F.i.T. - Frauen in Technik und Handwerk - eine AMS Geschichte

Als ich 2010 arbeitslos wurde, hatte ich keine Ahnung. Keine Ahnung von Sozialhilfeantrag stellen, arbeitslos melden, ALG-Antrag stellen und vor allem keine Ahnung vom berüchtigten AMS- Wiener Neustadt.

Nach einigen brav absolvierten Terminen, bei denen ich mir ständig im Geiste selbst Handschellen und Knebel anlegte, damit ich mich nicht eventuell verbal und physisch unglücklich machte, präsentierte mir meine Betreuerin den neuesten Scherz zum Tage: Ich solle am Kurs  "F.i.T. - Frauen in Technik und Handwerk" teilnehmen, was mich derartig zu Begeisterungstürmen hinriß, sodas ich auf meinen geistigen Knebel vergaß und sie dann einfach mal nur fragte: "T´schuldigung, san´s deppert?"

Ich bereute sofort und entschuldigte mich, aber man muss hierzu eines wissen: An einem meiner ersten Termine musste ich einen Fragebogen ausfüllen, der einem Anamnesebogen ziemlich ähnlich kommt. Darin stand ganz explizit mein handwerkliches Geschick beschrieben, die Werkzeuge, mit denen ich umgehen konnte und der Wunsch zur Facharbeiterausbildung zum Formenbauer. Dementsprechent kam ich mir also - gelinde gesagt - verarscht vor und deshalb auch das herausgerutschte "T´schuldigung, san´s deppert?"

(Hätte ich vorher schon Daniel Guttmann gekannt, wäre mir natürlich einiges klar gewesen, aber so....)

Alles protestieren half nix, ich musste unter Androhung der Streichung des ALG antreten (Welch immer wieder doch wirksame Methode nicht wahr...?)

Im Raum saßen an die 25 schwer motivierte, weibliche Personen und ich hockte mich ganz hinten hin - schäumend vor Frust und ohnmächtiger Wut und dachte mir: Bleib einfach sitzen, lass alles über dich ergehen und dann gehst du wieder.

Vor den Stuhlreihen standen die beiden Trainerinnen und ich SCHWÖRE, so etwas Seltsames sah ich vorher nie! Eine der Trainerinnen war gkleidet wie ein 150kg schwerer, indischer Guru, mit Schal um den Hals und Turban auf dem Kopf, am Körper trug sie ein grün schillerndes Kleid.  Die zweite litt offenbar schwer an Magersucht, trug einen weißen Herrenanzug und konnte den Blick von ihrer Kollegin kein einziges Mal abwenden - auch nicht, wenn sie zu uns sprach. Ich glaubte mich im falschen Film, aber what ever.

Nach Vorstellung der Beiden, fing der weibliche Guru an zu sprechen und ab da war es dann mit meiner selbstauferlegten Beherrschung vorbei....

Sie sprach laaaangsaaaaam und in einem melodiösem Ton - so, als hätte sie einen Haufen minderbemittelter Volltrottel vor sich, oder zweijährige Kindergartenkinder - ich hoffe, ihr könnt nachvollziehen, wie ich´s meine....

Sie erläuterte die traditionelle Rolle der Frau - also kochen, putzen, waschen, kinderkriegen, etc... führte weiter aus, dass Frau "nicht unbedingt immer ins traditionell weibliche Berufsbild gedrängt werden müsse" - Also etwa Sekretärin, Schuhverkäuferin, Friseurin, etc., man müsse sich als Frau vielmehr zutrauen, auch "männlich dominierte" Berufe ins Auge zu fassen, blabla... und steigerte sich dann im crescendoartigen Finale (und in genau der Lautstärke) einer Operndiva, als sie verkündete: "Wäre es nicht WUUUUNDERBAAAAR, wenn Frauen eine Glühbirne SELBST auswechseln und und einen tropfenden Wasserhahn reparieren könnten, oooohne einen MANNNN zuhilfe rufen zu müssen....?"

Genau.

Es gab einen Knall in dieser atemlosen Stille und der 150kg- Guru, der mit ausgebreiteten Armen, glänzenden Augen und gerötetem Gesicht vor uns stand, zuckte zusammen. Sogar die Augen des magersüchtigen, weißgekleideteten Etwas wandten sich dem Publikum zu. Der Knall stammte von meiner Mappe, die ich auf den Tisch fallen ließ. Dann stand ich auf und sagte mit restverbliebener Beherrschung, die ich noch mühseligst aufbringen konnte: "Das ist der größte Schwachsinn, die größte Frechheit und die größte Beleidigung, die ich je gehört habe und jetzt werde ich gehen, klar?!?" Sprach´s, drehte mich um und ging....

Das mein vorzeitiges Verlassen natürlich (finanzielle) Konsequenzen nach sich zog, versteht sich von selbst, aber das war mir zu diesem Zeitpunkt salopp gesagt: Genau scheißegal. Du bist sowieso nur eine Schachfigur. Und wenn dem AMS heute deine Nase nicht passt, oder du nicht devot und unterwürfig genug bist, dann werden sie einen Weg finden, dich wegen "Vertragsbruch" finanziell zu sperren.

Das AMS ist zu einem mutwilligen Machtgebäude mutiert, in dem der Kundenstrom als gigantischer Frustabtreter für frustrierte Mitarbeiter herhalten darf, und in dem es immer der am Schwersten hat, der "zu intelligent" und "zu intellektuell" in die Arbeitslosigkeit schlittert........

Ausgenommen von dieser Aussage sind natürlich jene Mitarbeiter des AMS, die sich WIRKLICH motiviert bemühen und für die der Arbeitssuchende keine Ware, oder Frustpuppe darstellt.

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