Jetzt habe ich es schwarz auf weiß. In ein paar Wochen werde ich geschieden sein. Seit Jahren streiten wir auf diesen Tag hin, in Kürze wird der förmliche Akt des Getrenntseins dann vollzogen sein. Obwohl alle Scherben aufgekehrt sind, sich alle mit der Situation abgefunden haben so gut es eben geht, hängt der offizielle Scheidungstermin wie ein Damoklesschwert über mir.

Irgendwann in grauer Vorzeit hatte ich einmal Träume gehabt. Für mein Leben. Wenn du jung bist, malst du die Zukunft in deinen eigenen Farben. Später gibt es dann immer jemanden, der mit dem Pinsel dazwischen pfuscht oder Naturgewalten, die dein Bild zerrinnenlassen. Alles kein wirkliches Problem, solange du das Papier noch retten kannst…

Ohne Unterlage bis du niemand. Ohne Perspektive fällst du in ein tiefes Loch. Kletterkünste sind gefragt, um wieder hochzukommen, Schienen, um stehen zu können. Ich stehe. Wieder? Noch?

Alles, was einmal sauber war, liegt jetzt im Schmutz. Dinge, die gesagt und getan wurden, stehen nach wie vor im Raum. Es will kein Gras wachsen, wo Wüste ist!

Wie immer sind die Kinder die Leidtragenden. Tun sie nicht laut ihm! Unsere Realitäten sind verschoben… Was ich sage, will gerade nicht ankommen. Damit muss ich leben. Aufgebrachte Energien allein verändern nicht. Worte müssen auch erreichen.

Wenn der Tag dann kommt, werde ich also hinmarschieren zur Bühne Gericht und Teil der Inszenierung sein, deren Resultat ein Wisch mit dem Kopf „Scheidungsurkunde“ ist. Es wird –wie immer- ganz anders und wahrscheinlich viel banaler ablaufen als ich mir das vorstelle. Danach werden –wie immer- meine Freunde, meine wahre Familie, für mich da sein. Und sie werden mir helfen, weiterzumalen. Weil sie das immer tun.

Ich wollte nie geschieden sein, jetzt will ich es. Weil mir der Mensch fremd geworden ist. Weil er nicht der Mensch ist, den ich geheiratet habe. Weil ich keinen Feigling an meiner Seite brauche, sondern einen Visionär und Kämpfer. Wie sich die Dinge verändern. Wer hätte das gedacht!

Was wirklich schwer ist, ist dass die Kinder naturgemäß auch seine Züge und Verhaltensweisen vereinen. Ein Umstand, der nicht auszuklammern ist, mit dem ich leben und zurechtkommen werden muss. Da Kinder immer anders sind als ihre Eltern, weil das die Natur so vorgesehen hat, hoffe ich darauf, dass sie Individuen mit einer starken eigenen Meinung werden und sich nicht täuschen und von Lügen prägen lassen.

Ich werde mich also aufbrezeln, damit er sieht, was er aufgibt. Oder auch nicht, weil mich mehr ausmacht als das. Ich werde erneut stark sein und es hinter mich bringen und mich auf die Party freuen, die meine Freunde für mich planen.

Und dann werde ich es auch offiziell sein – geschieden! Für immer, wie ich jetzt sage, denn ich habe nie wieder vor zu heiraten. Aber was weiß ich schon?!

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hallmackenreuter

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Kristallfrau

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Silvia Jelincic

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