An sich geht mir dieser Böhmermann am Arsch vorbei, aber angesichts seines wachsenden Fanclubs möchte ich hier mal klarstellen: Böhmermanns „satirisches“ Schmähgedicht ist plump und er selbst egozentrisch. Wenn der Satirkicker dem Politkicker verbal in die Eier tritt, dann ist das niveauloser als jede Bierzelt-Prügelei: dumm und nur zum Gaudium des Publikums! Extra 3 hat eine intelligente Satire auf Erdogan gemacht, die heute Show hat das Thema umgehend aufgegriffen und Böhmermann hat eine Woche später den Abklatsch von all dem geliefert. Wie der beleidigte Goalgetter, der seinem Gegner, der ihm den Ball abgenommen hat, nachtritt. Ein Verhalten, das die Rote Karte verdient.

Investigativer Humorismus in der Qualität von extra 3 und heute Show hat in weiten Bereichen den investigativen Journalismus abgelöst. Spiegel und profil sind nicht mehr das, was sie noch in den 1980er Jahren waren. Auch Böhmermanns Parodie auf den Varoufakis-Stinkefinger war erste Sahne. Aber das ist kein Freibrief, dass jeder Nonsense und jede Geschmacklosigkeit eines Humoristen – egal wo, ob in der Satiresendung oder vielleicht bei einer politischen Talkshow – erlaubt ist oder gar erlaubt sein muss.

Es gibt immer noch intelligente Parodie, z.B. das Spottgedicht von Henri Edelbauer, publiziert gestern auf facebook:

„ERDOGAN WIR TUN SCHÖN BITTEN / LIES UNS SCHNELL DIE ALEVITEN

LASS UNS UNSRE SÜNDEN NACH / HOCH LEB TURK-BERG-KARABACH!

TRÄGST DOCH ALLE UNSRE BÜRDEN / ARAMÄER GRIECHEN KÜRDEN

SELBST DEN PUTIN HÄLTST DU FERN / DARUM BITTE. HAB UNS GERN!

UND DA SCHIFFT DICH STRÄFLICH AN / SO EIN WÜRSCHTEL BÖHMERMANN!

RECEP WIR SIND DEINE LEUT / DRUM BELAGERE NOCH HEUT

BITTE WIEN KOMM SEI UNS NAH / NEUER KARA MUSTAFA

UND GANZ EHRLICH DIESMAL HOLEN / WIR GANZ SICHER KEINE POLEN

ZEIG UNS ALLEN DEINE GUNST / WEIL SONST WAS IS UMSUNST! „

Die Freiheit der Kunst bedeutet nicht, dass ein Künstler alles im Namen der Kunst machen darf. Heute Berichtet „Österreich“ (Ausgabe 13.4.16) über den Sprayer Puber, der in Wien wegen Sachbeschädigung verhaftet wurde. Das Thema regt hier offenbar niemanden auf. Puber, der schon mehrfach in Wien seine Spuren hinterlassen hat, kennt auf fuf offenbar niemand. Was ich damit sagen will: es würde sich lohnen, einmal die Logik und Dynamik von Massenemotionen zu behirnen! Böhmermann wie Puber wissen ganz genau, wo die Grenzen sind. Wenn sie diese bewusst überschreiten und sich dann hinter dem Mäntelchen der Kunstfreiheit verstecken, so sollen sie doch nicht den Schwanz einziehen, wenn es ernst wird, und der Staatsanwalt seine Zähne zeigt! Wenn sie es darauf anlegen, sollen sie mal zeigen – um im Jargon zu bleiben – ob ihre Eier so groß sind wie ihr Mundwerk (oder Handwerk).

Und noch was: die Einleitung einer Untersuchung ist in jedem Rechtssystem legitim, wenn der Verdacht beseht, dass Gesetze verletzt wurden. Eine Untersuchung ist aber noch lange keine Verurteilung. Mir scheint hier vielmehr bei allen Böhmermannschützlingen und Böhmermannschutzmännern und -innen eine Vorverurteilung des Justizsystems vorzuliegen.