Der Islam gehört zu Österreich, liebe Politiker!

Warum Österreichs Regierungsspitze zu feig ist, diesen Satz auszusprechen, und warum das für Österreich schlecht ist.

Nach dem Charlie-Hebdo-Anschlag in Paris fand Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel im Zuge der Debatte um Muslime in Deutschland klare Worte: „Der Islam gehört zu Deutschland“, sagte die Kanzlerin und verschickte somit eine starke Botschaft an die muslimische Community in diesem Land: Auch sie seien ein selbstverständlicher Teil von Deutschland und machen Deutschland zu dem, was es ist.

Vergeblich suchen wir eine ähnliche Botschaft von unserem Bundeskanzler und Vizekanzler. Auch deshalb sehen ihre Umfragewerte im Vergleich zu Frau Merkel deutlich anders. Das für Österreichs Politiker typische Herumeiern fing mit dem letzten ZiB2-Interview des Bundeskanzlers am 12. Jänner an. Auf die eindeutige Frage von Armin Wolf, ob Faymann auch sagen möge, dass der Islam ebenfalls zu Österreich gehöre, lautete Faymanns Antwort: „Ich sage, dass der Islam und andere Religionen in Österreich und ihre Glaubensgemeinschaften in einem sehr positiven Verhältnis zueinander und miteinander stehen.“ Auf die erneute Nachfrage von Wolf blieb der Kanzler eine eindeutige Antwort schuldig: „Der Islam ist eine Religion einer anerkannten Glaubensgemeinschaft in Österreich“, sagte er ausweichend. Vom Vizekanzler Mitterlehner kam eine etwas eindeutigere Antwort: „Der Islam ist ein Teil unserer Gesellschaft“, sagte er bei der letzten ÖVP-Klausur.

Was unterscheidet jedoch die Aussage Merkels von den Aussagen Faymanns und Mitterlehners? Der Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“ bringt ein positives Commitment zur Multikulturalität und Verwurzelung des Islams in Deutschland unmissverständlich zum Ausdruck. Dieser Aspekt fehlt bei Österreichs Regierungsduo fast komplett. Dass der Islam eine anerkannte Glaubensgemeinschaft bzw. ein Teil der österreichischen Gesellschaft ist, muss nicht gleichzeitig heißen, dass diese Religion und ihre Anhänger zu Österreich gehören, also im kulturellen Bild dieses Landes selbstverständlich sind. Und da liegt der fatale Fehler unserer regierenden Politiker: Sie sind immer noch zu feig, die gesellschaftliche Realität zu akzeptieren und diese ihrer Wählerschaft – zu der übrigens auch Muslime gehören – zu kommunizieren. Dabei sprechen historische Fakten klar für Österreich: Der Islam ist seit 1912 in diesem Land anerkannt – eine Tatsache, deren sich Österreichs Kanzler und Vizekanzler im westeuropäischen Kontext eher rühmen sollen, als ihr ungeschickt auszuweichen.

Das erinnert mich an die ebenfalls lang geführte Debatte über Zuwanderung in Österreich: Jahrelang haben die höchsten Politikerinnen und Politiker der Großen Koalition die Realität verweigert und wollten nicht unmissverständlich sagen, dass Österreich auch ein Zuwanderungsland ist. Erst Jahre, nachdem diese Aussagen in anderen EU-Ländern eine Selbstverständlichkeit geworden waren, kamen von ihnen schüchterne Bekenntnisse zur dieser Frage.

Die meisten Wählerinnen und Wähler mögen es übrigens, wenn man mit ihnen Klartext redet. Das haben unsere Regierungsmitglieder längst vergessen. Sie wären gut beraten, wieder ehrlicher zu ihrer Wählerschaft zu sein. Vielleicht würden dann ihre Umfragewerte entsprechend steigen.

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