Gegen falsch verstandene Toleranz: Aufklärung tut not

Ein Beitrag zur Ideologie des politisierenden Islam, seine Verschleierungsstrategien und eine politische Perspektive diesseits der Strache-FPÖ und in Konfrontation zu ihr. Versuch einer dialektischen Antwort auf die Kommentare der anderenim Standard vom 24.06.13.

In Österreich sind wir den politischen Katholizismus mühsam und mit Blutzoll los geworden, schrieb der Schriftsteller W. Wipperberg sinngemäß im Standard. Daran anschließend verwehrt er sich nun mit einem politisierenden Islam konfrontiert zu werden. Und dies will er ohne ins rechte Eck gestellt zu werden auch laut sagen dürfen.

Im Gegensatz dazu versteigt sich darunter auf derselben Seite Herr Dr. Farid Fafez, Politologe und seines Zeichens Herausgeber des Jahrbuchs für „Islamophobie“-Forschung, zur Behauptung eines „Rassismus in Grün“.

Beginnen wir unsere Betrachtung bei Letzterem. Genau diese Zuschreibung von Rassismus und Islamfeindlichkeit an eine bestimmte Gruppe, in diesem Fall die Grünen, ist die Methode der „Islamophobie“, nämlich Kritiker mundtot zu machen. Islamophobie gibt sich wissenschaftlich und ist doch nur eine ideologische Verschleierung des politisierenden Islam. Und Politik machen heißt einen Machtanspruch stellen und wird in der Politologie meist definiert als die Fähigkeit, das Verhalten anderer zu beeinflussen.

Aus der Geschichte wissen wir leider allzu gut wozu politisierende Religionen fähig sind und welch grausame Konsequenzen sie haben können. Die röm. kath. Kirche ist dafür ein fast zweitausend Jahre währendes Beispiel mit Kreuzzügen gegen den Islam, Hexenverbrennungen in Europa und Beteiligung am Genozid an der amerikanischen Urbevölkerung. Sie konnte nur mühevoll von der europäischen Aufklärung mit viel Blutzoll zurückgedrängt werden, was praktisch bis zum II. Vatikanischen Konzil dauerte. Fairerweise muss man ihr und anderen christlichen Kirchen heute zugestehen, dass sie ihre Lektion im Großen und Ganzen gelernt haben und sich nicht mehr in Politik einmischen. Ihren weltlichen „Arme“, Caritas oder Diakonie, möchte heute kein human gesinnter Mensch missen.

Ein anderes Beispiel für (versteckte) politische Religionen sind der Nationalsozialismus und Stalinismus (vgl. Eric Voegelin, M. Ley u.a.): Die Verdrängung des Religiösen stattdessen reflektorische Auflösung hat zu dessen Wiederkehr in obigen Systemen geführt. Eine der wesentlichen Gemeinsamkeiten in all diesem totalitären System ist der absolute Wahrheitsanspruch und die streng hierarchische Gliederung. Die Auswirkungen dieser politischen Religionen sind bekannt. Sie sind deshalb so gefährlich, weil sie das fanatische Eiferertum von streng Gläubigen (Gott wird durch eine Ideologie ersetzt: Volk, Vaterland, Kommunismus) instrumentalisieren können und organisatorisch effektiv für ihre (politischen) Zwecke einsetzen. In letzterem (Effizienz) war der Hitler-Faschismus in dem von H. Arendt so benannten Zivilisationsbruch der Shoa geschichtlich unerreicht. Und da im Dritten Reich überdurchschnittlich viele Österreicher an führender Stelle mit organisiert und damit (indirekt) mit geschlachtet haben, liegt es nach Ansicht des Verfassers gerade an Österreich und der Söhne- und Enkelgeneration sich über aktuelle Analogien Gedanken zu machen; ohne andere Population aus der Verantwortung zu nehmen. Diese historische Verantwortung werden wir wohl noch einige Zeit zu schultern haben. In Österreich haben wir einmal gerade vor rd. 30 Jahren damit begonnen uns mit den Verbrechen des Dritten Reiches auseinander zu setzen (Waldheim sei Dank).

Will ein Teil „des“ Islam politisch sein, also das Verhalten anderer bzw. einen Staat beeinflussen? Diese rhetorische Frage kann eindeutig mit JA beatwortet werde. Statt aus dem Koran zu zitieren, in dem wie in der Bibel fast alles und das Gegenteil „bewiesen“ werden kann, sollen exemplarisch einerseits Originalzitate (z.T. nach W. Wippersberg) von heutigen Islamvertretern („Eliten“) und andererseits kritische Wissenschafter zu Wort kommen.

RecepTayyip Erdogan (RTE) nannte 2008 bei einem Deutschlandbesuch die Assimilation – darunter versteht er offenbar eine vertiefte Integration – ein „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“. Jetzt verstehen hoffentlich alle Leser, warum ich oben die politischen Religionen und ihre furchtbaren Auswirkungen skizziert habe. Diese Verbrechen waren gegen die Menschlichkeit gerichtet. RTE wird wohl wissen was er sagte. Damit vergleicht er aber ganz bewusst und direkt das heutige Deutschland mit dem Hitlerfaschismus. Dies ist die Taktik der Islamophobie !

RTE legte bei einem Meeting im Februar 2010 in Istanbul den anwesenden türkischstämmigen Politikern aus europäischen Ländern nahe, die politischen Interessen der Türkei zu vertreten– und nicht etwa der Türken im jeweiligen EU-Staat. Dazu sei es auch nützlich die Staatsbürgerschaft zu erwerbe, weil diese bessere Bedingungen bringe. – Peter Pilz hat also genau richtig seine Finger in eine problematische Wunde der regierende AKP gelegt und nicht etwa „die“ Türken rassistisch kritisiert.

Auch der Herausgeber des Jahrbuchs für „Islamophobie“-Forschung soll nicht zu kurz kommen und der Titel seiner Jahrbücher einer kritischen Würdigung unterzogen werden. Wie oben kurz angedeutet ist der Begriff „Islamophobie“ ein Kampbegriff der konservativ-islamischen „Eliten“ (wie sie dies auch verstehen), um ihre Religion vor aufgeklärter Kritik zu schützen und immunisieren. Motto: Kannst Du das Argument nicht widerlegen, denunziere den Überbringer als Rassist, noch besser bezichtige ihn des Antisemitismus. Letzteres ist in Europa, wenn's stimmt, wirklich der stärkste Vorwurf den man einem Politiker machen kann (Österreich ist da leider großzügiger …). Der Begriff Islamophobie unterstellt nämlich eine psychische Krankheit, die durch den Islam ausgelöst wird. Soziale Phänomene, z.B. politische Macht erringen wollen, werden damit ins Psychische (im Wortsinn) verdrängt und damit der Kritik entzogen. Dieselbe psychologisierende Begrifflichkeit verwendet er, wenn er von „Assimilationslüsten“ schreibt. Was ist denn das? Kann Assimilation, so sie stattfindet, eine Lust sein ?! Schon allein dieser Begriff würde eine ganzen weiteren Artikel über Sexualitätsverständnis manch seiner Islam-Vertreter ergeben. Oder er zieht die Kritik ins Moralische, wenn Dr. Hafez den Grünen unterstellt zwischen  „guten Muslimen auf der einen und den bösen auf der anderen Seite“ zu unterscheiden: Alkohol und Schweinefleisch gegen wertkonservativ und streng gläubig. Letztere sind für ihn offenbar die „Guten“. Er läuft dabei, wenn auch unbeabsichtigt, in die Falle der echten Rassisten und Ausländer-Raus-Parteien. Denn diese haben diese Unterscheidung in die Welt gesetzt, um ihre Gegner – so nehmen sie den Islam als Kollektiv wahr – zu spalten. Im Adorno’schen Sinn verdoppelt er damit deren moralischen Deutungsanspruch. Für ihn ein Beispiel „wie weit rechts stehende Positionen Stück für Stück in ein bisher programmatisch antirassistisches Milieu Eingang gefunden haben“. Pardon, der Mann hat in Politologie promoviert !? Und unterscheidet nicht einmal zwischen den praktischen Aussagen,geschweige denn derPraxis eines Repräsentanten und der Programmatikeiner ganzen Partei. Es fällt mir schwer die Polemik nur anzudeuten: Zwischen Praxis und Programmatik ist ein kleiner Unterschied …

Die Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), ein Zusammenschluss aller islamischen Länder, fordert seit Jahren von allen Staaten der Welt, „Islamophobie“ unter Strafe zu stellen. Diese Forderung ähnelt dem Mafiaparagraphen 278a in Österreich, der kritische NGOs mundtot machen soll. Die OIC will also „Gotteslästerung“, darunter versteht sie nach eigener Aussage „die Diffamierung des Islam sowie von Persönlichkeiten und Symbolen, die den Muslimen heilig sind. Neben Journalisten und Künstler (Karikaturenstreit) wären dann auch Wissenschafter betroffen, die sich kritisch mit dem Islam auseinandersetzen. Wenn ich also z.B. als Atheist  behaupte, Allah existiert nicht oder sogar als islamischer Historiker Mohammed als historische Figur in Frage stellen, mache ich mich strafbar. Nochmals Pardon: Ja geht’s noch ?! Sind meine Zeilen jetzt schon islamophobisch und sollten strafbar sein?)

Und hier sind wir bei einem der heikelsten Punkte im Selbstverständnis eines Teiles der islamischen Eliten und deren Verdrängungen angelangt. Die Rückständigkeit der arabisch-islamischen Welt in vielerlei Hinsicht. Auch ein Kriterium für „Islamophobie“. Wobei diese Einschätzung nicht von abendländisch-dünkelhaften „Eliten“ stammt, sondern schon im 19. Jahrhundert von arabischen Gelehrten ausgesprochen und nieder geschrieben wurde. Als ein Beispiele sei der ägyptische Gelehrte Rifa’aRafi al-Tahtawi genannt, der nach einem Parisaufenthalt 181826ff. sein Pariser Tagebuch veröffentlichte, worin er die Muslime aufforderte „nach den fremden Künsten und Fertigkeiten zu streben“ um die zivilisatorische Überlegenheit der Europäer wett zu machen (s. Heiko Heinisch u.a.). Es gibt genügend weitere islamische Intellektuelle, die zum selben Schluss kommen und eine Art „islamische Aufklärung“ fordern. Bis heute machen sich einige unter denselben klerikal-autoritären Bedingungen wie einst Kopernikus und Galilei Gedanken über die gebremste Entwicklung der islamisch-arabischen Gesellschaften. Sogar bis Riad ist der kritische Geist gedrungen …

Die Türkei hat sich übrigens durch die kemalistische Revolution, die den Islam zurückdrängte, die Basis für ihre wirtschaftlich und z.T. auch gesellschaftliche Entwicklung zu mehr Freiheiten geschaffen. Atatürk indirekt seinen Raki-Konsum vorzuwerfen, wie es RTE tat, zeigt den Unterschied zwischen den Persönlichkeiten.

Die Chuzpe an diesem Themenkomplex ist allerdings die Tatsache, dass wir Europäer ohne dissidente, islamisch-arabische Gelehrte, wie den Philosophen ibn-Ruschd (Averroes) keine Kenntnis von der griechischen Philosophie erlangt hätten. Dieser übersetzte im 12. Jahrhundert (!) Aristoteles u.a. ins Arabische und schuf durch seine erzwungene Emigration nach Spanien die Grundlagen für die Lateinischen Übersetzungen. Ohne diesen und andere islamisch-arabische Gelehrte keine Renaissance, keine Aufklärung, keine industrielle Revolution usw. Die Verantwortung liegt bei der islamischen Orthodoxie und ihrem Machtanspruch. Die Muslime hätten allen Grund stolz auf ihre wenigen Intellektuellen zu sein, wenn man diese nicht vertrieben hätte. Europa hat profitiert, wir könnten also ruhig etwas „zurückgeben“. Es müsste nur angenommen werden …

Die grünen Abgeordneten Dönmez und Pilz haben eine Diskussion angestoßen, die vor allem links der politischen Mitte längst überfällig war: Die kritische Auseinandersetzung mit dem politisierenden Islam und anderer Migrationsströme auf Basis der Menschenrechte und Menschenwürde und vor allem in wechselseitigem Respekt und Achtsamkeit tut Not. Diese Werte inkludieren die „alten“ Ideale von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, heute ergänzend zu konkretisieren mit Antirassismus, Antisexismus, Bildung und Demokratie für alle – im Weltmaßstab. Eine Vision; wer keinehat soll zum Arzt gehen.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:00

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