Sind wir tatsächlich ignorante Konsumtrottel geworden?

Sorry für die etwas deftig formulierte Frage in der Überschrift. Aber sie ist einfach nicht zu beschönigen. Ständig werden Firmen entlarvt, die Arbeits- und fallsweise sogar Menschenrechte missachten, die Umwelt bewusst verschmutzen und Meister sind im Vermeiden von Steuerzahlungen. Wir Konsumenten wissen das und kritisieren solch ein Vorgehen zu Recht. Trotzdem kaufen und konsumieren wir die Produkte dieser Unternehmen. Warum sollten diese Profiteure unserer Ignoranz also umdenken?

Wir ignorante Konsumtrottel (zu dieser Gruppe muss ich auch mich selbst zählen) haben es in der Hand, solch bloß gestelltes Fehlverhalten zu sanktionieren. Wir sind es nämlich, die entscheiden, für welches Produkt wir unser Geld ausgeben. Wir entscheiden mit unserem Geld darüber, ob ein Unternehmen für seine Handlungen und Produktionsmethoden belohnt oder bestraft wird.

Das Unfassbare ist, dass wir Unternehmen, die für ihre arbeitsrechtlichen Missstände, Umwelt verschmutzenden Tricksereien und Steuer vermeidenden Taktiken bekannt sind, Tag für Tag – nein, nicht bestrafen – belohnen!

Sind wir das willenlose Herdenvieh gewissenloser Konzerne?

Letztens las ich in einer Tageszeitung, dass die Neuwagen-Verkäufe von VW kaum unter dem Abgas-Skandal leiden. Wir wissen, dass VW zum Schaden unserer Gesundheit – höflich formuliert – getrickst hat, und kaufen trotzdem unverändert viele VWs.

Mehrmals haben wir schon Berichte über die extremen Arbeitsbedingungen beim Online-Händler Amazon gelesen. Diese werden für die Betroffenen auch nicht angenehmer, wenn wir berücksichtigen, dass sich Amazon in Deutschland als Logistiker bezeichnet (was den Angestellten einen geringeren, kollektivvertraglichen Lohn beschert). Trotzdem verzeichnet Amazon gerade in der Weihnachtszeit unverändert Rekordumsätze.

Starbucks macht in Europa Umsätze in Milliardenhöhe, zahlt aber dank innovativer Firmenkonstruktionen so gut wie keine Steuern auf seine Gewinne, konnten wir schon lesen. Die Methoden von Starbucks sollen im Gegensatz den legalen Tricks von Google und Ikea sogar illegal gewesen sein. Spürbar geschadet haben solche Enthüllungen den Konzernen bis dato meines Wissens nicht.

Nicht erst einmal habe ich über die miserablen Arbeitsbedingungen gelesen, die bei Foxconn vorherrschen sollen. Foxconn, wo es auch schon erhöhte Suizidraten gegeben haben soll, fertigt unter anderem iPhones für Apple. Massiv Steuern sparen soll Apple über irische Sparmodelle auch. Steuern, die wir – ebenso wie jene von Amazon, Starbucks, usw. – in Europa sehr gut brauchen könnten, zum Beispiel um Flüchtlinge anständig unterzubringen. Wer hat sich deshalb von seinem iPhone oder iPad getrennt?

Wir verraten Facebook alles über uns, sind aber schockiert, wenn wir hören, dass Facebook mit unseren persönlichen Daten nicht besonders sorgfältig umgeht und durch die Bereitstellung unserer persönlichen Daten viel Geld verdient. Wer hat in Kenntnis dieser Tatsachen seinen Facebook-Accont gelöscht?

Wir erinnern uns noch an den Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch im Jahr 2013, bei dem über 1.000 Menschen getötet wurden. Billige T-Shirts verkaufen sich aber nach wie vor ganz ausgezeichnet. Wenn ein T-Shirt bei uns gerade einmal 1,99 Euro kostet, unter welchen Bedingungen wurde es dann wohl in Asien produziert? Wir prangern solche Arbeitsbedingungen zu Recht an, wir trauern um die Toten, aber im Laden siegt dann doch der Geiz.

Die Liste ließe sich noch durch viele weitere Beispiele ergänzen. Wir schimpfen beispielsweise auch auf Banken, tragen unser Geld aber trotzdem weiterhin in die Filialen. Oder verurteilen die Massentierhaltung, kaufen aber dann doch das Schweine- oder Hühnerfleisch zum Aktionspreis von 2,99 Euro pro Kilogramm.

Klaffen unsere moralischen Wertvorstellungen und unser Konsumverhalten tatsächlich so weit auseinander? Sind wir tatsächlich derart egoistische und ignorante Konsumtrottel geworden, dass wir zu faul sind auch nur die geringste unserer Kaufgewohnheiten zu ändern?

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