Offener Dankesbrief an die deutsche Bundesregierung und Claudia Roth für das Megaevent mit Mevlüt Çavuşoğlu und seinem Gefangenenchor in Hamburg

Warnung! Der folgende Text enthält bissige, sarkastische und stellenweise sehr makabere Satire. Wenn Sie diese nicht ertragen, hören Sie sofort auf zu lesen!

Allerwerteste Frau Merkel samt grützesülzender deutscher Bundesregierung,

Allerwerteste Claudia Roth als in der Sache schillerndste Oppositionsvertreterin,

ich möchte Ihnen von ganzem Herzen danken!

Indem Sie epische Auftritte, wie den des türkischen Außenministers Mevlüt Çavuşoğlu am Dienstagabend in Hamburg, im Namen unserer demokratischen Werte Meinungs- und Versammlungsfreiheit verteidigen, erweisen Sie sich als wahres Bollwerk gegen Intoleranz und für unsere freiheitlich-europäischen Errungenschaften. Den pädagogischen und gesellschaftlichen Nutzen solcher Auftritte haben Sie voll erkannt und die anderen gut 80 Millionen Vollpfosten, sollten das auch tun. Schließlich verteidigen Sie auch deren Freiheit.

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Und wahrlich, der türkische Außenminister beglückte die Hansestadt mit einem leidenschaftlichen, bewegenden und aufrüttelndem Appel an freiheitlich-demokratischen Werten. Ja, er bewies, dass er mehr vom Grundgesetz der Bundesrepublik versteht, als die meisten, „die schon länger hier leben“.

Nein, Herr Justizminister Maas, einen solchen Musterdemokraten dürfen wir nicht dem russischen Zaren überlassen! Sie haben, wie immer in Ihrer unendlichen Weisheit, Recht!

Kraft des ihm und seinen topintegrierten Anhängern verliehenen Rechts auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit entlarvte er Deutschland als ein Land voller Nazis, dass die armen Türken, wo es nur gehe, diskriminiere, benachteilige und gängele.

Statt wie die deutschen Nazis auf Mallorca „Däpp, däpp, däpp Johnny Däpp!“ zu gröhlen und einen Büffelgötzen zu bejubeln, empfingen die Jubeltürken ihren messianischen Befreier vom deutschen Joch mit Sprechchören: "Yallah, bismillah tekbir allahu ekber". Sowohl in Teilen des Textes als auch bei der Melodie orientierte sich diese reale Version des Gefangenenchors aus Giuseppe Verdis Oper Nabucco in der Stadt der Elbphilharmonie am typischen Singsang der marschierenden türkischen Armee.

Diese chantet ihn nicht nur bei Übungen, sondern ebenfalls bevor sie kurdische Städte wie Cizre zerstört, in deren Kellern gleichzeitig extralegale Hinrichtungen durchführt, oder mit ihren verbündeten Dschihadistenmilizen in Syrien auf Christen- und Alawitenjagd geht.

Die unintegrierbaren, vor allem alevitischen und kemalistischen, Gegendemonstranten von Hamburg berichteten zudem, mit skandalös negativem Unterton, über „Allahu akbar“-Rufe aus den Fenstern des türkischen Konsulats bis spät in die Nacht.

Was wollen die überhaupt?

Militaristische und nationalislamistische Gesänge sind doch eine Supersache!

Gut, dass die AKP-Fans diesen aufmüpfigen, notorisch unzufriedenen Meckerern und Integrationsverweigerern eine Lektion in Sachen Religionsfreiheit und Demokratie erteilt haben!

Es ist ja schließlich nicht so, dass wir es beim Auftritt Çavuşoğlus mit einem pathetischen Schmierentheater à la turca zu tun gehabt hätten, das von Nationalismus, religiösem Fundamentalismus und Militarismus gewürzt mit absurdem Opfernarrativ geprägt war.

Niemals! Wer das so sieht, leidet unter einem krassen Integrationsdefizit!

Nein für wahr, so klingen Schreie und Reden echter Freiheitskämpfer, die unter Unterdrückung und Diskriminierung nur so ächzen.

Frau Merkel, Frau Roth, Herr Gabriel, wäre es nicht an der Zeit ein weiteres Zeichen der Solidarität mit diesen armen Opfern zu setzen?

Könnten nicht genau ihre Sprechchöre zu der neuen deutschen Nationalhymne gemacht werden, die die Germanskis brauchen?!

Zugegeben, es würde ihnen einiges abverlangen, und vielleicht ist es auch noch ein wenig zu früh für diesen Schritt, der Deutschland zweifelsohne und alternativlos auf die nächste glorreiche Stufe der Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Barmherzigkeit, Lieblichkeit und idealen Demokratie führen muss.

Vielleicht bedarf es eines Zwischenschritts, um den Deutschen diese Werte und dieses Ziel behutsamer und langsamer beizubringen.

Wie wäre es z.B. vorher ein paar anderen Kämpfern für Meinungsfreiheit und andere essentielle Werte, Wahlkampfauftritte in Deutschland zu gestatten?

Um den Bezug zur, längst überfälligen Änderung der Nationalhymne nicht zu verlieren, sollten natürlich echte, nazifreie Freunde der türkischen Regierung dabei bevorzugt werden.

Wäre es nicht ein überaus freiheitlicher und demokratischer Gedanke, zeitnah nachzulegen und einen turanistischen Bruder der AKP-Regierung nach Deutschland zu holen?

Islam Karimow, der Kochprofi von Usbekistan, bietet sich hier an wie kein Zweiter. Der Grad an Demokratie und Meinungsfreiheit der erreicht werden könnte, wenn er seinen Anhängern und der deutschen Öffentlichkeit erklärt, dass es gut ist mit politischen Gefangenen so umzugehen, wie Paul Bocuse mit Hummern, wäre immens!

Mit ein bisschen Glück ließe sich vielleicht ein Tim Mälzer dazu bewegen, bei Kitchen Impossible gegen ihn anzutreten. Dass der sympathische, aber etwas vorlaute Starkoch aus Pinneberg gerade wegen letztgenannter Eigenschaft wohl nur vorgekocht und tiefgefroren aus Taschkent wiederkommen würde, wäre doch nur ein unbedeutender Kollateralschaden für das höhere Ziel von mehr Demokratie und Meinungsfreiheit. Ein bisschen Schwund ist immer, nicht wahr?!

Und noch ein Bote der Freiheit sollte nicht fehlen, auch wenn er seit wenigen Monaten nicht mehr an der Spitze seines kleinen aber feinen, westafrikanischen Landes steht. Durch seine militärische Ausbildung Ende der 1980er in Kleinasien bereits, verbindet ihn eine tiefe Freundschaft zum Mutterland von Demokratie und Freiheit, dem neoosmanischen Kalifat.

„Seine Exzellenz“ Yahya Jammeh ist nämlich Dutzfreund des türkischen Musterdemokraten Recep Tayyip Erdoğan.

Als solcher war er jahrelanger Empfänger überaus großzügiger, humanitär geradezu rührender Entwicklungshilfe aus Ankara, die er verantwortungsvoll nutzte, um 1.) seinen Soldaten Munition zu kaufen, mit der sie am lebenden Objekt, also am Antiregimedemonstranten, üben konnten, um 2.) Schleifsteine und Schwerter zu beschaffen, um Homosexuelle, die nicht rechtzeitig das Land verließen, ihrer Köpfe zu entledigen, und 3.) schließlich 2015 weise und vorrausschauend einsetzte, um aus Gambia ganz offiziell einen islamischen Gottesstaat zu machen.

Bei soviel Meinungsfreiheit lacht das Demokratenherz, oder?!

Ja, dieses personifizierte Beispiel des Erfolgs und der Effizienz von humanitärem Engagement und Demokratieexport durch die Türkei in und nach Afrika darf der intoleranten deutschen Bevölkerung nicht vorenthalten werden!

Frau Roth, Sie, die Bundesregierung und ich haben denselben Traum! Lassen Sie ihn wahr werden! Holen Sie diese Demokraten erst einzeln nach Deutschland, damit die Bevölkerung hierzulande endlich Demokratie lernt.

Und wissen Sie, was dem Ganzen die Krone aufsetzen würde?

Ich sage es Ihnen: Wenn wir es gemeinsam schaffen würden eine Art Boyzone-Revival-Band, bestehend aus Recep Tayyip Erdoğan, Islam Karimow und Yahya Jammeh ins vollbesetzte Berliner Olympiastadion zu bekommen!

Dort würden sie aus Deutschland endlich ein wirklich demokratisches Land machen, wenn sie ihre Version des Neue-Deutsche-Welle-Hits „Tanz den Mussolini“ von DAF performen!

Nach diesem Auftritt wird die Bevölkerung dann endlich bereit für die, bereits angesprochene, Änderung der Nationalhymne sein. Und was mit dem Teil zu tun ist, der es nicht sein wird, weiß die Boyzone-Revival-Band! Ihr Einsatz, Ihre geballte Kompetenz und Ihr stahlhartes Rückgrat machen mich zuversichtlich, dass sie auf das Trio hören werden.

Allerwerteste grützesülzende deutsche Bundesregierung,

Allerwerteste Claudia Roth,

ich danke Ihnen unendlich vielmals, aber ruhen Sie sich bitte nicht auf Ihren Lorbeeren aus. Es gibt noch viel zu tun! Wir schaffen das!

Höchstaufsessig,

Ihr unintegrierbarer Julian Tumasewitsch Baranyan

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