Bela Wolf

Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2014 fanden 76 Prozent der Wienerinnen und Wiener, dass in Wien "genug" für den Tierschutz getan wird.

Mich haben sie damals keinesfalls gefragt, auch meinen Kollegen nicht, der mir obiges Bild zukommen ließ. Er nahm das Foto am Sonntag in Wien Meidling auf, in der Nähe eines Gemeidebaus, wo er wohnt.

Er war schockiert, und der Herr Kollege gehört nicht zu der Sorte, die sehr leicht aus der Fassung zu bringen ist. Seit er vor Kurzem selbst auf den Hund gekommen ist, sieht er manche Dinge aber anders. Wer einen Hund hat, der muss mit ihm zwangsweise raus auf die Straße. Was in Wien nicht besonders lustig ist, außer Sie wohnen in einer Villa irgendwo am Stadtrand zwischen Grinzing und dem Kobenzl.

Andernfalls springt Ihnen (und Ihrem Hund) das geballte Elend vieler Wiener Stadthunde ins Gesicht. Es fällt vor allem die Ignoranz, Rücksichtslosigkeit und Aggression vieler Hundehalter sehr unschön auf.

Hunde werden in öffentlichen Verkehrsmitteln mitgeschleppt, gerne zur Stauzeit, hilflos mit Maulkorb oder Maulschlaufe im Gedränge rennender stoßender rücksichtsloser Menschenfüsse. Sie werden in U-Bahnen eingequetscht, in Aufzugtüren eingeklemmt, ihre Zehen werden in Rolltreppen abgeschnitten, sie kommen unter Autos.

Warum?

Weil Wien bei weitem nicht so tierfreundlich ist wie man immer sagt.

Weil Hundemenschen in Wien entweder Null Ahnung haben, wie sie mit ihrem Tier umgehen sollten oder weil es ihnen meistens völlig egal ist, ob der Hund Todesangst, Stress oder Panik hat.

Da muss er durch!

Die Stadt bietet dreckige versiffte Minihundezonen mit Zäunchen, die ein Zwergpüdelchen locker überspringen könnte. Die nachts zum Drogenumschlagplatz der Dealer werden. Wo Kondome, Nadeln und Spritzen oder gebrauchte Damenunterhosen herumliegen. Mein Hund hatte neulich erst mitten auf der Straße ein blutiges OB im Maul, das er auf dem Gehweg aufgenommen hatte.

Hauptsache, es gibt eine saftige Geldstrafe, wenn man nicht die Hundekacke in das umweltschädliche Plastiksackerl für den Kot eintütet. Für Menschen gilt das Sackerl allerdings nicht. Täglich kann man sehen wie reizende erwachsene Bürger auf die Straßen kacken, zwischen Autos oder auch einfach auf die nächstbeste Wiese vor einem Geschäft. Andere pinkeln einfach eine Hausmauer an. Obwohl an jeder Stelle ein Lokal, ein öffentliches WC ist.

Na und? Wenn kümmert das! Tschick aus dem Fenster und Musik laut aufdrehen. Auch Lärmbelästigung ist ein Thema, kümmert aber genau niemanden. Aber wehe, wenn der Fifi mal bellt!

Inmitten dieses aggressiven Treibens finden Sie in Wien in der Sommerhitze der Stadt in Autos eingesperrte Hunde. Frauchen geht shoppen, stundenlang auf eine Party oder ins Freibad. Auch heuer werden wieder unzählige Hunde in versperrten Autos den Hitzetod finden.

Sie sehen hinter Fahrrädern herrennende Hunde, die zwar bereits aus dem letzten Loch pfeifen und an denen Autos ganz knapp vorbeirasen, Herrchen oder Frauchen tangiert das jedoch alles nicht. Es ist in Wien verboten, mit dem nebenherlaufenden Hund auf der Straße mit Fahrrad zu fahren. Den Wienern ist das egal. Sie treten auch weiterhin, mit Hund am Nasenhalti oder Würgeband befestigt, munter und flott in die Pedale. Mitten auf der Straße, mitten am Gürtel. Darauf angesprochen, bleiben sie entweder gar nicht erst stehen oder Sie hören ein neckisches „Geh scheissen!“ inklusive Stinkefinger.

Auch lässt man Hunde gerne quer über Parkplätze bei diversen Einkaufszentren rennen, ohne Rücksicht auf Autos, die gerade noch bremsen können. Hundehalter zeigen auch hier wieder elegant den Mittelfinger.

Wir machen was wir wollen und wo wir es wollen, Oida!

Unangeleinte Hunde, massenhaft, die einem fast täglich ins Auto springen. In Wien herrscht gesetzliche Leinenpflicht und die hat ihren Grund. Sie beschützt Tiere vor dem Überfahren werden. Sie verhindert Beißereien und schwere Verletzungen sowie Autounfälle mit Hund. Interessiert nur keinen.

Meiner folgt eh! Meiner tut eh nix!

Auf diesem wunderbaren Bild sehen Sie wunderbar die aktuelle wunderbare Lage der typischen Wiener Hunde.

Sie ist trostlos.

Jeder schaut weg. Niemand ist zuständig. Da hängen sie, bei 26 Grad Celsius an einem Frühsommernachmittag in der heißen Stadt. Der eine am Nasenhalti befestigt, der andere am Beißkorb, mitten im menschlichen Dreck.

Aber man muss zwei davon haben, und es müssen auch immer Rassehunde sein, die man dann entweder aus dem Fenster wirft oder irgendwo an der Autobahnstation aussetzt, wenn man die Schnauze voll hat.

Das ist Wien. Das ist kein Einzelfall. Wien ist weit entfernt von Lebensqualität, weder für Menschen und schon gar nicht für Hunde.

Herzlichst

Bela Wolf

Tierarzt, Journalist und Autor

www.tierarzt-wien.com

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