Marlies M.

Nein, Sie haben sich nicht verlesen. Hunde sind definitiv nicht unsere besten Freunde. Beste Freunde stehen füreinander ein. Sie fallen sich nicht gegenseitig in den Rücken, sie sind fair, loyal und zuverlässig. Die wichtigste Eigenschaft in einer Freundschaft aber ist das Vertrauen. Sich auf den anderen verlassen können, das ist es, was mehr zählt als alles andere. Freundschaft beruht auf gegenseitiger Zuneigung von Mensch und Hund, die sich durch Sympathie und Vertrauen auszeichnet. Freundschaft kann man nicht kaufen. Man bekommt sie umsonst oder gar nicht.

Nun werden Sie sagen, aber all das hat doch der Hund.

Ja, das hat er, und noch viel mehr.

Das reicht aber leider nicht. Zu einer Freundschaft gehören immer zwei.

Hunde sind nicht unsere Freunde. Sie sind unsere Untergebenen. Sie finden, das sind harte Worte?

Ich finde sie nicht einmal annähernd hart genug für unser Verhalten unseren angeblichen Freunden gegenüber.

Ein kleines Beispiel gefällig?

Ein Welpe zieht ein. Der frischgebackene Hundebesitzer hat keine Ahnung, wie er mit dem neuen Hausgenossen umgehen soll. Ein Welpe macht Arbeit, das hat der Mensch nicht so erwartet. Was tut er? Er fragt Freunde in sozialen Netzwerken, holt sich Rat aus Hundegruppen, beides gibt’s ja wie Sand am Meer.

Was erfährt er? Um den kleinen Hund, ein Baby, das gerade (und meist viel zu früh) von seinen Artgenossen und seiner Mutter getrennt wurde, einzugewöhnen, empfiehlt man, dreimal dürfen Sie raten, das Hundekind in eine Box zu sperren. Klar, das wirkt. Da kann er weinen und heulen so viel er will, vor Verzweiflung, Angst und Einsamkeit in die Stäbe beissen, in die eigenen Decken Kot und Harn absetzen, weil Hundewelpen bekanntlich alle paar Stunden auf Klo gehen müssen. Hungrig, durstig, verlassen, alleine und völlig ausgeliefert an eine fremde, unsensible Spezies, die nicht den leisesten Schimmer von seinen Bedürfnissen hat. Den Menschen kümmert das nicht. Sie wissen schon: da muss er durch!

Wegsperren, keine Scherereien haben, keine Häufchen am Teppich, keine Pfützen im Wohnzimmer. Irgendwann resigniert der Welpe. Und dann wundert sich der Mensch, warum der Hund später unter Trennungsangst oder Verhaltensauffälligkeiten leidet. Ja, warum? Sie wurden in dieser Hundebox erschaffen. Gratulation. Viele Hundetrainer werden sich später über einen neuen Kunden freuen.

Sie würden staunen, wie viele Menschen, die sich als tierlieb ausgeben, diese Methode praktizieren.

Es sind die, die ihr erwachsenes Tier später auch ganztags oder lange Stunden in eine Hundebox sperren. Weil der Hund sonst die Wohnung zerlegt. Auf die Idee, dass der Hund ein soziales Wesen ist, sozialer als so mancher Mensch, kommen die nicht. Soziale Wesen brauchen Gesellschaft. Hunde wollen teilhaben am Leben ihrer Menschen, kann man ihnen das nicht ermöglichen, darf man sich keinen Hund zulegen.

Jemanden wegzusperren bedeutet, über ihn Macht zu haben.

Macht ist ein schillerndes, durchwegs gängiges, menschliches Phänomen.

In die Kategorie Macht fällt auch der Beißkorb. Die Leute, die Hundeboxen empfehlen („Ach, die mag er doch so gerne…“) empfehlen auch gerne den Beißkorb als Erziehungsmaßnahme. Letztens erst las ich in einer Hundevermittlungsanzeige „Der Hund werde derzeit immer mit einem Beißkorb gehalten, den er schon so wie andere eine Brille trägt.“ Bitte, geht's noch? Sowas macht mich grenzenlos wütend. Wütend auf dumme Menschen, die nicht die geringste Ahnung von Hunden haben und andauernd ihren Müll absondern oder gute Ratschläge geben, die keine sind.

Menschen haben die totale Macht über Hunde. Kritik lassen sie überhaupt nicht an sich heran; sie wird als Versuch der Demontage angesehen. Dies gilt vor allem für die Anhänger der Dominanztheorie. Mächtige Menschen haben keine Freunde. Aber sie haben Feinde.

Feindschaft ist das Gegenteil von Freundschaft.

Feinde bekämpft man, denn im Krieg ist alles erlaubt. Im Krieg fällt man dem anderen hinterhältig in den Rücken, man missbraucht sein Vertrauen, man tut alles, um ihn zu zerstören.

Wie würden Sie die nachfolgenden Beispiele einordnen, als Freundschaft oder Feindschaft?

Wenn der Hund nicht pariert, bekommt er einen Leinenruck, einen Tritt, einen Schlag, wird er angeschrien, gedemütigt, auf den Boden geworfen, an der Gurgel gepackt, weitergezerrt, beschimpft.

Wenn der Hund aus Langeweile etwas kaputtmacht, wird er weggesperrt und nachher hart bestraft, muss einen Beißkorb tragen.

Wenn der Hund sein Essen nicht frisst, sein Futter verteidigt, sein Spielzeug bewacht, sich nicht von jedem alles gefallen lässt, wird er angeschrien, gedemütigt, auf den Boden geworfen, an der Gurgel gepackt, geprügelt, getreten, beschimpft, mit Schweigen bestraft.

Die Liste wäre endlos, soviel Platz ist hier gar nicht vorhanden, um das alles aufzuzählen, was „Menschen“ ihren Hunden antun.

Aber eines ist sicher: sie bezeichnen sich alle immer als Tierfreunde. Sie mögen Hunde. Aber als Sklaven.

Schneller, leichter, verführerischer sie ist, die dunkle Seite der Macht. Würdest DU der dunklen Seite widerstehen?

Die wahre Kunst der Freundschaft besteht darin, gemeinsam für die richtige Sache zu kämpfen, bis zum Ende der Welt.

Hunde verraten Menschen nicht. Hunde sind all das, was Menschen nicht sind. Deshalb ziehe ich die Gegenwart meines Hundes sehr oft menschlicher Gesellschaft vor.

Für ihn gilt: „Du warst es und wirst es immer sein: mein Freund.“

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

http://www.tierarzt-wien.com/

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