In beste Freunde verliebt man sich nicht …

Hey, mein bester Freund, das hier wollte ich schon lange tun. Und hab’s doch die ganze Zeit nur aufgeschoben. Weil ich nicht weiß, mit welchen Worten man so einen Brief beginnt. Und weil ich nicht weiß, was passiert, wenn ich diese Zeilen fertig geschrieben hab. Aber ich bin schon viel zu lange und viel zu weit weggelaufen. Seit unserem ersten Kuss, bin ich auf der Flucht. Und langsam geht mir der Atem aus …

Mein halbes Leben lang bist du schon da. Ich erinnere mich an elendslange Mails, die wir einander geschickt haben. So viele Partys, die wir zusammen gefeiert haben. So viel Neues, das wir gesehen haben. So viele Erinnerungen, die wir gesammelt haben. Höhen, Tiefen, Selbstfindung – immer mit dir an meiner Seite. So viel getanzt, so viel gelacht, so viel erlebt. Du bist mein allerbester Freund. Du bist der rote Faden, der sich durch mein Leben zieht.

Ich erinnere mich, wie du mir mit 16 heimlich unter dem Küchentisch meiner Eltern die Hand aufs Knie gelegt hast. An einem Samstag Abend sind wir mit Freunden zusammengesessen. Ich hab’s gemocht. So wie jede dieser zufälligen Berührungen, die meist voller Absicht waren. Millionen Male haben deine Finger meine gestreift. Und meine deine. Millionen Male hab ich mir gesagt: In beste Freunde verliebt man sich nicht.

Stattdessen haben wir andere geliebt. Und manchmal nur so getan. Wir haben Beziehungen geführt und auf unsere Freundschaft beharrt. Irgendwann haben wir uns geküsst. Es ist einfach passiert. Und danach immer wieder. Wir sind jung, da macht das nichts. Nach jedem Kuss bin ich zurück in mein anderes Leben, 200 Kilometer weg von dir. Und sowieso: In beste Freunde verliebt man sich nicht.

Irgendwann hat das mit dem Küssen aufgehört. Weil plötzlich alles auf der Kippe stand. Und uns unsere Freundschaft das Wichtigste war. Das Vertraute wollten wir beide nicht verlieren. Das Beständige nicht loslassen. Viel zu viel hing daran. Eine ganze Clique. Besser mit anderen rummachen, anstatt alles kaputt und kompliziert zu machen. Der Kopf hat gesagt: In beste Freunde verliebt man sich nicht. Der Kopf hat entschieden.

Und mein Herz hat’s doch getan. Es hat sich verliebt. In dich. Ich hab mich in dich verliebt.

Die letzten Wochen haben wir uns oft gesehen. Viel öfter als sonst. Und umso deutlicher hab ich gespürt, wie glücklich ich bin, wenn du da bist. Meistens waren auch andere dabei. Und wenn du die ganze Gruppe unterhalten hast, hab ich dich manchmal heimlich angesehen. Und mir dabei vorgestellt, wie es wäre, wenn du und ich … Manchmal hast auch du mich angesehen. Beiläufig, im Gespräch. Ich hab über deine Witze gelacht und mir insgeheim gedacht: Los, küss mich endlich wieder! Und ab sofort jeden Tag in meinem Leben. Manchmal bist du an meinem Blick hängen geblieben. Manchmal hast du dich weggedreht und mit anderen geflirtet. Und ich hab mich im Kreis gedreht. Seit Jahren tu ich das. Mir ist schwindlig davon.

Mein halbes Leben lang bist du schon da. Und mein ganzes steht deinetwegen Kopf. Ich hab mich in meinen besten Freund verliebt. Vielleicht hab ich dich sogar schon immer geliebt …

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Karla

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fischundfleisch

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Silvia Jelincic

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