderen Zimmerschlüssel, und ich war zufrieden. Es gab ein Fenster und es ließ sich öffnen.

Dann mußte ich auch schon wieder weg und kam erst spät am Abend vom Geschäftsessen zurück. Erledigt fiel ich ins Bett und schlief ein.

In der Früh stieg ich zunächst in die Dusche. Wasser war da, das war erfreulich. Und einen elektrischen Schlag bekam ich auch nicht beim Anfassen der Armaturen. Ich zog mich an und packte meinen Fön zum Haaretrocknen aus. War ich noch so schlaftrunken oder warum fand ich keine Steckdose? Weder im Bad noch im Zimmer. Wahrscheinlich hinter dem Kasten versteckt! Ich stemmte mich gegen das schwere Ding und schob es ein Stück von der Wand weg. Wieder keine Steckdose! Dann muss eine auf dem Gang sein, denn wie würden sie sonst den Teppich reinigen? Ich ging den ganzen Gang meines Stockwerks entlang, aber wieder nichts. Ich konnte doch nicht mit nassen Haaren zu einem Business-Meeting erscheinen! Also marschierte ich zur Rezeption, um zu fragen, wo ich in diesem Haus eine Steckdose finden könnte. Man bot mir die in der Rezeption an. Während also diverse andere Geschäftsleute dort auscheckten, steckte ich meinen Fön an und begann damit, mir unter den Augen der anderen Reisenden wieder ein zivilisiertes Aussehen zu verpassen. Verwunderte und amüsierte Blicke trafen mich, ein Mann wollte bei mir seine Rechnung bezahlen. Ich musste leider ablehnen.

Nach kurzer Zeit kam meine Geschäftspartnerin, um mich abzuholen. Sie sagte "Du hast heute aber die Haare schön!".

PS: In meinem Fotofundus habe ich das damalige Hotel nicht gefunden, denn das Ganze fand schon vor der Digitalfotografie statt, nur ein Bild vom zerschossenen Parlament aus 2003 kann ich bieten. Das Hotel war allerdings schon in einem besseren Zustand.

PPS: Ich war auch in einem Hotel mit ähnlich klingendem Namen - Hotel Bosna in Banja Luka. Das läßt schon böse Ahnungen aufkommen, aber darüber ein anderes Mal!

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Bernhard Juranek

Bernhard Juranek bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:07

Silvia Jelincic

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Herbert Erregger

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