Ich bin jetzt wieder mehr Vorarlbergerin. Schuld daran ist mein Chefredakteur und Herausgeber, der vor sechs Monaten fast nebenbei, ich glaube, er blätterte gerade in einem neuen Magazin, fragte: Sollten wir nicht in Ihrem Heimatland eine kleine Offensive starten? Mir kam das ehrlich gesagt etwas ungelegen. Ich bin nämlich das, was meine Landsleute leicht herablassend als „Eingewienerte“ bezeichnen. Keine Ball-der-Vorarlberger-Geherin, keine Heimweh-Käsknöpfle-Esserin und ich hab’s auch aufgegeben, meinem Lieblings-Layouter Hermann zu erklären, warum man die Vorarlberger „Gsiberger“ nennt. Er versteht sowieso nur Bahnhof. Der Zufluchtsort in meinem Leben ist auch keine Bregenzerwälder Alpe, sondern ein ungarisches Bauernhaus, das von Wien aus gesehen in der genau entgegengesetzten Richtung liegt.

Die kleine Offensive ist mittlerweile echt ausgeartet. Seit Sonntag, dem 1. März, erscheint die Vorarlberg-Krone mit dem „Magazin usm Ländle“, ein feines Nischenprodukt mit ambitioniertem Ziel: Wir erobern ein Stück Russ-Land! Schriftsteller Robert Schneider („Schlafes Bruder“) schreibt bei uns die beste Kolumne, die in den letzten Jahren auf den Markt gekommen ist. Kabarettist Stefan Vögel erklärt den Voradelberger Dialekt so großartig, dass mir jedesmal das Herz aufgeht („Er ischt scho a Kog!“). PR-Lady Carola Purtscher trifft „Gsiberger in Wian“ – wie etwa in der nächsten Nummer die erste Frau bei der Cobra. Finanzminister Hans Jörg Schelling, der einzige Vorarlberger in der Regierung, hat sich übrigens als Herz-König aufs erste Cover gesetzt - schaut euch das bitte an!

Geplant war eigentlich, dass das Baby nach den ersten vier Nummern – also ab heute – von alleine läuft. Aber dann löste sich Kollege B. (Initial von der Redaktion geändert) plötzlich in Luft auf. Halleluja.

Also bin ich gestern höchstpersönlich zum Funkenfest am Himmel gefahren. Dort treiben 5.000 Vorarlberger in Wien alljährlich den Winter aus  und lassen als Höhepunkt des Spektakels eine Hexe explodieren. Der Titel der Vorankündigung „Hexenverbrennung der Vorarlberger“ hat Kritiker auf den Plan gerufen. Wir sind doch nicht im Mittelalter! Gender-Bedachte wollen mir seither weismachen, die Puppe mit dem roten langen Rock sei in Wahrheit ein Hexerich. So ein Blödsinn! Irgendwann stehe ich Himmelwein trinkend mit dem Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf auf einer Wiese und blicke ins Feuer. Was außerhalb Vorarlbergs keiner weiß: Kopf ist seit 15 Jahren Obmann der Vorarlberger Funkenzunft.

Professor Bissuti, mein Fotograf an diesem denkwürdigen Abend, wieselt durch die Käsknöpfleküche, fotografiert die Wiener Berufsfeuerwehr, die Habt Acht steht, weil der Funken ja auch Waldbrände rund um den Cobenzl auslösen könnte. Aber irgendwie kommt mir der souveräne Bi auch ein wenig hilflos vor, weil er kein Wort versteht. Vo Mello bis ge Schoppernou beon i glofa... So geht es auch unseren Kolporteuren, vier charmanten Studenten aus Deutschland, die 2000 Exemplare unseres „s‘Magazin usm Ländle“ verteilen. Sie haben keine Ahnung, was hier abgeht.

Noch bevor die Hexe explodiert, müssen Bi und ich runter in die Muthgasse, vorbei an vollgestopften 38a-Bussen, die in dieser Nacht Heerscharen von Vorarlbergern rauf zum Himmel kutschieren. Mutieren für die Vorarlberg-Ausgabe!  Den Andruck haben wir wegen Altach (gewonnen!!) nach hinten verlegt, die Fotos wandern wieder einmal viel zu bedächtig in den Hugo (der dämliche Name passt perfekt zu unserm System) - sie kriechen geradezu. Die Deadline rückt bedrohlich näher.

Um 20.10 haben wir’s geschafft. Der Funken UND das Altach-Spiel sind im Blatt. Und die Hexe brennt!

Ich bin jetzt wieder mehr Vorarlbergerin. Halleluja.

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Herbert Erregger

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