Warum Norbert Hofer und Teile der FPÖ für mich keine Patrioten sein können.

Um es kurz zu machen, muss ich gleich vorrausschicken, dass ich ein Gegner der Politik der FPÖ und deshalb auch Norbert Hofers bin. Ich habe bei der BP-Wahl- in der Hoffnung, dass die Wahlumfragen wieder einmal unkorrekt sind- meine Stimme Frau Griss gegeben, damit es zu einer Stichwahl ohne Hofer kommt. Wie man sich doch täuschen kann…

Die Politik Hofers und der FPÖ wurde allerdings hier und anderorts oft genug besprochen und soll nur teilweise in diesem Beitrag gestreift werden Ich bin zwar ein entschiedener Gegner dieser Politik, doch bin ich empathisch genug, dass ich die Wähler/innen verstehe, die ihm die Stimme gegeben haben. Meinungsverschiedenheiten gehören eben dazu. Ich würde und werde eine Wahl Hofers als Bundespräsidenten auch anerkennen. It’s democracy, stupid!

Nur MEIN Präsident wird Hofer nicht, denn als österreichischer Bürger werde ich es niemals anerkennen können, dass der Bundespräsident Österreichs Ehrenmitglied einer deutschnationalen Burschenschaft ist! Das ist für mich ein absolutes No-Go, die rote Linie, oder wie immer man das auch bezeichnen will. Das Thema Burschenschaften hat mich auch als Akademiker nie interessiert, trotzdem bin ich liberal genug, die Freizeitgestaltung anderer Bürger- selbst wenn ich sie bedenklich finde- zu tolerieren. Sollen diese Herrschaften sich in ihren Buden treffen, von der Elite schwafeln, „ihre Gesichter aufschlitzen“, sich mit der Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts auseinandersetzen und dabei „drei Bier“ bestellen. Jedem das seine! Das ist nicht meine Welt und wird es auch nie sein.

Eine ganz andere Qualität bekommt dieses Thema aber, wenn das höchste Amt der Republik Österreich von einem Ehrenmitglied einer deutschnationalen Burschenschaft bekleidet wird.

Blaue Fahnenschwenker und meine Wut.

Zu meiner Person: Ich bin österreichischer Sportler und durfte unser Land schon mehrfach bei Großveranstaltungen vertreten. Dabei hatte ich die Ehre mehrmals bei Eröffnungs- oder Abschlussfeiern die österreichische Fahne zu tragen. Das waren für mich prägende Momente, auf die ich in patriotischer Art und Weise auch sehr stolz bin. Ich würde deswegen behaupten, mit meinem Nationalempfinden kein linkslinker Aktivist zu sein.

Als ich dann durch einen Bericht im Standard auf die Ehrenmitgliedschaft Hofers bei der Marko-Germania Pinkafeld aufmerksam wurde, empfand ich es zuerst nur als schlechten Scherz, dass ein Mitglied dieser Vereinigung als Kandidat zur Präsidentschaftswahl antritt.

Zu meiner eigenen Verwunderung wurde ich richtig emotional und wütend als bei der ORF Wahl-Übertragung die FPÖ wild fahnenschwenkend ins Bild kam. Ich fragte mich nur, wie das sein kann, dass diese Partei, die anscheinend Probleme hat zur Österreichischen Nation zu stehen, sich als Patrioten bezeichnen können? Was ist falsch mit unserem Land und unserer Parteienlandschaft, wenn genau die Partei, die im Gedankengut des 19. und 20. Jahrhunderts gefangen ist und in (rechtsextremen) Burschenschaften verkehrt, die u.a. Österreich als „Fiktion in den Köpfen der Bürger seit 1945“ betrachten, „die Fahnen für Österreich hoch hält“? Wie kommt diese Partei dazu, ihren Kandidaten als „Schutzherren für Österreich“ zu bezeichnen?

Diese Fragen haben mich jetzt tagelang beschäftigt und sind auch Grund für meinen erstmaligen Beitrag bei FuF.

Ich stelle mir folgendes Beispiel vor: Präsident Norbert Hofer kommt nach einem anstrengenden Arbeitstag, bei dem er gefühlte drei Stunden die österreichische Flagge vor den TV-Kameras geschwenkt hatte, in sein geliebtes Pinkafeld und besucht eine Versammlung seiner Burschenschaft. Da sich die Mitglieder der Burschenschaft Marko-Germania als „Germanen“ bezeichnen, würde auch unser Bundespräsident so genannt werden. Dann wird über die Festschrift aus dem Gründungsjahr der Burschenschaft debattiert, deren Inhalt es ist, dass Österreich eine Fiktion sei und sich die Burschenschaft auf "das deutsche Vaterland unabhängig von bestehenden staatlichen Grenzen" bekennt.

Das ist in meinen Augen ca. so glaubwürdig und unbegrenzt peinlich, als würde ich als Sportler durchs Land tingeln und Vorträge über die Schändlichkeit von Doping und dem wichtigen Kampf gegen diese Sch***e halten und dann herauskäme, dass ich Ehrenmitglied im „Humanplasmaforum“ bin , bei dem ich mich mit Matschiner, Mayer und Kohl treffe und wir uns dort mit „Hey, du altes Wachstumshormon“ begrüßen und über effektives Doping unterhalten. Das geht einfach nicht. Diese Positionen stehen doch diametral entgegen?!

In den Wahldebatten wurde Hofer u.a. durch Hundstorfer auf dieses Thema angesprochen und hat dies meiner Meinung nach absolut unzureichend beantwortet. Die Frage wird immer damit abgewürgt, dass dies gar nicht in den Statuten steht und er ja eh einer anderen Meinung ist. Erstens: Es steht in der Festschrift aus dem Gründungsjahr- die dürfte man als Mitglied doch kennen. Zweitens: Wenn ich in dieser essentiellen Frage nicht einer Meinung mit einem Verein bin und meine Glaubwürdigkeit behalten will, muss ich versuchen die Einstellung des Vereins zu ändern oder eben austreten.

In meinen Augen ist eine deutschnationale Burschenschaft, die sich auf das deutsche Vaterland bekennt eine ANTI-ÖSTERREICHISCHE Vereinigung. Zu Ende gedacht und in der Sprache der FPÖ sind deutschnationale Burschenschafter, die sich auf das deutsche Vaterland bekennen für mich somit „schlecht integrierte Ausländer mit österreichischem Pass“.

Ich bin Mitte zwanzig und mit der Idee einer österreichischen Nation aufgewachsen. Für mich war es immer selbstverständlich, dass es Unterschiede zwischen Deutschen und Österreichern gibt, selbst oder v.a. da meine halbe Familie in Deutschland lebt. Ich bin auch alles andere als „germanophob“, denn ich lebe aufgrund der besseren Sportinfrastruktur seit mehreren Jahren in Deutschland und empfinde es als ein tolles Land mit netten Menschen. Jedoch ist es für mich wichtig, dass die Existenz Österreichs nicht in Frage gestellt wird.

Ausweg aus dem Dilemma

Ich denke, meine Ansicht zu diesem Thema ist nun ausreichend geklärt, jedoch bin ich es als Sportler gewohnt, selbst Katastrophen positives abgewinnen zu können.

Sollte nun wirklich Hofer, Mitglied einer m.E. ANTI-ÖSTERREICHISCHEN Vereinigung das höchste Amt des Staates Österreich bekleiden, gibt es in meinen Augen nur zwei Möglichkeiten diesem Schlamassel zu entkommen und eine positive Wendung zu nehmen:

Rückttritt- wobei Herr Hofer die Wahl zwischen seinem neuen Amt des Bundespräsidenten oder seiner Ehrenmitgliedschaft hat.

Und/oder eine breit aufgelegte und längst überfällige Werte-Diskussion mit einer Volksbefragung oder gar Abstimmung als finalem Schlusspunkt. Denn wir wissen nicht, ob die Wähler bei der Wahl des „Gesamtpakets Hofer“ die Mitgliedschaft/deutsche Gedankenwelt gutheißen, tolerieren oder gar nichts davon wussten. Jedoch bin ich mir sicher, dass die Wahl Hofers von der FPÖ genau als Bestätigung dieses Gedankenguts interpretiert und ausgeschlachtet werden würde.

Deshalb sollte das Volk befragt werden. Dies würde auch der Intention Hofers zugutekommen, da dadurch die direkte Demokratie gestärkt wird. Ich bin mir sicher, dass die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung gegen diese Geschichtsauslegung ist, aber ich kann mich natürlich auch irren. Des Weiteren müsste endlich eine in die tiefe gehende Werte-Diskussion [Der Begriff Werte wird im Rahmen der Asylkrise überstrapaziert, aber unter diesem Begriff versteht jeder etwas anderes und teilweise sehr konträres] gestartet und folgende Fragen beantwortet werden:

Ist Österreich ein „deutscher Staat“?

Ist Österreich in den Augen der Bevölkerung eine Fiktion?

Was sind unsere (österreichischen) Werte? Kennen wir diese überhaupt?

Was sind die viel zitierten europäischen Werte und welche von diesen haben wir in den letzten Jahren gebrochen/ vernachlässigt?

Welche dieser Werte sind objektiv gesehen Grundwerte, die von allen Einwohnern (nicht nur Staatsbürgern) mitgetragen werden müssen?

Was macht uns („Deutsch-„) Österreicher aus?

Sind wir zufrieden, wenn wir die „besseren/schlechteren Deutschen“ sind?

Wollen wir im 21. Jahrhundert Österreicher sein, die die Geschichte zwar beachten, aber sich nicht mehr von ihr vereinnahmen lassen?

Wenn durch die Ernennung eines deutschnationalen Politikers als Bundespräsident diese Fragen geklärt werden können, dann würde ich das sogar positiv bewerten, selbst wenn der Auslöser negativer Art ist. Dies könnte die letzten Zweifel an der Nation Österreich beseitigen, oder aufzeigen, dass Österreich doch eine „ideologische Missgeburt“ (Copyright J. Haider) ist. Ich denke, wenn hier endlich Klarheit herrscht und wir gemeinsam unsere Werte festlegen, ist das jeden Cent der Befragung wert und bringt mehr als das teure „Nation branding“ oder sonstige Versuche unsere Werte aufzudecken.

Was ist Ihre Meinung zu diesem Thema? Liege ich hier falsch und sehe das Thema durch eine nicht mehrheitsfähige rot-weiß-rote Brille? Oder ist das Thema „eh wurscht“ und nur heiße Luft.

Ich freue mich auf Ihre Beiträge und hoffe somit zu erfahren, welches Land ich in Zukunft weiter vertreten darf und was ich darunter verstehen soll.

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 12.05.2016 23:36:08

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