Sabine Altmann

Eineinhalb Monate ist es mittlerweile her, dass die kleine Welpenhündin Tala in mein Leben trat, um mich auf meinem Weg zu begleiten. Ein rabenschwarzes Energiebündel, ein Deutscher Schäferhund, der mich als Dogcoach jeden Tag aufs Neue herausfordert. Unermüdlich, triebig, ungemein neugierig, hochintelligent und willenststark in einer Art und Weise, die fast schon an Sturheit grenzt, sorgt mein kleines Monsterchen dafür, dass die Tage lang werden und die Nächte kurz. Es ist ja schon eine Weile her, dass ich einen Welpen von Grund auf ausbilden durfte.

Jeder Tag ist nun mit Training ausgefüllt und neben dem klassischen Welpentraining (Platzaushalten, Blickaufmerksamkeit, Beutekontrolle, Distanztraining, etc...) stellt der wesentlichste Aspekt meiner Form von Ausbildung das Erfahren der unmittelbaren Umgebung dar. Tala ist mit viereinhalb Monaten in einem Alter, das wir etwa mit einem zweijährigen Kind gleichsetzen können. Die Welt ist groß und voller Abenteuer, alles möchte gleichzeitig erfühlt, errochen und erschmeckt werden und es ist für einen Hundehalter keine Kleinigkeit, diese wunderbare Neugierde, diesen Drang des Wissen-und-Lernen-Wollens behutsam in die richtigen Bahnen zu lenken. Um es vereinfacht zu sagen: Training ist nicht nur "Sitz", "Platz", "Fuß" und "Pfui", sondern ALLES, was der Hund täglich erlebt - wie bei einem Menschenkind auch. Und wie bei einem Menschenkind auch entscheidet sich in den ersten Lebensmonaten (bei einem Kind in den ersten Lebensjahren) für einen Hund, wie er in seinem späteren Leben mit Situationen umzugehen vermag, die wir als "stressauslösend" bezeichnen würden.

Bei einem Hund sind das vor allem Reize wie Lärm und Bewegung, die - wenn sie nicht richtig gehandhabt werden, sich sehr negativ auswirken können. Die Folgen davon wären Angst und/oder Unsicherheit bis hin zu Aggressivität, die dann nur sehr schwer zu "reparieren" sind.

Die Frage, die sich hierbei logischerweise ergibt, ist die: "Wie mache ich es bloß richtig?" Nun - wir haben einen großen Vorteil! Jedes Kind ist neuGIERIG darauf, die Welt zu erkunden, so auch ein Welpe. Dieser ist - so er die Gelegenheit hatte, behütet mit Mutter und Wurfgeschwistern die ersten Wochen gemeinsam erleben zu dürfen - ein Wesen, das allem Neuen in der Regel neutral gegenübersteht - er ist quasi ein offenes Gefäß; nichts bedeutet Gefahr, alles kann Freund oder Feind sein. Das Unbekannte ist ein Land, in das sich ein Kind mit offenen Sinnen begibt, eine Expedition ins Ungewisse, und wir sind dazu angehalten, es zu behüten und zu leiten. Wie das aussehen kann, verdeutlichen nachstehend die Bilder, die Talas Abenteuer mit "wilden" Tieren zeigen.

Sabine Altmann

Diese munteren Gesellen eines Streichelzoos sahen garantiert vorher noch nie einen Hund in ihrem Habitat und waren dementsprechend neugierig, was es wohl mit diesem eigenartigen schwarzen Hasen mit den langen Ohren auf sich hatte....(Die Kaninchen liefen auf Tala zu!)

Sabine Altmann

Man beachte: An der Leine ist keine Spannung, das Kennenlernen erfolgt in freundlich-entspannter Athmosphäre, ohne Angst und Argwohn....

Sabine Altmann

Weitere Bewohner dieses Streichelzoos im selben Gehege waren zwei kleine Ziegen, von denen eine reges Interesse an Tala zeigte.....

Sabine Altmann

...wie man sieht! Auch hier wieder: Keine Spannung an der Leine, Tala sitzt und fragt sich, ob ihr der Ziegenbock wohl freundlich gesinnt ist.....

Sabine Altmann

Der Bock wurde dann so mutig, dass er die Kleine sogar spielerisch herausforderte, was Tala mit gelassenem Erstaunen zur Kenntnis nahm.....

Sabine Altmann

In einem anderen Gehege gab es drei Esel und ein kleines Pony, vor denen mein kleines Monster gesunden Respekt zeigte! Als Rudelführer zeigte ich ihr aber, dass sie sich dem Esel gefahrlos nähern kann, in dem ich ihn zuerst berührte. Meine Hand an Talas Schulter gibt ihr Sicherheit und stärkt ihr Selbsbewußtsein.

Sabine Altmann

Und wie man sieht...: Durch mein sanftes Einwirken schafft Tala es, sich dem großen "Hund mit den langen Ohren" auch alleine zu nähern!

Sabine Altmann

Und auch das Pony wird nun eifrigst beschnüffelt!

In erster Linie geht es mir nicht darum, dass der Hund Freundschaft mit Artgenossen, oder artfremden Tieren schließt. Vielmehr geht es darum, den Hund auf unerwartete/befremdliche Dinge vorzubereiten. Indem ich Tala die Möglichkeit biete, sich auf das Neue einzulassen, es zu berühren, zu erriechen und zu erschmecken, beuge ich künftigen (möglichen) Stressituationen vor. Genauso mache ich es auch bezügl. Straßenverkehr, Einkaufszentren, Restaurants - eben alles, mit dem ein Hund in unserer Gesellschaft konfrontiert wird. Und ALLES ist Training! Aufzüge, Rolltreppen, Schiebetüren, Drehtüren, Menschnmengen, Kinder, Kinderwagen, laute LKWs, Traktoren, Motorräder....

Ich sehe sehr häufig, dass Hundebesitzer ihre Hunde so etwas wie oben gezeigt gar nicht mehr erleben lassen, weil sie schon im Vorhinein annehmen, da "könnte was passieren" - soll heißen: Es wird vorausgesetzt, das der Hund die Karnikel jagt und den Ziegenbock beißt. Da zieht man lieber gleich an der Leine, weg von der "Gefahr".

Das Resultat ist in späterer Folge ein unsicherer Hund, der mit keiner Situation klarkommt und dann erst recht genau DAS tun wird - nämlich auf die "Gefahr" losgehen, oder sie angsterfüllt meiden. Der Hundebesitzer schenkt seinem eigenen Hausgenossen oft kein Vertrauen mehr, was ich sehr schade finde, weil man sich dadurch viele schöne Erlebnisse nimmt.

Ein Hund ist aufgrund seiner sozialen Lebensweise ein ebenso empathiefähiges Wesen wie der Mensch selbst - was auch der Grund ist, weswegen diese wunderbaren Tiere im Stande sind, sich um jedes Tier zu kümmern und manchmal skurrile Freundschaften entstehen zu lassen.

Die seltsamste Freundschaft aber, die ein Hund je einging, ist wahrscheinlich die zu uns Menschen; Mir ist es nämlich unbegreiflich, dass ein Hund sich mit beinahe jedem Lebewesen sozialisieren kann, wohingegen die "Krone der Schöpfung" - der Mensch - dies nicht einmal annähernd schafft.

Er kann sich nicht einmal mit seinen Artgenossen sozialisieren, wie die jüngsten Ereignisse zeigen.

Nichtsozialisierte Hunde sind das Spiegelbild unserer eigenen Gesellschaft - das sollte uns wohl zu denken geben...!

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Spinnchen

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Daniela Noitz

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