Am Tag der Pressefreiheit - sind Journalisten ein notwendiges Übel ?

by Richard Krauss - Emet - News- Press 03.05.2016

"Politiker und Journalisten teilen sich das traurige Schicksal, dass sie oft heute schon über Dinge reden, die sie erst morgen ganz verstehen." Dieses Zitat, von Helmut Schmidt, der die schreibende Zunft gelegentlich auch als "Wegelagerer" bezeichnete, charakterisiert einen eigenen Blickwinkel aus der Sichtweise eines Politkers.

Sind Journalisten ein notwendiges Übel? Bei der Bewertung dieser Frage bedarf es einer Ergänzungsfrage – für wen? Für Verlage, Rundfunkanstalten, Fernsehsender oder OnlinePortale, die den tagtäglichen Kampf um Schnelligkeit, Genauigkeit, Einschaltquote, Klicks oder Auflagen gewinnen müssen, um ihre wirtschaftliche Existenz und ihren Auftrag zu erfüllen.

Oder für Politiker, Interessensverbände oder Unternehmen, die ihre politische Botschaft aus einem ganz speziellen Blickwinkel transportiert haben möchten, um ihre Sicht der Dinge zu plazieren? In jedem Fall ist das Ziel die breite Öffentlichkeit, Sie alle - Jede und Jeder von uns.

Hinter der Frage der Pressefreiheit sind zwei Aspekte von Bedeutung. Zum einen die in den Verfassungen und Gesetzen der Länder verankerte Pressefreiheit. Und zum anderen die Arbeitsbedingungen für Journalistinnen und Journalisten im Alltag. Diese Arbeitsbedingungen können lebensbedrohlich und existenzgefährend sein. So verzeichnet Reporter ohne Grenzen in den ersten fünf Monaten dieses Jahres weltweit bereits 13 getötete Journalisten, 147 Journalisten in Haft. Jinzukommen Blogger und Online-Aktivisten.

Kommen wir zu der Frage: Warum das so ist? Von Günter Wallraff stammt der Ausspruch “Öffentlichkeit ist der Sauerstoff der Demokratie”. Und diese Öffentlichkeit ist mit dem Begriff der Transparenz - der Durchsichtigkeit verbunden.

Im direkten Kontext steht dazu die Verpflichtung an Journalisten, wahrheitsgemäß und objektiv zu berichten - soweit dies von öffentlichem Interesse ist. Wer und wie dieses öffentliche Interesse definiert, was "Wahrheit" im Sinne von recherchiert und Belegbarkeit darstellt, ist gelegentlich Gegenstand eines erbitterten Streits der jeweilen Beteiligten. Gleiches gilt auch für die Frage, ob und wenn ja und in welchem Umfang worüber berichtet werden soll und darf – oder eben auch nicht.

"Sie sollten sich eher über die Dinge Gedanken machen, über die nicht berichtet werden als über jene, über die das Licht der Öffentlichkeit erblicken", riet vor vielen Jahren ein Journalist bei einem Vortrag seinen Zuhörern.

Ein weiser Gedanke. Und ja, keine Frage, nicht jeder Beitrag, der ins Rampenlicht rückt, ist ein Kandidat für den Pulitzer Preis wie der Fall der gefälschten Hitler-Tagebücher von Kujau im Magazin "Stern" zeigt.

So stellt sich die Frage, ob Watergate, Panama Papers oder gestern die veröffentlichten Protokolle einer TTIP Sitzung ein öffentliches Interesse darstellen oder ob es um etwas geht, wie es heute Morgen Peter Ramsauer süffisant im Deutschlandfunk kommentierte: "Ich würde das, was da mit großem Trara veröffentlicht wurde, mit spitzen Fingern anfassen", um im gleichen Atemzug festzustellen "Man muss das nicht von vornherein für bare Münze nehmen".

An diesem Punkt angekommen, spricht der Zorn und die Empörung des Politikers eine verräterische Sprache. Obwohl niemand am gestrigen Tag an der Echtheit der TTIP Dokumente zweifelte, so erhebt Ramsauer den indirekten Vorwurf der "Lügenpresse". Und wäre das möglicherweise ein Mißverständnis gewesen, so bestätigt Ramsauer seine ganz persönliche Sicht zum Thema Pressefreiheit und Journalismus, indem er ergänzt:

"Es werden geheime Papiere an Greenpeace zugespielt, Greenpeace gibt das dann weiter an die uns ja bekannte Investigativ- und Bekämpfungsallianz aus Süddeutscher Zeitung, WDR und aus NDR, und dann wird etwas daraus gemacht. Da klingeln bei mir schon mal alle Alarmglocken" und weiter:

"Weil es für mich schon ein merkwürdiges Bündnis ist, dass zwei öffentlich-rechtliche Sender in der ARD, nämlich WDR und NDR, sich mit einem privaten Zeitungsmedium zusammentun und sich dann bedienen lassen aus anonymen Quellen über Greenpeace".

Wohl dem, der sein öffentlich rechtliches Medium ARD als Privateigentum oder Verlautbarungsorgan für sich reklamiert.

Nein, weder für Herrn Ramsauer, noch für VW, nicht für Herrn Erdogan oder die FIFA, nicht für Frau Merkel oder Herrn Gabriel, nicht für Herrn Wulff oder Strauß - ist eine freie Presse einzuschränken. Wer das dennoch glaubt, unterliegt einem Irrtum. Wer sich Gefälligkeitsjournalismus wünscht und einen gepflegten Hofjournalismus als flankierende Marketingmaßnahme sieht, um seine Botschaft am Markt zu plazieren, wird trotz "trade secrets" auch in Zukunft erleben, dass das Licht der Wahrheit ohne Wenn und Aber von engagierten Journalistinnen und Journalisten ins Licht der Öffentlichkeit gerückt wird.

"Gute Journalisten sind, was Amerikaner Schmerzen im Hintern nennen" resumierte einst der Kommunikationsexperte Prof. Dr. Klaus Knocks.

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