Der Alptraum der österreichischen Gastronomen ist also Gewissheit geworden: Es ist Schluss mit schwarz! Mit keinem Seidl, keinem Achterl, keinem Schnitzerl, keinem Schnapserl, ja nicht mal mehr mit einer Portion Pommes kann man ein paar Cent dazu verdienen. Die große, graue Wolke der Steuer hüllt die Schankstuben in einen depressiven Nebel. Ausweglosigkeit, Verzweiflung und Angst machen sich breit. Wie können die nur? Das muss doch ein jeder verstehen, dass der Staat doch Bitteschön beim Wirten, bei dieser Institution der Menschlichkeit und des sozialen Zusammenhalts in der Gesellschaft - egal ob in der Stadt oder am Land - nicht zugreifen darf. Die zahlen doch eh Steuern, zum Beispiel wenn sie einkaufen gehen die Mehrwertsteuer. Und jetzt soll ihnen auch noch beim Ausschenken wer in die Tasche greifen?

"Ein guter Wirt erspart drei Psychiater", hat Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl (passenderweise zum Beginn der Fastenzeit am Aschwermittwoch) gemeint. Da ging es noch ums generelle Rauchverbot in der Gastronomie. Inzwischen geht es Leitl um die Registrierkassenpflicht, die vor allem die Gastronomen "trifft". Das heißt nichts anderes, als dass sie künftig nicht mehr ganz so einfach am Finanzamt vorbei wirtschaften dürfen.

Wer kennt die kecke Rückfrage des Kellners nicht, wenn man eine Rechnung verlangt: "Mit oder ohne Mehrwertsteuer?" Bei manchen Gastronomen wird man überhaupt als Feind betrachtet, wenn man nach einer - schriftlichen - Rechnung verlangt. Allein daraus lässt sich schließen, dass eine ordentliche Buchhaltung in der Gastronomie eher nicht zur Lieblingsbeschäftigung zählt. Das soll jetzt keine Pauschalverurteilung sein, natürlich gibt es auch genügend Ausnahmen.

Und: Niemand will ein Wirtesterben, aber ist es wirklich notwendig, genau hier die Tür zum Steuerbetrug so weit offen zu lassen? Und das gefordert vom Präsidenten der Wirtschaftskammer? Sollte es nicht im Sinne der Kammer - als verfassungsrechtlich festgeschriebener Zwangsmitgliedschafts-Eintreiber - sein, dass alle ihren Beitrag zum System leisten? Ist es nicht Aufgabe ebendieser Kammer, Gesetzesverstöße und Schwarzgeschäfte zu verhindern, indem sie ihre Mitglieder informiert, berät und unterstützt? Grenzt es nicht an Amtsmissbrauch, offen gegen ein Gesetz aufzutreten, das eine weit verbreitete - gesetzeswidrige - Praxis unterbinden soll?

Warum tut sich Leitl das an? Die Wirtschaftskammerwahl ist geschlagen, er hat sie gewonnen. Die Angst vor der Abwahl kann es also nicht sein. Vielleicht ist es ja die Angst vor dem nächsten Gasthaus-Besuch. Einen Leitl erkennt jeder Wirt in ganz Österreich. Wäre doch peinlich, wenn der Herr Präsident nicht mehr bedient wird. Dem beugt er mit seiner offenen Kritik an der - von seinem zweiten Ich mitbeschlossenen - Steuerreform vor. Persönlichkeitsspaltung ist ja behandelbar. Warum vom Psychiater, wenn es auch Wirten gibt?

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Bernhard Juranek

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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