Im Gegensatz zu Trump hatte Walter Ulbricht seinerzeit gute Gründe, die Mauer zu bauen. Jeden Tag verließen damals abertausende DDR-Bürger ihr Land. In der "Tagesschau" gab's zum Wochenende den aktuellen Fluchtreport von letzter Woche.

Gut, das hätte nicht sein müssen. Wenn W. Ulbricht seine Leute netter behandelt hätte, wären sie ihm nicht abgehauen. Aber...

Aber damals gab es viele, viele Leute, die im Osten wohnten, aber jeden Tag über die offene Grenze in den Westen zur Arbeit fuhren. Deren Westlohn war normaler Westlohn, im Vergleich zum Ostlohn war das aber gigantisch. Dazu kamen Touristen, die mit ihrem normalen Westlohn die Ostzone leer kauften. Ulbricht blieb gar nichts anderes übrig, als die Mauer zu bauen.

Das Ärgernis aber - wahrlich, wahrlich ich sage euch - war nicht die Mauer, sondern deren Undurchdringlichkeit in Richtung Westen. Die Mauer an sich hätte die Grenze lediglich, vor allem jene zwischen West- und Ost-Berlin - kontrollierbar gemacht, damit hätte man leben können. Erst die restriktive Reisepolitik der DDR hat sie zur Todesfalle gemacht.

Aber, was heißt schon "Todesfalle"? In den knapp dreißig Jahren ihres Bestehens hat die Mauer ca. 1000 Todesopfer gefordert. Das sind ca. 1000 Leute zu viel, dennoch ist es ein Lercherlschaas im Vergleich. 1000 Tote an der Außengrenze, das schafft heute die EU locker in einer Woche. Gut, dabei handelt es sich weitgehend nur um Neger, aber ich hab mal gelesen, daß Neger auch Menschen seien. Gut, das ist lange her, daß ich das gelesen habe, wahrscheinlich hat die Wissenschaft inzwischen festgestellt, daß Neger doch keine Menschen sind. Sonst könnte man sie doch nicht so locker im Mittelmeer absaufen lassen (1).

Mein Abitur, mein ackerdemisches Diplom verdanke ich übrigens dem Genossen Walter Ulbricht. In den fünfziger Jahren hatte Adenauer noch getönt, er sehe nicht ein, wieso man neue Universitäten gründen sollte, solange es noch die TH Dresden gebe. Mit der Mauer wurde der vordem so einfache Abbau des Rohstoffs Bildung sehr viel schwieriger und man mußte wohl oder übel neue Universitäten gründen. Damals hat man die Regeln für die Besetzung von Lehrstühlen sehr locker ausgelegt, damals wurden wahnsinnig viele Hohlköpfe Professor, aber auch einige wenige schlaue Kerlchen (und Mädchen, die aber noch weniger) hatten damals die Chance, ohne großes Besetzungstheater eine Uni-Karriere zu machen.

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(1) Ich hab einen zwar ultrabrutalen, aber zum Thema "Neger" passenden Spruch drauf, von Aimé Césaire, auch er ein Neger.

Sein letztes Buch aus dem Jahre 2005 heißt "Nègre je suis, nègre je resterai" ("Ich bin ein Neger und werde immer ein Neger sein" ). Das Buch ist immer noch nicht in deutscher Sprache erschienen, erschiene es eines Tages noch vor meinem Ableben, so wäre ich sehr gespannt, wie man den französischen Titel in eine Sprache übersetzt, in der man seit geraumer Zeit den von Pippi Langstrumpf phantasierten Vater "Südseekönig" und nicht mehr "Negerkönig" nennt.

Ach so, ja freilich, der angekündigte ultrabrutale Spruch: "Ja, es wäre der Mühe wert, das Verhalten Hitlers und des Hitlerismus einer detaillierten klinischen Studie zu unterziehen und dem ach so distinguierten, ach so humanen, ach so christlichen Bürger des zwanzigsten Jahrhunderts mitzuteilen, dass Hitler in ihm ‚haust‘, dass Hitler sein ‚Dämon‘ ist, dass er, wenn er ihn rügt, einen Mangel an Logik verrät, und dass im Grunde das, was er Hitler nicht verzeiht, nicht das ‚Verbrechen‘ an sich, das ‚Verbrechen am Menschen‘, dass es nicht die Erniedrigung des Menschen an sich‘, sondern dass es das Verbrechen gegen den weißen Menschen ist, dass es die Demütigung des Weißen ist und die Anwendung kolonialistischer Praktiken auf Europa, denen bisher nur die Araber Algeriens, die Kulis in Indien und die Neger Afrikas ausgesetzt waren." (Wikipedia)

Als ich den Satz vor Jahren das erste Mal gelesen habe, habe ich nach Atem geschnappt, so schockierend, so antisemitisch klang er mir in den Ohren. Aber es hilft nichts, Césaire hat recht, genau so ist es. Der Holocaust ist der zu uns nach Europa nachhause gekehrte Kolonialismus.

https://www.fischundfleisch.com/theodor-rieh/die-abschaffung-des-wortes-neger-als-herrschaftsstrategie-30377

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