Weshalb rechtsstaatliche Prinzipen auch für politische Gegner gelten müssen. Und die Ibiza-Affäre nicht wahlentscheind sein sollte.

In Wien wird am Sonntag gewählt. Herr Strache versucht sein politisches Comeback. Selbst jene, die politisch ihm nie etwas abgewinnen konnten, sollten nicht darauf hoffen, dass die Ibiza-Affäre und der vermeintliche Spesenskandal sein politisches Schicksal besiegeln.

Tatsache ist, Strache ist bis heute strafrechtlich unbescholten. Die unzählige Male im Fernsehen gesendeten Ausschnitte, waren für Strache peinlich, entgegen den Skandalisierungen durch Medien und politischen Mitbeweber, rechtlich — wie mittlerweile auch die Staatsanwaltschaft festgestellt hat — unbedenklich.

Natürlich kann man dennoch das von Strache Gesagte politisch kritisieren.

Bedenklicher als Straches Verhalten war aber wie ein illegales Video, dessen Anfertigung gegen das Strafgesetzbuch verstoßen hat, von vielen zelebriert wurde, um einen politischen Mitbewerber auszuschalten.

Ausgerechnet auch von jenen, die sich ansonsten als Verteidiger von Menschenrechten inszenieren, etwa wenn es darum geht eine unkontrollierte Migrationspolitik zu rechtfertigen.

Die eindeutige Strafrechtswidrigkeit der Videoaufnahme wurde von Medien und politischen Mitbewerbern weitgehend negiert oder bagatellisiert. In der ZIB 2 wurde das Bild des Lockvogels im Ibiza Videos, trotz internationaler Fahndung, verpixelt, um ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen. Strache wiederum wurden nicht einmal grundlegendste Persönlichkeitsrechte zugestanden. Das Recht auf Privatsphäre — das im Strafrecht geschützte Recht vor illegalen Aufnahme geschützt zu werden — sowie die Unschuldsvermutung wurden aus politischen Opportunismus bei der Ibiza-Affäre außer Kraft gesetzt.

Natürlich ist bei Personen des öffentlichen Lebens und insbesondere bei Politikern ein anderer Maßstab bei der Berichterstattung und der Kritik anzulegen als bei Privatpersonen.

Doch braucht man sich keine Illusionen zu machen: Mit den bei der Ibiza Affäre eingesetzten Mitteln — illegale Videoaufnahme bei einem inszenierten Treffen mit einem speziell geschulten Lockvogel – könnte man einen Großteil der Menschen kompromittieren.

Es ist eine Methode, die ansonsten in autoritären Regimen eingesetzt wird, um für die Machthaber unbequeme Menschen auszuschalten oder erpressbar zu machen.

Keiner — auch nicht politische Gegner von Herrn Strache — sollten sich wünschen, dass solche Mittel in Österreich zu einem wahlentscheidenden Instrument werden.

Es ist zudem, bei allem Peinlichkeiten im Ibiza Video anzumerken, dass Strache sich ausdrücklich gegen illegale Handlungen ausgesprochen hat.

Strache hat sein politisches Kernthema bekräftigt — wie immer man dazu auch stehen mag – das Eintreten gegen unkontrollierte Migration und den politischen Islam.

Und Strache hat sich entschieden gegen Antisemitismus ausgesprochen — moralisch der entscheidendste Punkt, nachdem man ihm Jahre lang unterstellt hat, die Abgrenzung gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus wären nur Lippenbekenntnisse.

Bei den vermeintlichen Spesenskandal steht die rechtliche Beurteilung noch aus. Aber auch hier gibt es bislang keine Anklage und nur viele in den Medien gestreute Anschuldigungen.

Zu sagen, es gilt die Unschuldsvermutung ist keine Platitüde. Es ist einer der wichtigsten rechtsstaatlichen Prinzipien.

Das ist kein Plädoyer Strache zu wählen. Aber die Wähler sollten ihre Wahlentscheidungen nicht auf unbewiesene Anschuldigungen und ein illegales Video stützen. Nicht um Herrn Strache willen, sondern zum Schutz eines der grundlegendsten rechtsstaatlichen Prinzipien.

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