Johann Wadephuls Äußerung, es dürfe mit Israel keine „Zwangssolidarität“ geben, trug ihm zwar in der „jungen Welt“ (28.5.25) das Lob ein, endlich übe ein deutscher Regierungsvertreter „zarte Kritik“, doch fehlte der Hinweis nicht, diese Formulierung sei bislang noch ein „Beleg für Antisemitismus“ gewesen, lege man den „herrschenden Aberglauben“ der „inhaltsleersten Definition“ (gemeint ist die der IHRA) von Antisemitismus zugrunde. Dass diese Anklänge ans Religiöse an den rechtsextremen Terminus „Schuldkult“ erinnern, soll hier, auch wenn es die parteiübergreifenden Gemeinsamkeiten deutscher Schuldabwehr belegt, keine Rolle spielen, interessanter ist, wie der Autor (Arnold Schölzel) die Rolle Israels sieht: Es gebe den „imperialistischen Auftrag an Israel“ in der Region für Ordnung und Stabilität zu sorgen, durch das „Massakrieren“, „das Abschlachten vornehmlich von Frauen und Kindern“ durch „maßlos mörderische“ Israelis drohe aber die „Destabilisierung“ und damit, klar, die Ersetzung der westlichen Dominanz durch China und Russland. Und irgendwie soll auch noch der „dritte Anlauf“ Deutschlands „zum Platz an der Sonne“ eine gewisse Rolle spielen – auch wenn unklar bleibt, was das mit Israel zu tun hat, aber geopolitische Großchecker lassen sich durch logische Einwände nur ungern von ihren Sandkastenspielen ablenken.
So auch der „Ruhrbaron“ Stefan Laurin, der einen Tag später unter dem Titel „Israels Kampf hilft Deutschland“ „von der Geschichte vollkommen unabhängige Gründe“ anführt, um „an der Seite Israels zu stehen“, führe das Land doch „wie die Ukraine einen Krieg gegen Feinde der westlichen Gemeinschaft“. Diese westliche ist eine doch recht fragile Gemeinschaft – Brexit, der Sonderweg Deutschlands im Ukrainekrieg, Trump, Trump, Trump, to name a few – und die Belege für‘s „Eigeninteresse“, die Laurin ins Feld führt, sind ebenso dünn wie zufällig (die Bedrohung durch den Iran (immer noch ein nicht unwichtiger deutscher Handelspartner), durch die Huthis etc.), lassen aber vor allem außer Acht, dass ein Eigeninteresse sich per definitionem auch anders orientieren kann, wenn diese Neuorientierung jenem dient. „Es braucht keine Geschichte“, dekretiert Laurin in bestem schlechtem Bundesdeutsch, „um in diesem Krieg an der Seite Israels zu stehen“? Mag sein. Vor allem aber braucht Israel keine deutschen geopolitischen Sandkastenexperten, um für seine Sicherheit zu sorgen, hat das Land doch aus der Geschichte gelernt, dass Juden klugerweise nicht wehrlos sein sollten.