Hrn. Draghis Visionen - und die bittere Realität

Wir haben es jetzt quasi amtlich - der KSV von 1870 hat im Rahmen einer Umfrage 1.600 Kunden und Mitglieder hinsichtlich ihrer Einschätzung zur aktuellen Situation bezüglich Kreditgewährung für Firmenkunden befragt.

Das Ergebnis ist mehr als ernüchternd - ca 60% der Befragten halten die Situation für "schwierig" bis "sehr schwierig". Zwar gibt es regionale Abstufung in der Kreditvergabe(was eigentlich auf Grund der bei allen Kreditvergaben anzuwendenden Basel III/Eigenkapitalvorschriften nicht möglich sein sollte), tendentiell meinen aber auch annähernd 40% das Kreditansuchen, welche in der Vergangenheit problemlos bewilligt worden wären, heute nicht mehr positiv beschieden werden.

Auffällig ist, daß rund zwei Drittel der befragten Unternehmen angaben, daß für eine positive Entscheidung bezüglich Firmenkredite private Haftungen des Unternehmers unabdinglich wären - die Aussage von gut 39% der Befragten, wonach sie aktuell keinen Kredit aufzunehmen gedenken erscheint da nur stringent.

Seitens des KSV von 1870 ist man bemüht, dass Ergebnis nicht 1:1 auf fehlenden Willen der Banken zur Kreditvergabe umzulegen. Vielmehr sei mittlerweile die Komplexität der in Gesetze gefassten Liquiditäts und Eigenkapitalvorschriften mittlerweile ein so enges Korsett, dass es Banken auch bei gutem Willen sehr schwer gemacht werde, Kredite an Unternehmen zu vergeben.

Das sind in Anbetracht der letztwöchigen Verlautbarung des ultimativen Draghi-Plans zur Flutung der EU-Finanzmärkte mit Liquidität "very bad news" - denn es bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als das auch bei jeder denkbar möglichen Liquiditätszufuhr schlicht und einfach auf Grund der Überregulierung es zu keiner drastischen Ausweitung der Kreditvergaben kommen wird. Was dann aber auch die EZB-Strategie massiv in Frage stellt - oder wie es in der Presse so schön formuliert wurde: "Wann kommt das Helikopter-Geld(sprich Direkt-Transfers an Bürger und Unternehmen durch die EZB)?"

Mit einem weiteren österreichischen Sommer-Märchen wurde im Rahmen der Umfrage auch aufgeräumt: 85% der Befragten halten Crowdfunding für ihre Unternehmensfinanzierung als nicht geeignet, 45% der Befragten sind überhaupt kategorisch gegen Finanzierung über Crowdfunding. Die einzigen Gruppen innerhalb der Interviewten, die Crowdfunding positiv gegenüberstanden waren Kleinstunternehmen, bzw. auch kleinere Dienstleister(Zustimmung 17-20%). In dieser Gruppe geht es zumeist aber auch nur um Kleinstfinanzierungen, und keine nachhaltige Zweit- oder Folgefinanzierungen.

Das, was man uns also unter "Entfesselung der Wirtschaft" und die "Zukunft der Unternehmensfinanzierung" verkauft hat, ist (und hier muß man Realist bleiben) primär eine Möglichkeit für professionelle Investoren Investmentideen mit fremden Kapital starten zu lassen(und dann bei einer späteren Kapitalerhöhung einzusteigen - kein Problem, da ja die initialen Crowd-Investoren zumeist nur Nachrangdarlehen zeichnen), bzw. wie es bei den ganzen Immobilien Crowd-Projekten abzusehen ist, zu wesentlich günstigeren Bedingungen als über Kreditinstitute zu finanzieren.

Alles in allem keine wirklich berauschenden Perspektiven, und vor allem bleibt die Frage: "Was geschieht mit den Milliarden, die Draghi und die EZB jedes Monat in die Märkte pumpt?"

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