Nicht was Sie jetzt denken. Das Ei stammt in dem Fall nicht von (hoffentlich) glücklichen Hühnern.

Es stammt von Insekten, genauer gesagt von Fliegen. Diese legen ihre zukünftigen Nachkommen in der warmen Jahreszeit gerne auf Lebensmitteln ab, vorzugsweise nachdem sie vorher einen kleinen oder größeren Ausflug auf diverse Hundehaufen dieser Welt gemacht haben.

Was das mit Barfen zu tun hat? Jede Menge.

Sehr viele Hundehalter denken, sie müssten ihre Tiere wie Raubtiere ernähren. Sie denken dies, obwohl wissenschaftlich bereits vor Ewigkeiten nachgewiesen wurde, dass der Hund kein Raubtier mehr ist, sondern bereits ein Haustier, und dass er, im Gegensatz zum Wolf, auch Kohlenhydrate verstoffwechseln kann. Und auch muss, damit er satt wird.

Oder würden Sie sich gern ausschließlich von rohem Fleisch ernähren? Essen Sie mal ein paar Wochen nur Fleisch. Sie werden rasend schnell an Gewicht verlieren. Sie werden nie richtig satt werden. Sie werden davon auch alle anderen unerwünschten Zustände bekommen, die ich hier nicht näher erläutern will.

Wieso? Weil Menschen Allesfresser sind.

So wie auch unsere Hunde Allesfresser sind.

Was sie nicht sind: reine Fleischfresser. Sie sind auch keine Veganer. Was sie auch nicht sind: Abfalleimer für menschliche Essensreste. Sie sind auch keine reinen Trockenfutterfresser. Auch ernährt man sie besser nicht nur mit billigem Dosenfutter. Auf gar keinen Fall aber füttert man ihnen nur rohes Fleisch!

Keine Angst, ich will Ihnen kein Hundefutter andrehen. Ich schreibe Bücher. Ich will Ihnen auch kein Buch andrehen. Ich will, dass Ihr Hund gesund bleibt.

Warum werden gebarfte Hunde krank?

Die meisten Barfer kaufen tiefgefrorene Fleischrationen und tauen diese dann bei Bedarf täglich auf. Die meisten Barfer tun dies leider, indem sie das tiefgefrorene Fleisch schon am Vorabend in die warme Küche stellen. Auf einen Teller oder in eine Schüssel bei Zimmertemperatur. Wo es vor sich hingammelt.

Was passiert? Dann kommen die Fliegen. Selbst wenn Sie Insektenschutzgitter montiert haben kommen die Fliegen, in dem Fall halt die ganz kleinen Fliegen. Sie kennen diese Sorte sicher, diese Minifliegen, die gerne am Obst herumschwirren und sich auch mal am Bildschirm niederlassen oder nachts im Tee ertrinken. Keiner weiß, woher sie stammen, aber plötzlich sind sie in Massen da.

Diese Fliegen legen ihre Eier im auftauenden Fleisch ab. Das ist gesundheitsschädigend. Schlimmer aber als die zukünftigen Nachkommen kleiner und großer Fliegen sind die Fäkalbakterien, die von diesen Insekten übertragen werden.

Eigentlich ist es logisch: wer sich nach dem Klogang nicht die Hände wäscht, bringt Fäkalkeime überall hin, wo man sie ganz sicher nicht haben will. Fliegen zählen nicht zu den saubersten Lebewesen dieses Planeten, gastieren sie doch recht hemmungslos überall da, wo es ekelerregend ist. Und prompt wimmelt es dank ihnen blitzschnell auf dem aufgetauten Fleisch von Salmonellen, Campylobacter, Shigellen, Yersinien, Escherichia coli, Staphylokokken, Listerien und auch das Bakterium Clostridium botulinum sowie noch einige andere fühlen sich wie zu Hause.

Der Hund frisst das halb angetaute oder ganz aufgetaute Fleisch und wird krank. Nicht immer, und auch nicht immer gleich nach dem Fressen. Manchmal leidet er monatelang an chronischer Gastritis. Magenschmerzen sind nicht lustig für den Hund. Oft geht die Magenentzündung auch in den Darmtrakt über und macht sich dort mit hartnäckigem Durchfall und üblen Blähungen bemerkbar, und auch Durchfall ist nicht lustig für den Hund.

Meist aber entsteht das, was man beim Menschen als Lebensmittelvergiftung bezeichnet: der Hund wird ernsthaft krank und benötigt schlimmstenfalls einen Tierarztbesuch und sehr viele Antibiotika, um nicht daran zu sterben.

Ernste Krankheitssymptome können auch erst eine Woche bis zehn Tage nach Verzehr auftreten, beispielsweise bei einer Campylobakter- Infektion! Und niemand weiß, warum es dem Hund plötzlich so schlecht geht.

Was passiert, wenn man dieses angetaute oder ganz aufgetaute rohe Fleisch sicherheitshalber kocht? Kann man damit alle Erreger zuverlässig abtöten? Leider nein. Nur 90 Prozent der lebenden Krankheitserreger werden durch Kochen abgetötet, während die restlichen 10 Prozent munter nicht durch Erhitzen zerstörbare Gifte bilden.

Was heißt das jetzt für Hardcore-Barfer? Die ihrem angeblich besten Freund noch dazu unendlich viel unnötiges Öl und giftige Kräuter in getrockneter oder frischer Form zumuten?

Es bedeutet, dass es nicht umsonst eine Kühlkette für Lebensmittel gibt. Eine, die im Fall von frischem Fleisch einen lückenlos gekühlten Transport vom Schlachthof bis zum Endverbraucher garantiert.

Wenn besagter Endverbraucher dann leider so einfältig ist, die Kette zuhause zu unterbrechen und Fliegen sowie Keime geradezu herzlich dazu einlädt auf dem Fleisch Platz zu nehmen, kann der beste Fleischer nichts dafür, wenn der Hund krank wird.

Wenn Sie Ihren Hund schon unbedingt mit rohem Fleisch füttern wollen, dann bitte nur mit ganz frischem Fleisch, direkt vom Fleischer oder aus der Fleischvitrine und nur in Lebensmittelqualität. Nicht aufgetaut, nicht aufgewärmt, nicht angetaut und schon gar nicht, wenn das rohe Fleisch im Sommer ein paar Stunden im Schuppen stand und vor sich im Blutsaft hinschwimmt, damit es in der Küche nicht so stinkt.

Nur so bleibt Ihr Hund gesund und munter.

Und das sollte doch das Ziel jeden Hundehalters sein, der seinen Vierbeiner wirklich liebt. Oder?

Herzlichst, Bela Wolf

Tierarzt, Journalist und Autor

www.tierarzt-wien.com

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