Gemeinsame Blogreihe von Tourix und Matt Elger. Teil 2: Währung – Vertrauen in die Regierung und Angst um das Haben

„Der Maastrichter Vertrag verbietet ausdrücklich, dass die EU oder die anderen EU-Partner für die Schulden eines Mitgliedstaates haften. Mit den Stabilitätskriterien des Vertrags und dem Stabilitätspakts wird von vorherein sichergestellt, dass die Neuverschuldung auf unter 3% des Bruttoinlandlandproduktes(BIP) begrenzt wird. Die Euro Teilnehmerstaaten werden daher auf Dauer ihren Schuldendienst leisten können. Eine Überschuldung eines Euro-Teilnehmerstaats kann daher von vornherein ausgeschlossen werden.“ So ein Wahlprospekt der CDU aus dem Jahr 1999, also vor der Euroeinführung.

Auffallend das Wort Stabilität und Schulden stehen im Mittelpunkt und werden mehrfach wiederholt.

Worum geht es in einer Währung? Es geht um das Geldwesen, meist eines Staates, das innerhalb eines Raumes gilt, von einer zuständigen Instanz kontrolliert wird. Abheben tun sich dabei die freie Handelbarkeit an den Devisenmärkten und die Leitwährungen. Das war der Grund für die Einführung des Euros. Man hatte in der EU nur das Pfund als Leitwährung, der aber relativ wenig Anerkennung hatte, die DM noch weniger. Man wollte daher eine Währung für den EU Raum schaffen und damit eine Leitwährung. Der Vorteil einer Leitwährung: Die Herausgeber profitieren von der Inflation, ist diese Währung weit verbreitet, wie der Dollar, dann um so mehr. Es sind ca. 800 Mrd. Dollar im Umlauf, 2% Inflation bedeutet für die Herausgeberland 16 Mrd. Gewinn je Jahr.

Inflation: Die jährliche Wertverlust der Währung, gemessen an Preisänderungen von Gütern(Güterkörben) wobei viel geschummelt wird, denn Inflation ist bei den Sparern natürlich unpopulär - Tourix hat das Thema im Blog 1 beschrieben.

Das Problem ist die stetig zunehmende Verschuldung der Staaten, in den letzten Jahren, wo der Staat also die Allgemeinheit für die Verluste/Risiken einzelner einsprang hat sich dies drastisch erhöht. Sozialausgaben, Kriege, Infrastruktur, Sicherheit belasten normal am meisten die Staatsausgeben, Einnahmen kommen aus Unternehmens- und Bürgersteuern. Das BIP ist eine Art Messgröße was über Steuereinnahmen möglich ist, man kann nicht 100% Steuer verlangen, denn braucht man auch nix produzieren, weil man nichts einnimmt. Südeuropa hat eine starke Bürgerschaft, d. h. Steuererhöhungen sind/waren schwer durchzusetzen, die Staatseinnahmen waren drastisch unter den Ausgaben, die Schuldenstände expandierten. Vor der Euroeinführung tricksten die dortigen Regierungen etwas herum, man schob durch expansive Herausgabe weitere Banknoten die Inflation teils um hohe Beträge(teils 10%) an, wohlgemerkt nicht nur Südeuropa, auch die USA oder Deutschland. Es wurde davon ab und an in den Nachrichten berichtet.

Mit der Euroeinführung war mit der 3% Hürde dies praktisch begrenzt. Einige Länder, wie Griechenland schafften es quasi nie diese Hürde einzuhalten, es wurde weggeschaut. Der Witz, gerade Deutschlands Wirtschaft schwächelte seit Ende der 90iger und Anfang des Jahrtausends und den drastischen Ausgaben aus der wirtschaftlich verkorksten deutschen Vereinigung wegen zu hoher Lohn- und Sozialkosten und Schröder weichte die 3% Hürde auf indem er sich selbst nicht daran hielt. Andere Staaten, wie Frankreich,… waren da sofort dabei. Die Geschichte nahm seinen Lauf.

Wir sehen nun die Folgen. Verschuldung unter 60% des BIP hat nahezu kein Euromitglied, nur einige Osteuropäer. An den Pranger stellen hilft nicht. Die Wirtschaften und das Konsumverhalten weist enorme Differenzen zwischen den Ländern und Regionen auf. M. Draghi setzt zum Ausgleich massive Herausgabe von Geld ein, d. h. er kauft für 60 Mrd. je Monat Anleihen auf in der Hoffnung, dass diese über neue Kredite und Ausgaben die Wirtschaft im ganzen Euroraum ankurbelt. Tut es aber nicht. Italienische Schuldner bekommen immer noch schwerer Kredite, obschon sie dies nötiger hätten als Nordeuropäer, eben weil sie als ausfallgefährdeter gelten. Diese Anleihekäufe schlugen sich damit vor allem in den Finanzmärkten nieder, schaukelten die Aktienkurse hoch, die Anleihen,… Zinsen gibt es de facto selbst auf Firmenanleihen kaum mehr. Evonik nahm 1,9 Mrd. Kredit Ende 2016 für nicht einmal 0,5% auf. Die Ausfallgefahr ist in diesem Zinssatz nicht drin und hier liegt der Hund begraben. Zinsen gibt es nicht zur Bereicherung, sondern die Banken gleichen damit die Ausfallgefahr aus, begleichen die Personalkosten und verdienen etwas, was nicht schlimm ist, wir leben im Kapitalismus und es besteht hoher Wettbewerb, auch auf dem Kreditmarkt. Die Verdienste sind als begrenzt, teils stehen/standen enorme Verluste. Aber 2007 kam es zu einer großen Kreditkrise, d. h. mehrere Banken waren faktisch Pleite, in Deutschland u. a. die Dresdner Bank. Da die Banken über gegenseitige Kredite und Bürgschaften eng vernetzt sind, fürchtete man erstens ein völliges Erliegen der Wirtschaft, weil niemand mehr anderen etwas lieh und zweitens den Kollaps noch viel mehr Banken. Die Staaten, wie USA, Island, Deutschland,… sprangen massiv mit Krediten ein, private Verluste wurden verstaatlicht.

Und das Spiel geht weiter. Es kam zur Vertrauenskrise in den Euro, einigen Euroländern wurde massiv geholfen, dennoch wuchsen die Schulden im Euroraum stiegen stetig weiter.

T. Mayer, FAZ - USA: „Über alle Wirtschaftssektoren aggregiert, lag die Verschuldung mit 335 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) gegen Ende 2016 rund 35 Prozentpunkte unter ihrem Höchstwert vom ersten Quartal 2009.“

„Für den Euroraum sieht die Rechnung deutlich schlechter aus. Mit rund 470 Prozent des BIP im zweiten Quartal 2016 war die aggregierte Verschuldung nicht nur deutlich höher als in Amerika, sondern sie lag auch 25 Prozentpunkte über dem Niveau des ersten Quartals von 2009…Noch bedenklicher ist das Bild, wenn man Deutschland aus der Rechnung nimmt. Für die Eurozone ohne Deutschland lag die aggregierte Schuldenquote bei 557 Prozent und damit 67 Prozentpunkte über dem ersten Quartal von 2009.“

Es lohnt dabei nicht auf einzelne Länder zu zeigen. Unsere Regierungen lassen dies zu, wir wählten diese Regierung, also sind wir mit schuldig. Schuldig woran? An dem höheren Verschuldung gegenüber den Werten und Einnahmen unseres Staates. Besonders auffällig für mich, dass über bestimmte Angaben, wie Herausgabe von Geldnoten oder der Ankauf der Anleihen kaum berichtet wird, es interessiert niemanden. Warum sind bei den Anleihen auch Anleihen von dem Schweizer Rohstoffunternehmen Glencore dabei? Kaum jemand berichtete darüber, es interessiert nicht. Mit dem Euroraum ist die Währung komplexer, also für die meisten unübersichtlich geworden, sie interessieren sich nicht einmal mehr oberflächig dafür.

Was wird geschehen?

Schwer abzusehen. Die weitere Verschuldung wird anhalten, eine Kehrtwende ist nicht zu erwarten. Was ungewiss ist, ob nicht Länder sich für einen EU- oder Euroausstieg entscheiden. In Deutschland sind solche Gedanken verpönt, aber in Holland und Frankreich wird dies offen angesprochen. Le Pen und Wilders, die teils dafür stehen haben reale Chancen. Italien wird wohl auch wählen, ein Ausstiegskandidat, weil dessen Wirtschaft stockt.

Festzuhalten ist, dass Schulden ein Land ungeheuer schwächen, d. h. langfristig die Wirtschaft hemmen. Es mag durchaus Sinn haben, durch Kenyanismus, also staatlichen Investitionen, wenn die Wirtschaft schwächelt und Sparpolitik wenn sie gut läuft, Wirtschaftseinbrüche zu verhindern, aber dann muss man dies auch praktizieren und nicht nur staatlicherseits die Wirtschaft fördern, sondern danach auch sparen. Deutschland hätte seit 10 Jahren sparen müssen, tat es aber erst letztes Jahr mit einer kläglichen Summe. Irgendwann wird es der gesamten Eurozone wie Italien/Griechenland gehen, die wird auf Grund ihrer Überschuldung und der mit sich bringenden geringen Investitionsrate eine stockende Wirtschaft haben, die Menschen könnten ihre Geldbestände abheben und andernorts anlegen, die Preise fallen. Der Alptraum „Deflation“ und „Rezession“ könnte wahr werden.

Der Euro ist vor allem durch politische Entscheidungen unserer Nachbarn in Gefahr. Die andere Gefahr sehe ich wie angedeutet, dass die Wirtschaften in der Eurozone sich weiter so unterschiedlich entwickeln und Draghi dies irgendwann durch seine Anleihekäufe nicht mehr ausgleichen kann, d. h. durch stark unterschiedliche Entwicklungen das Vertrauen in den Euro massiv verloren geht. Durch die Verschuldung wird irgendwann eine höhere Inflation kommen, irgendwer wird politisch entscheiden Schulden in Euros umzuwandeln, die Bürger faktisch teils enteignen, um die Schulden wieder händelbar zu machen.

Insgesamt geht man mit den Bürgern schändlich um, wie das Bundestagsmitglied der CDU Klaus-Peter Willsch klar benennt. Da wird zuerst von Schäuble euphorisch erklärt mit dem europäischen Bankenrettungsfonds endlich eine geordnetes Verfahren zur Abwicklung von insolventen Banken gefunden zu haben und bricht es beim ersten Fall.

„Die Notenbanken dürfen nicht zum Gefangenen der Märkte oder der Finanzpolitik werden“, forderte Weidmann. Einige der geldpolitischen Maßnahmen, insbesondere die Staatsanleihekäufe, brächten aber genau diese Gefahr mit sich. Sie verwischten die Grenze zwischen der Geldpolitik und der Fiskalpolitik und führten zu Finanzstabilitätsrisiken… Es sei im Übrigen auch nicht Aufgabe der Notenbanken, der Politik Zeit zu kaufen.“

Es wird und wurde schon oft nach Alternativen gesucht. Es gibt knapp 40 Regionalwährungen im Deutschsprachigen Raum, oft Schwundgelder, wie der Chiemgauer. Dieser ist nur 6 Monate gültig, kann aber gegen eine Gebühr von 3% verlängert werden, daher Schwundgeld.

Giralgeld versus Vollgeldsystem?

Bei dem Vollgeldsystem dürfen die Banken nur so viel verleihen, wie ihre Kunden angelegt haben. Hinter dem Geld stehen zu 100% Werte für die der Herausgeber der Währung steht, es ist daher bestandsgesichert. Das heutige Geld auf unseren Konten wird aber Giralgeld bezeichnet, d. h. es ist nur ein Anspruch gegenüber der Bank auf die Aufzahlung in Vollgeld. Die Banken können bei der Zentralbank Geld hinterlegen, ca. 1% und dafür 100% Kredite vergeben, d. h. sie können selbst Geld schaffen. Dies hat die Kreditblasen in den USA durch die Häuser angetrieben. Hier wurden letztlich noch Kredite zusammengefasst und als Pakete verkauft, was die Blase noch antrieb. Bis irgendwann jemand zu viel Geld einforderte, bei der Lehmann Pleite. Die Bank konnte das angelegte Geld nicht auszahlen, weil sie das x-fache verliehen hatte.

Auch jetzt sind die Schulden des US Staaten gegenüber der Notenbank enorm. Trump wird zugetraut die Hälfte die der Notenbankschulden in Geld Banknoten umzuwandeln, d. h. ca. 10 Billionen Dollar Banknoten Geld drucken. Dies käme einer Enteignung der Sparer gleich.

Hier ein Video inkl. des Interviews von Dirk Müller zu Vollgeld und Giralgeld.

Teil 1: Gemeinsame Blogreihe von Matt Elger und Tourix

Bundesbankpräsident Jens Weidmann:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/weidmann-fuer-ausstieg-aus-lockerer-geldpolitik-14763195.html

Italien:

Bank Monte Dei Paschi:

http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/monte-dei-paschi-italienische-bankenrettung-etwas-fuer-wohlhabende/19172912.html

Neuwahlen Italien:

http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-01/italien-wahlrechtsreform-neuwahlen-parlament-verfassungsgericht

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