'Komplett überflüssig' – so titelte gestern die Online-Ausgabe des Blattes aus Berlin-Kreuzberg, bzw. so setzte die sich bereits festgelegt zu haben scheinende Autorin ihr Statement an den Anfang.

Im Vorspann heißt es besorgt: „ (...) Für den Kampf gegen Antisemitismus wäre eine Falschaussage Gift.“

Der Artikel käut erst mal wieder, was zum Verlauf der Angelegenheit bis dato berichtet wird (eine abschließende Beurteilung ist nach Stand der Dinge noch nicht angezeigt), und steuert dann auf sein eigentliches Ziel hin.

„Die gesamte Affäre ist zutiefst verstörend. Was ist wahr, was gelogen? Was wird verzerrt dargestellt?“

Das Subjekt des Lügens und Verzerrens wird nicht namentlich genannt. Könnte damit vielleicht auch der Hotelangestellte gemeint sein? – Eher weniger.

Die Logik des Mediums fordert, auch dann etwas zu schreiben, wenn's noch nix, oder nicht genügend zu schreiben gibt. Und das tut die Autorin denn auch (und viele andere ihrer Zunft in anderen Redaktionen). Und sie garniert ihre für sie so wichtige Botschaft typischerweise mit der Floskel vom Auftrieb rechter Kräfte und dem Bärendienst im Kampf gegen bla bla bla.

„Letztlich entscheidend ist aber: Hat der Fall Einfluss auf die Antisemitismusdebatte hierzulande? Ist er kontraproduktiv, weil er rechte Kräfte mobilisiert, die sich durch den möglicherweise unberechtigten schweren Vorwurf bestätigt fühlen? (...) Sollte es sich tatsächlich bewahrheiten, dass Ofarim die Vorwürfe erfunden hat, war sein Instagram-Video nicht nur ein fettes Eigentor, sondern vor allem ein Bärendienst im Kampf gegen Antisemitismus, Hetze, Hass.“

Erfreulicherweise wird der Autorin in luziden Kommentaren etwas entgegengesetzt, z.B. von FLIP FLOP :

„ "Hat der Fall Einfluss auf die Antisemitismusdebatte hierzulande?"

Ist Antisemitismus etwa eine rationale Einstellung, die sich durch Fakten bildet und ändert?

Ist der mögliche Fehltritt eines Judens verantwortlich für den Antisemitismus anderer?

Dass die Geschichte so grosse Wellen geschlagen hat lag auch und (m.E.) gerade an der medialen Ausschlachtung, die mit einer geradezu homöopathischen Dosis von "wenn" und "falls" operiert hat, als wäre eigentlich alles klar -- ein ernsthaftes Abwarten und eine klare Bennenung der offensichtlichen Ungereimtheiten hat nach meinen Eindruck kaum stattgefunden.

Offensichtlich hat die Erzählung Ofarims genug Vorstellungen bestätigt -- so, wie jetzt die bekanntgewordenen Details entgegengesetzte Ideen bestätigen.

Dem Kampf gegen den Antisemitismus hat m.E. viel mehr das reflexhafte Für-Wahr-Halten und die aufgeregte Berichterstattung geschadet.

Schön wäre, wenn beim nächsten Fall tatsächlich abgewartet würde, bis Genaueres festssteht -- aber so funktionieren Medien nicht. Wir werden also bald die nächste Aufführung erleben ... “

https://taz.de/Antisemitismusvorwurf-von-Gil-Ofarim/!5805808/

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thomas schweighäuser (ex Gotha)

thomas schweighäuser (ex Gotha) bewertete diesen Eintrag 18.10.2021 17:41:06

Manfred Breitenberger

Manfred Breitenberger bewertete diesen Eintrag 18.10.2021 17:25:08

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