...dann bekommt der Hundemensch meist die Krise.

Mit den Worten "Mein Hund riecht nicht gut!" oder "Hilfe, mein Hund stinkt!" wendet er sich nun bestenfalls an den Tierarzt seines Vertrauens oder er begibt sich auf die Suche nach Abhilfe in die unendlichen Weiten des weltweiten Webs.

Und findet dort Ratschläge wie einmal täglich den Hund zu baden und mit dem Shampoo XY ("Mit natürlichen BIO-Kräutern!" oder sonstigen pseudogesunden Zusätzen) einzuschäumen und schwuppdiwuppp, schon riecht der Hund wie Marilyn Monroe, die nur Chanel N°5 trug (und sonst bekanntlich gerne nichts).

Chanel N°5 begegnete mir ein paar Jahre lang in der Tierarztpraxis, als eine Hundehalterin mit ihrem blinden Dackel regelmäßig zum Gesundheitscheck kam. Schon während der Hund im Wartezimmer saß wußte ich, dass es dieser blinde Dackel war, ohne die Türe des Behandlungsraumes überhaupt zu öffnen. Es handelte sich um eine sehr liebe Rauhaardackeline, sie hieß Vroni. Ich erkannte Vroni durch die geschlossene Behandlungstüre, weil es penetrant roch. Nicht nach müffeligem Hund. Sondern nach Parfüm!

Die Besitzerin des Dackels parfümierte den armen Kerl regelmäßig mit Chanel N°5 ein, als würde der Hund sonst duften wie ein Kuhfladen.

Die Hündin tat mir sehr leid. Nicht nur, dass sie bestialisch stank (Madame Coco's N°5 ist nicht jedermanns Ding, auch meines nicht), so einparfümiert konnte sie von anderen Hunden geruchlich gar nicht mehr eingeordnet werden, falls diese nicht ihre feinen Nasen direkt an den Popo der Dackeldame hielten, der noch am ehesten nach Vroni selbst roch.

Leider kann man als Tierarzt seinen Kunden schlecht sagen, dass deren Tier stinkt. Man kann es zwar durch die Blume andeuten, aber meist bringt das nicht die erhoffte Wirkung.

Warum müffeln Hunde eigentlich?

Die meisten Hunde stinken, wenn sie im Sommer sehr oft schwimmen gehen (oder von ihren Haltern regelmäßig gebadet werden).

Häufiges Schwimmen oder Baden schadet dem Schutzmantel der Hundehaut. Warum? Weil die in der behaarten Haut sitzenden Talgdrüsen, die ein öliges Sekret absondern, um die Haut geschmeidig und geschützt zu halten, durch den ständigen Kontakt mit Wasser zur Höchstleistung angeregt werden.

Ein nasses Fell plus hohe Umgebungstemperatur und schon steigt die Hauttalgproduktion an. Diese Überforderung der Talgdrüsen und die damit verbundene ständige Überproduktion von Talg erzeugt den ranzigen, üblen Geruch des Hundes. Bei einigen Hunden passiert dies oft, bei anderen eher selten.

Und dann geschieht das, was ich schon am Anfang erwähnte: man begibt sich auf die Suche, wie das Stinken behoben werden kann.

Hier ist die Lösung, sie ist gleichsam einfach wie gratis, was in dieser Kombination sonst eher selten vorkommt auf dieser Welt.

Wenn der Hund müffelt, tun Sie bitte gar nichts.

Hundeshampoos, egal welche Sorte und Marke, auch wenn sie als noch so biologisch und gesund angepriesen werden, sind nur angebracht, wenn es eine medizinische Indikation gibt. (Räude etc.)

Ansonsten können Sie sämtliche Duftwässerchen, Parfums, Hundepflegeartikel und Waschzusätze getrost im Mülleimer versenken.

Sie machen nämlich die Sache schlimmer, statt besser.

Hunde müssen nicht gebadet werden! Sie wollen auch nicht einparfümiert werden! Jeder Hund hat ein angeborenes Selbstreinigungssystem.

Er wurde so geschaffen, dass er, wenn er sich genüsslich im Dreck wälzt oder gründlich einsaut, von ganz alleine trocken wird und anschließend der eingetrocknete Dreck aus seinem Haarkleid von selbst herausfällt. (Klimaanlagen, durch die sich nasse Hunde im Auto und zu Hause verkühlen können, waren in der Evolution dabei nicht vorgesehen.)

Dies kann man unterstützen, indem man den Hund nach dem Schwimmen gründlich abtrocknet. (Meerwasser wird vorher einfach mit Süßwasser aus dem Fell gespült.) Und zwar durch Reiben, nicht durch Rubbeln des Fells, damit lange Haare nicht abbrechen. Anschließend wird der trockene Hund gebürstet. Fertig.

Das Abtrocknen des Hundes nach jedem Schwimmen ist auch deshalb ratsam, weil ein feuchtes oder nassen Fell die empfindliche Hundehaut nicht oder kaum vor UV-Strahlen der Sonne schützt. Ein trockener Pelz hingegen ist der beste Schutz- gegen Sonne und Schnee. Deshalb darf man Hunde im Sommer niemals scheren. Ihre Haut würde schutzlos verbrennen.

Das hat die Natur schon sehr schlau erschaffen! Nur der dumme Mensch greift immer wieder störend in das intakte, perfekte System Hund ein.

Müffelt Fiffi also, war er zu häufig im Wasser (oder wurde zu oft unfreiwillig gebadet). Dagegen hilft: nicht mehr schwimmen (baden), bis sich die Talgdrüsen erholt haben.

Eigentlich recht einfach. Wenn man weiß, wie so ein Hund funktioniert.

Herzlichst Bela Wolf,

Tierarzt, Autor und Tiergesundheitsjournalist

http://www.tierarzt-wien.com/

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