Behindert? Handicap? Invalide? Besondere Bedürfnisse? Na und, Hauptsache Special Olympics!

Hallo, mein Name ist Westy, 33 Jahre jung, aus Wien Umgebung. Dies ist mein absolut erster Blog-Versuch, ich habe vor ca. einem Jahr spaßhalber für meine Freunde eine Biographie über mich selbst geschrieben.

Ich habe es im Behindertensport sehr weit gebracht, wie das alles entstanden ist, welche Wege ich einschlug, das alles erfährt ihr in den nächsten Beiträgen von mir.

Heute, am Anfang meiner Blogger-Karriere, möchte ich euch aber mal in eine Welt entführen, die die meisten von euch auf diese Art nicht kennen. Das Leben mit einem Handicap.

Ich wünsche euch viel Vergnügen, vor allem aber viele interessante Eindrücke.

Anders sein (oder: eh-so-terrisch?)

Dumm ist der, der dummes tut!

Menschen mit Behinderung wollen keine besonderen Bedürfnisse, doch sie brauchen sie!

Als ein Mensch, der mit einer Hörbehinderung leben muss, ist es manchmal nicht einfach, den Alltagsstress zu bewältigen. Ich leide oft an Kopfschmerzen, weil ich mich doppelt so sehr darauf konzentrieren muss, was mit mir geredet wird oder welche Geräusche ich wahrnehmen kann. Für einen, der kein Handicap hat, ist es nicht nachzuvollziehen, was für Qualen behinderte Menschen leiden müssen. Das soll jetzt kein Selbstmitleid sein, aber es sollte euch zeigen, dass ihr euch niemals (leider, aber auch Gott sei Dank) so fühlen könnt und in den Tag lebt, wie wir es tun.

Frauen sind bekanntlich von der Venus, Männer vom Mars. Genauso verhält es sich mit Menschen die entweder eine oder keine Behinderung besitzen.

Mein großer Bruder hat mir einmal erklärt, dass es unglaublich ist, wie intelligent ich eigentlich bin, weil ich mir sehr viel auf Anhieb merke. Der einzige Nachteil ist nur, dass ich von nichts eine Ahnung habe, was ich nicht gehört oder richtig verstanden habe. Das sind meine besonderen Bedürfnisse und es hat nichts damit zu tun, ob ich für all das mehr verlange, als jeder „normale“ Mensch. Bedürfnisse haben nichts damit zu tun, was man haben will, sondern was man braucht.

Nichtbehinderte Menschen nehmen oft alles als selbstverständlich wahr, dass wir alles können, was sie auch können, dem ist aber leider nicht so. Umgekehrt verhält es sich übrigens genauso: wir denken, dass ihr nicht alles könnt, was wir auch nicht können. Auch das ist leider ein Missverständnis, mit dem wir täglich umgehen müssen. Ich erkläre oft etwas detailgenau, bis dem Gegenüber der Kragen platzt und sagt „ich hab es schon verstanden!“. Es ist wirklich nicht böse gemeint, aber es ist die unweigerliche Folge dessen, wie es mir selbst beigebracht wurde, ich daher manchmal gar nicht anders handeln kann. Learning by doing nennt man so etwas. Ich weiß auch, dass es von der Gegenseite nicht böse gemeint ist (und manchmal Nerven kostet), alles 2 oder 3 Mal erklären zu müssen. Und ich bitte euch, zu verstehen, dass man dagegen wirklich machtlos ist, wenn man etwas nicht gleich verstanden hat.

Gender Mainstreaming (= Gleichberechtigung für alle) sollte wirklich konkreter behandelt werden. Gott sei Dank arbeite ich für einen Betrieb, bei dem Gleichberechtigung immens wichtig ist und ausnahmslos akzeptiert wird. Es gab schon Fälle, wo der geringste Fehler meinerseits mit einer Kündigung bestraft wurde und ich kenne einige Leute, denen es genauso erging. Verschlafen ist hier ein gutes Beispiel.

Schwerhörigkeit ist im Alltag wirklich nicht leicht. Das fängt an beim Aufwachen. Hat schon irgendjemand versucht, mit Ohrenstöpseln zu schlafen und dann in der Früh den Wecker zu hören, derweil man im Tiefschlaf liegt? Das ist ein Problem (und nicht, wie die meisten annehmen, eine Ausrede), mit dem wir Tag für Tag leben müssen, um nur ein ganz kleines Beispiel zu nennen.

Der Vorteil liegt im Wochenende, wo wir (sofern wir nicht geweckt werden) durchschlafen können, derweil vor dem Fenster die Straße aufgestemmt wird. Wir hören es nicht. Ein weiterer Vorteil wäre, wenn man vom Alltagslärm die Nase voll hat, dass man sein Hörgerät einfach abdreht. Ich habe einmal ziemlich viele Beleidigungen eines Mitarbeiters mitanhören müssen, so habe ich mein Gerät einfach ausgeschalten. Er redete 10 Minuten auf mich ein, ohne dass ich ihn weiter beachtete. Als ich mein Gerät in irgendeinem unwichtigen Moment wieder einschaltete, sah er das und sagte „hast du jetzt überhaupt nichts von dem, was ich dir gerade erzählt habe, gehört?“ „Selber schuld!“, sagte ich. Seitdem begegnete er mir stets mit Respekt, auch wenn manchmal Kleinigkeiten spaßhalber dazugehören, aber man erkennt an der Art, wie ein Mensch einen anderen betrachtet, wie man etwas in einem bestimmtem Moment auch meint.

Ich bin heilfroh darüber, erst mit 5 Jahren schwerhörig geworden zu sein (infolge einer Kinderkrankheit, Mumps), denn es gibt Kinder, die bereits mit schweren Hörschäden auf die Welt gekommen sind. Diese müssen ihr Leben lang mit Gebärdensprache leben, von daher bin ich heilfroh darüber, dass es mir nicht schlechter geht. Es könnte ja auch Blindheit oder Querschnittlähmung sein. Aus diesem Grund sehe ich mein Handicap immer positiv.

Das Leben mit anderen behinderten Menschen von meiner Sicht aus gesehen ist relativ einfach zu verstehen, weil man selbst damit lebt. Wenn jemand nicht in der Lage ist, etwas zu erreichen oder zu verstehen, ignoriert man das nicht einfach, sondern man hilft sich gegenseitig. Das praktizieren wir in jedem Training, indem wir uns wieder selbst aufbauen oder einfach das tun, wozu der andere nicht fähig ist (zum Beispiel einspringen in der Verteidigung, weil manche nicht die Gabe haben, vorauszudenken). Kaum verwunderlich ist, dass 99% der Menschen mit besonderen Bedürfnissen wirklich ehrliche und nette Menschen sind, daran sollte sich jeder ein Beispiel nehmen. Ebenfalls kaum verwunderlich ist, dass es immer wieder Leute geben wird, die eine Schwäche anderer eiskalt ausnutzen, das gehört leider zum Leben dazu, denn es ist der ganz normale Kreislauf der Natur (siehe Rangordnung im Wolfsrudel).

An die Invaliden unter uns: seid nicht böse, wenn andere versuchen, euch zu helfen, manchmal auch im übertriebenen Sinne (zum Beispiel: automatisch Platz machen für Rollstuhlfahrer). Soviel ist sicher: sie meinen es nur gut, genauso wie ihr selbst auch. Vertrauen beruht auf Gegenseitigkeit, dasselbe gilt übrigens für die guten Taten und Worte im Leben. Jeder bekommt irgendwann einmal das zurück, was er gegeben hat, ob es nun positiv oder negativ war, sei dahingestellt.

Das war mal mein erstes Kapitel für euch, nächstes Mal begeben wir uns auf eine wunderbare Reise in meine frühe Kindheit.

Danke fürs Folgen, die Freude ist ganz meinerseits.

Euer Westy

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