"Hände hoch!" – oder ich erschieß mich.

Die krausen Argumente des Ing. Norbert Hofer und seines Anhangs zum Öxit und die wahren Fakten zur österreichischen EU-Mitgliedschaft.

Nun ist es soweit. Die Hofer-FPÖ will mit einer Öxit-Kampagne Druck auf die EU aufbauen, um essentielle Reformen weg von der Union zu erzwingen. Das mögen ihm vielleicht seine eingefleischten Anhänger glauben, aber jeder, der sich ein wenig mit den Fakten beschäftigt, weiß auch, wie wenig Gewicht eine solche Drohung in Brüssel haben wird. Ich bezweifle nicht einmal den möglichen Erfolg einer Öxit Kampagne, mittlerweile traue ich dem mündigen, klugen, sich für Politik interessierenden, für und wider sorgsam abwägenden Wähler praktisch alles zu, also auch eine solches Selbstmordvoting.

Argumentiert wird das ja immer so gerne mit dem Satz: "Alle Versprechen des EU Beitritts wurden gebrochen. Anstatt eines Aufschwungs ist es zu einer enormen Abwärtsentwicklung Österreichs auf fast allen Gebieten gekommen: von der steigenden Arbeitslosigkeit, der steigenden Staatsverschuldung, dem Verlust an Kaufkraft der breiten Masse, der steigenden Kriminalität bis hin zum zunehmenden ,Bauernsterben‘ und den massiven Verschlechterungen im Umweltbereich.“

Wir sind Nettozahler und das EU-Sozialamt

Aber ist das wirklich so? Aus der Nähe betrachtet, ist das nicht haltbar. Die Staatsverschuldung ist tatsächlich gestiegen. Aber ist das die Schuld der EU? Natürlich, die Nettobeiträge. Abzüglich aller Direktförderungen sind das jährlich 500 Millionen Euro. Da ist es auch völlig nebensächlich, dass sich die vergleichbar große Schweiz jährlich 2,3 Milliarden Euro leistet, um Zugang zum EU Binnenmarkt haben zu dürfen. Freilich ohne mitbestimmen zu dürfen. Experten gehen davon aus, dass lediglich die Stabilitätsregeln der Währungsunion die österreichischen Regierungen davon abgehalten haben noch mehr von unserem sauer verdienten Geld zu verschwenden. Übrigens ist es wohl so, dass wir bisher für die EU Mitgliedschaft, samt Griechenlandhilfspaket ungefähr so viel Geld ausgegeben haben wie uns bisher die Beseitigung des Hyposchlamassels gekostet hat. Und das könnte ja sogar noch teurer werden wie man weiß. Damit hatte aber die FPÖ rein gar nichts zu tun. Das waren nämlich böse FPÖisten. Denn die FPÖ ist eine Partei der rechtschaffenen, fleißigen und ehrlichen, wie Gerichtsurteile praktisch wöchtentlich beweisen.

Es gibt so viele Arbeitslose wie noch nie

Seit dem Beitritt zur EU sind in Österreich 450.000 neue Arbeitsplätze entstanden. Statt 3 Mio. Menschen wie vor dem EU Beitritt stehen heute 3,5 Mio. Menschen in Brot und Lohn. Die hohe Arbeitslosenrate ist eher auf Versäumnisse der österreichischen Politik zurückzuführen, wie z.B. die viel zu hohe Besteuerung von Arbeitseinkommen. Immerhin ist die Abgabenquote in 25 EU Ländern niedriger als in Österreich.

Auch ist es nicht so, dass die EU Österreich daran hindern würde seine Umweltschutzziele zu erreichen. Die Vorreiterrolle Österreichs aus den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts, auf die wir uns so gerne beziehen, ist dahin. Fast alle anderen EU-Staaten schaffen ihre Ziele. So bleibt wohl Zwentendorf das Cordoba der österreichischen Umweltpolitik. Aber der Österreicher an sich lebt halt ganz gerne in der Vergangenheit. Daher ist Österreich heute ebenso eine glorreiche Kultur- und Musiknation, Vorbild im Umweltschutz und Fußballgroßmacht.

Die Bauern sterben und alles ist viel teurer

Statistische Daten belegen, dass sich das Bauersterben seit dem EU Beitritt verlangsamt hat. Aus zwei Gründen: erstens sind unsere Landwirte die Hauptzielgruppe der EU Förderungen, denn das Landwirtschaftsbudget der EU macht fast 40% des gesamten Haushaltes auf, während lediglich 6% für die Verwaltung aufgewendet werden. Der Anteil der Verwaltungskosten am österreichischen Budget liegt da bei vergleichsweise schlanken 13%. Es ist daher zweifellos sinnvoll die österreichische Verwaltung zugunsten der wesentlich teureren in Brüssel auszubauen. Stirnrunzeln. Der zweite Grund ist, dass es nun für hochwertige landwirtschaftliche Produkte von Kleinerzeugern einen größeren Markt gibt. Immerhin beträgt der Anteil an gekauften Bio-Lebensmittel über alle Warengruppen bei uns nicht mehr als 6,7%. Schön, dass wir in einen gemeinsamen Markt exportieren können.

Auch der berühmte Ederer-Tausender ist eingetreten und zwar bereits nach wenigen Monaten. Besonders im Bereich der Lebensmittel sind die Preise nach dem EU Beitritt drastisch gesunken. Bei Milch, Mehl, Eiern und anderen Grundnahrungsmitteln wurde erst in den letzten Jahren wieder jenes Preisniveau erreicht, dass wir vor 1994 in Österreich bereits hatten.

Die abgehobenen Brüsseler Bürokraten

Im Bereich der Vorschriften und Regulierungen muss man einfach wissen, dass jede einzelne zuvor von einem Mitglied unserer Bundesregierung abgenickt wurde, nachdem alle gemeinsamen Regeln, bis vor kurzen sogar noch einstimmig vom Rat, das ist eine Vollversammlung aller Regierungschefs der Mitgliedsländer, abgesegnet werden mussten. Seit dem Lissabon Vertrag gibt es die sogenannte doppelte Mehrheit, d.h. es muss die Mehrheit der Staaten, wie auch der Stimmbürger gegeben sein. Ein Modell übrigens, dass das große Vorbild der FPÖ, die Schweiz nämlich, schon ein paar Jahre länger praktiziert.

Aber die Schweiz...

Ein vermutlich weiteres Argument der Raustrianer wird vermutlich sein: "Die Schweiz ist aber auch nicht in der EU und dort ist alles besser als bei uns." Nun ja, räusper. Die Wirtschaftdaten der Schweiz zeigen ein ganz anderes Bild. Seit die EU rigoros an der Trockenlegung von Steueroasen arbeitet geht es mit den BIP-Daten steil bergab. Für heuer ist erstmals ein geringeres Wirtschaftswachstum als in Österreich erwartet, und da muss man wissen, dass Österreich wegen seiner eigenen Versäumnisse beim Wachstum im hinteren Drittel liegt, hinter Kapazundern wie Spanien, Portugal und Slowenien. Die Stärke der Währung wurde zum Nachteil der Wirtschaft und der Bevölkerung. Bei der Armutsgefährdung liegt die Schweiz mit 0,3 Prozenktpunkten Vorsprung einen Platz vor Österreich aber hinter einigen EU Staaten, wie Dänemark oder den Niederlanden.

Das Verlassen der Union ist also wirklich eine gefährliche Drohung. Allerdings für Österreich.

Quellenverzeichnis:

http://wko.at/statistik/jahrbuch/budget-staatsausgaben.pdf

http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/4761384/Warum-ein-EUAustritt-eine-ganz-dumme-Idee-waere?xtor=CS1-15

http://wko.at/statistik/eu/europa-wirtschaftswachstum.pdf

http://ec.europa.eu/budget/explained/myths/myths_de.cfm

http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/themen/20/03/blank/key/07/02.html

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