Als sich unsere Familie entschlossen hat einen Asylwerber aufzunehmen, und mit uns leben zu lassen, hatten wir keine Ahnung, worauf wir uns einlassen. Unser Leben hat sich schon jetzt sehr verändert, aber bis jetzt in erster Linie positiv - auch wenn ein paar Anpassungsleistungen notwendig sind.

Wir haben uns auf unseren Gast sehr gefreut und ich muss sagen: zu Recht. Ein höflicher, ruhiger, junger Mann, dessen Hauptinteresse es ist, sich nützlich zu machen. Fast schon ein bisschen unangenehm für mich, wenn auf einmal wer sein Geschirr selbst verräumt. Dem Beispiel muss ich selbstredend folgen. Nutznießer ist also erstmal eindeutig meine Frau. Auch wenn er persönlich wenig hat, will er keine Almosen. Ihm ist wichtig, gleichberechtigt und vor allem auch gleichverpflichtet zum gemeinsamen Haushalt beizutragen. Nicht einmal eine prozentuelle Erleichterung beim gemeinsamen Einkauf konnte ich ihm einreden. "Ich fühle mich nicht gut dabei", sagt er. Eine gewisse Umstellung ist es natürlich, die Badezimmertür abzusperren und nicht nackt durchs Haus zu laufen. Ich will ja keinen Neid auslösen ;) Ansonsten profitieren wir momentan in erster Linie durch nette Gesellschaft und interessante Geschichten aus einer anderen Kultur - und kulinarisch natürlich - wir mixen klassische österreichische Küche, also beispielsweise Burritos oder Lasagne, mit klassischen syrischen Gerichten, z.B. Brathuhn mit Kartoffeln.

Eine interessante Erfahrung war die Anmeldung bei der Gemeinde. Erstmal, unsere Gemeindebedienstete war sehr bemüht und nett. Dafür danke. Gleichzeitig ist aber die Vorgangsweise für den Privatverzug gänzlich unbekannt - und daher geht erstmal ohne Zuweisung vom Land gar nichts. Was die Caritas zu sagen hat, ist rechtlich nicht relevant, erklärt man mir. Erst ein Anruf bei der Abteilungsleitung des Flüchtlingsreferates bei der Landesregierung bringt Bewegung. Dann geht alles schnell und genauso bürokratisch wie bei jedem anderen. Denn anders als bei einer Zuweisung durch das Land, gibt es beim Privatverzug nur Grundversorgung, wenn Meldezettel und Mietvertrag vorliegen. Die Abwicklung übernimmt übrigens die Caritas, auch hier hat man nach 1-2 Telefonaten den richtigen Ansprechpartner und auch bald danach die notwendigen Infos.

An dieser Stelle frage ich mich, ob man nicht diese Richtlinien, sowohl bei der Caritas als auch beim Land, schriftlich festhalten könnte, und sie den beteiligten Stellen, wie den Gemeindeämtern, zur Verfügung stellt. Ich habe vollstes Verständnis für unsere Gemeindebedienstete. Sie will nichts falsch machen. Aber es ist in Summe ein Zeichen mangelnder Organisation. Ich könnte mir vorstellen, dass noch viel mehr Menschen Asylwerber beherbergen würden, wäre es etwas einfacher. Allerdings muss man dazu sagen, dass es nicht so kompliziert ist, dass man es ernsthaft als Ausrede gelten lassen könnte.

Aber auch außerhalb unseres Haushaltes gibt es positive Neuigkeiten. Ein Freund hat meine Berichte gelesen und wird in einer Wohnung, anstatt diese zu vermieten, eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen. Das freut mich ungemein, und es zeigt, dass es in diesem Land viele gute Menschen gibt. Gute Menschen sind für mich Menschen, die nicht von anderen fordern, sondern selbst handeln und beitragen was ihnen möglich ist. Daher werde ich auch weiter blogen, weil ich hoffe, dass diese Beispiele Schule machen. Denn wenn jeder beiträgt. was er kann, dann haben wir kein "Asylproblem".

Stay tuned. :)

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Darpan

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GurkTheElder

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Veronika Fischer

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