...genauer: Woher es kommt. Worum geht's? Herkunfts-Kennzeichnungspflicht von Fleisch und tierischen Produkten in der Gastronomie.

Ein politischer Dauerbrenner, ein wahrer Zankapfel zwischen Landwirtschafts- und Wirtschaftskammer, ein internes ÖVP-Match sozusagen, das hierzulande seit Jahren für heftige Debatten und viel böses Blut sorgt: In der Schweiz längst gelöst, längst flächendeckend umgesetzt. Wir von Land schafft Leben haben uns das vor Ort ganz genau angesehen.

Wer hat's erfunden? Die Schweizer

Ort: Zürich, Restaurant „Muggenbühl“, eines der traditionsreichsten Häuser der Stadt

Gesprächspartner:

Ernst Bachmann, Hausherr vom „Muggenbühl“ und Vizepräsident der Gastrosuisse, des größten gastgewerblichen Arbeitgeberverbandes der Schweiz

Sascha Schwarzkopf, Leiter Wirtschaftspolitik, Gastrosuisse

Ronny Hornecker, Metzger und Lieferant für das „Muggenbühl“

Scott Armitage, Küchenchef im „Muggenbühl“

Ein kleiner Abstecher in die Schweiz kann erhellend sein.

Das altehrwürdige Restaurant am Zürcher Stadtrand flößt Respekt ein, strahlt gediegene Gastlichkeit aus. Ein Blick in die Speisekarte verrät mir zwar einerseits, dass ich hier eigentlich nichts verloren habe als zahlender Gast. Schweizer Preise eben, da staunt der Österreicher dann doch. Andererseits verrät der Blick für den österreichischen Über-den-Zaun-Schauer gänzlich Ungewohntes. Da steht zum Beispiel: „Entrecôte vom US-Beef ***…“ Und wenn man am Seitenende nachschaut, wofür die drei Sterne stehen, dann heißt es dort Schwarz auf Weiß: „*** Kann mit Antibiotika und/oder anderen antimikrobiellen Leistungsförderern erzeugt worden sein“ – da schaust her! Denk ich mir. Und beim pouchierten Ei ukrainischer Herkunft steht doch tatsächlich dabei, dass es unter Haltungsbedingungen erzeugt wurde, die in der Schweiz nicht zugelassen sind. Das nenn ich Transparenz!

Beim Gespräch dann die Herren äußerst höflich, zuvorkommend, informativ und affirmativ in Richtung der österreichischen Kollegen aus der Gastro-Zunft: „Nur Mut!“ meint Sascha Schwarzkopf abschließend und der Hausherr Ernst Bachmann, ein Wirt aus einem Guss mit ausgesprochenem Standesbewusstsein und nebenbei ein gewiefter Politiker, wie er sich selbst charakterisiert, meint gar in Richtung der österreichischen Verbandskollegen: „Es bringt nur Vorteile für den Betrieb. Es wird vorher vielmehr geredet darüber als es nachher Arbeit ist (in der Umsetzung). Und vor allem die Verbände müssen den Betrieben die nötige Unterstützung für die Deklaration zukommen lassen.“ Ich denke mir nur, dein Wort in des WKO-Fachverbandes Gastronomie Ohr…

Wir von Land schafft Leben möchten uns an dieser Stelle noch einmal bei all unseren Gesprächspartner aus der Schweiz ganz herzlich bedanken!

Hier haben wir die wichtigsten Aussagen zusammen geschnitten:

Hintergrundinfo:

Worum geht’s?

Wenn ich heute ein Stück Fleisch oder Eier oder Milch kaufe im Supermarkt, dann weiß ich, woher dieses Produkt stammt. Zumindest das Herkunftsland muss ausgewiesen werden. Der informierte und sensibilisierte Konsument weiß damit in etwa auch, wie es um die Haltungsbedingungen des Rindes, des Huhnes, der Kuh, beschaffen war. So kann er sich beispielsweise bei einem österreichischen Ei sicher sein, dass es nicht im Käfig gelegt worden ist, bei österreichischem Rindfleisch, dass diesem keine wachstumsfördernden Hormone oder die Mast „unterstützende“ Antibiotika verabreicht wurden. Bei amerikanischem Rindfleisch hingegen müsste er genau das mit hoher Wahrscheinlichkeit annehmen.

Wenn ich heute ein Steak, ein Frühstücksei oder die Kaffeemilch außer Haus zu mir nehme, egal ob im Restaurant, im Fastfoodbereich, in der sogenannten Systemgastronomie, in einer Mensa, Kantine etc., dann wird mir deren Herkunft nur in den allerwenigsten Fällen mitgeteilt. Nämlich nur dann, wenn der jeweilige Betrieb FREIWILLIG mir als Gast diese Auskunft zukommen lässt. Etwa im Rahmen des AMA-Gastrosiegels und hier auch nicht zwingend für sämtliche Gerichte. Oder aber ich frage den Betreiber selbst. Dann muss ich allerdings darauf vertrauen, dass dieser erstens genau weiß, woher seine Ware stammt und er mich zweitens darüber nicht täuscht. Versuch das einmal! Du wirst erstaunt sein…

Wer fordert’s und warum?

Die heimischen Produzenten, sprich Bauern vertreten durch die Landwirtschaftskammer und als politische Kraft im engeren Sinn, der Bauernbund hat diese Forderung seit einigen Jahren ganz oben auf der Prioritätenliste. Das Argument: Sowohl der heimische Gast als auch der Tourist aus aller Herren Länder soll wissen ob er heimische Qualität am Teller liegen hat, oder meist wesentlich billigere, weil unter vollkommen anderen Rahmenbedingungen - etwa was Tierwohl und andere Umweltstandards betrifft - produzierte Importware. Dem Gast würde bislang diese für ihn potentiell wichtige Information vorenthalten. Würde er verpflichtend darüber aufgeklärt, könnte er sich bewusster entscheiden. Dies würde nicht zuletzt einen belebenden Effekt für die heimische Bauernschaft haben.

Wenn man weiß, dass der Außer-Haus-Konsum seit Jahren kontinuierlich zunimmt und Herr und Frau Österreicher schon jetzt mehr außerhalb der eigenen vier Wände verspeisen als innerhalb derselben, dann versteht man vielleicht die Tragweite.

Das „Einkaufsverhalten“ der Gastronomie scheint die Forderung der Bauernschaft eindrücklich mit Zahlen zu stützen. Fakt ist etwa, dass im Geflügelfleischbereich, oder auch bei Eiern der österreichische Gastronom nur selten zum wesentlich teureren heimischen Produkt greift. Dies gilt bis dato auch für Großküchen etwa in Schulen, Universitäten und Krankenhäusern, ja selbst für die Gulaschkanonen des österreichischen Bundesheers!

Einer der ganz großen Außer-Haus-Verköstiger beispielsweise, die Fast-Food-Kette mit dem schottisch anmutenden Namen, setzt zwar bei Rindfleisch ausschließlich auf geprüfte österreichische Qualität, was sie sich auch entsprechend auf die Fahnen heftet, das Huhn für seine beliebten Nuggets aber wird in Ungarn gemästet.

Wer ist dagegen und warum?

Im Mai dieses Jahres lud die Landwirtschaftskammer zu einer Veranstaltung mit dem Titel "Gut zu wissen! Herkunftskennzeichnung für Fleisch und Eier“ Das Who is Who der österreichischen Landwirtschaft, AMA Manager, die Unternehmenssprecherin von McDonald's Österreich und einige Vertreter der Gastrobranche waren erschienen, hielten Referate und stellten sich anschließend einer Diskussion. Tenor der Letzteren: „Nicht schon wieder eine neue verpflichtende Deklarationspflicht“! Der bürokratische Aufwand alleine schon sei einfach nicht zu stemmen, wo man doch gerade erst die lästige Allergendeklaration habe umsetzen müssen, die so nötig gewesen sei wie ein Kropf. Nein, sagten die anwesenden Gastronomen, das könne man mit ihnen nicht machen. Freiwillig ja, einige würden das ja ohnehin tun, aber branchenweit verpflichtend – unmöglich!

Übrigens wurden wir von Land schafft Leben eben auf jener Veranstaltung auf Herrn Schwarzkopf von Gastrosuisse aufmerksam, der dort ein unaufgeregtes und inhaltsreiches Referat zur Situation in der Schweiz hielt. Wobei uns aufgefallen war, dass vor allem die anwesenden österreichischen Brachenkollegen offenbar wenig mit den Argumenten des Schweizers anzufangen wussten. Grund genug für uns in die Schweiz zu fahren und uns die Sache dort noch einmal detailliert erklären zu lassen.

Dieser BLog sowie das oben stehende Video erschienen ursprünglich auf der Webseite des Vereins Land schafft Leben. Wir freuen uns über jeden Besuch und jedes Like auf unserer Facebook-Seite!

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